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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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Zimmerpflanzen, die ich mir je zugelegt habe — eine Yucca und eine, deren Namen ich nicht kenne, die aber angeblich große gelbe Blätter kriegen soll -, stehen schlaff und traurig vor der rosa Rauhfasertapete zu beiden Seiten des einzigen Fensters, durch das man auf das Abrakebabra in der Willesden Lane schaut. Müßig stelle ich fest, daß, schon wieder, mehrere Zigarettenstummel in die Topferde der Pflanze mit den großen gelben Blättern gedrückt sind. Man kann Nick noch so oft bitten, das sein zu lassen, es ist ihm völlig egal. Einmal sagte er mir, es sei gut für das Wachstum, ein Argument, das er auch bei einer anderen Gelegenheit anführte, als ich ihn erwischte, wie er in die Yucca urinierte.
    Ich schwinge die Beine hoch und strecke mich aus. Das ist kein Problem auf unserem Sofa. Denn unser Sofa ist das größte auf der Welt, im Ernst. Der Grund für diesen Kauf hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß es im Hause meiner Eltern nur einen einzigen Polstersessel gab, ein wuchtiges Ding aus rotem Leder im Fernsehzimmer, und der Kampf um diesen Sitzplatz war die Quelle erbitterten Streits und beträchtlicher häuslicher Gewalt. So ist unser Sofa, auf dem, wenn es sein müßte, eine ganze Sippschaft von Fettklößen Platz hätte, wahrscheinlich die Überkompensation eines frühkindlichen Mangels. Das einst grüne, jetzt graue, zu einem enormen Bogen geschwungene - na, wahrscheinlich eher verzogene — Monster hier hochzukriegen, war wie in Fitzcarraldo, aber es war ein Schnäppchen von Powers hier in Kilburn — 150 Pfund, inklusive passendem Sessel. Am fernen, fernen Ende ist das Kopfpolster fleckig, aber nicht, wie man es manchmal bei weißen Sofas sieht, nein, ein von einem überpomadisierten Kopf hinterlassenes schmieriges Oval überzieht das Polster; praktisch der ganze Bezug ist mit einem fettigen, braunen Film bedeckt, mit Furchen darin wie auf einer besonders sorgenvollen Stirn. Ich hätte wirklich keine Lust, mir die Laborergebnisse darüber durchzulesen.
    Ich liege eine unbestimmbare Zeit da, starre ziellos auf die rostroten Kreise und bernsteinfarbenen Ranken des schmalen Stücks Perserteppich, das unter dem Riesensofa hervorguckt. An einer Ecke des Teppichs hebt sich eine kahle, viereckige Stelle von dem Rest ab wie der Narbenhof bei einer Katze, der gerade die Eier-
    Stöcke entfernt wurden. Einer der rostroten Kreise ist von Kaffeeflecken braun verfärbt, und wieder einmal staune ich über die Art, wie der Lauf der Geschichte in alles Mißtöne bringt. Ich sehe den in Sackleinen gekleideten Teppichknüpfer vor seinem Webstuhl, neben sich ein kleines, bauchiges Glas braunschwarzen Tees, höre den Lärm des Bazars draußen und frage mich, was er wohl sagen würde, wenn er den Teppich jetzt sähe. »Der ist made in England« wahrscheinlich.
    Leichter Regen fällt. Sollte es anfangen zu schütten, wird das Wasser wieder durch die Fensterritzen laufen und von dem grauen Krater direkt über dem Klavier herabtropfen, wo die Decke eine Ausbuchtung hat wie ein kleiner Wok. Glücklicherweise stehen die beiden Auffangtöpfe noch vom letzten Mal da; mit Regenwasser.
    Ich müh mich immer noch, dahinterzukommen, wie spät es nun eigentlich ist, als meine Katze Jezebel mir in die Knöchel beißt. Meine Beziehung zu Jezebel sieht so aus: Ich liege ihr zu Füßen. Sie ist unglaublich schön. Manchmal, wenn ich sie angucke, wie sie so daliegt wie auf einem Matisse, zusammengerollt im Stäubchenwirbel eines Sonnenstrahls, dann glaube ich an Gott, ja wirklich, dann glaube ich an Gott.
    Sie beißt mir in die Knöchel. Und manchmal, wenn ich Glück habe, haut sie mir eine runter. Ich gebe ihr zu essen, und in einer Art Breakdance schlingt sie es runter. Kein Whiskas, o nein, auch kein Kitekat - Sheba , verdammtes Sheba verschlingt sie. Manchmal, wenn ich es öffne, wünsche ich mir, mich würde auch ab und zu mal jemand mit so einer Delikatesse verwöhnen. Und dafür erwarte ich von Jezebel nichts weiter, als daß sie ganz, ganz oft kommt und sich auf meinen Schoß setzt. Aber sie tut es nicht. Ich hocke Stunden auf dem Sofa, klopfe auf meinen Schoß, bis mir die Schenkel weh tun, umgurre sie wie ein Idiot in der Hoffnung auf ein kleines bißchen spontane Zuneigung; und irgendwann, wirklich gekränkt von ihrer Arroganz - also Tiere, die verstehen’s einen zu ignorieren, was? —, geh ich rüber zur Heizung, nehm sie auf den Arm und setz sie mir auf den Schoß. Welch süße warme Last auf meinen Knien. Zwei
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