Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Grütze, der ein großes Paket in den Händen hielt.
    »Bitte entschuldige die Störung, Herr, aber dies ist gerade für dich gekommen«, sagte er und schniefte missbilligend. »Ein Bote, keiner von unseren. Ich hielt es für besser, dir das Paket sofort zu bringen, denn da drin bewegt sich was…«
    Das stimmte. Und Feucht bemerkte Luftlöcher. Vorsichtig hob er den Deckel und zog die Finger gerade rechtzeitig weg.
    »Zwölfeinhalb Prozent! Zwölfeinhalb Prozent!«, kreischte der Kakadu und landete auf Grützes Mütze.
    Es lag kein Zettel in der Schachtel, und sie war nur mit der Adresse beschriftet.
    »Warum sollte dir jemand einen Papagei schicken?«, fragte Grütze und wagte es nicht, eine Hand in die Reichweite des krummen Schnabels zu heben.
    »Er stammt von Gilt«, sagte Fräulein Liebherz. »Er schenkt dir seinen Vogel?«
    Feucht lächelte: »So sieht’s aus. Golddublonen!«
    »Zwölfeinhalb Prozent!«, rief der Kakadu.
    »Kümmere dich um ihn, Herr Grütze«, sagte Feucht. »Bring ihm bei, etwas anderes zu sagen, zum Beispiel…«
    »Vertrau mir?«, schlug Fräulein Liebherz vor.
    »Ausgezeichnet!«, sagte Feucht. »Ja, bring ihm das bei, Herr Grütze.«
     
    Als Grütze mit dem glücklich auf seiner Schulter balancierenden Kakadu gegangen war, wandte sich Feucht wieder an die junge Frau.
    »Und morgen hole ich ganz bestimmt die Kronleuchter zurück«, sagte er.
    »Was? Ein großer Teil des Postamts hat nicht einmal eine Decke!«, erwiderte Fräulein Liebherz.
    »Das Wichtigste zuerst. Vertrau mir! Und wer weiß? Vielleicht finde ich sogar die Schalter aus Edelholz! Alles ist möglich!«
    Und draußen im geschäftigen großen Saal fielen weiße Federn von der Decke. Vielleicht kamen sie von einem Engel, aber wahrscheinlicher war, dass sie von einer Taube stammten, die gerade von einem Falken ausgeweidet wurde. Aber es waren Federn. Es ist eine Frage des Stils.
     
    Manchmal erhält man die Wahrheit, indem man all die kleinen Lügen addiert und sie von der Gesamtheit des Bekannten abzieht.
    Lord Vetinari stand ganz oben auf der Treppe im Großen Saal des Palasts und sah auf seine Mitarbeiter hinab. Für dieses Concludium hatten sie den ganzen Boden mit Beschlag belegt.
    Kreidemarkierungen – Kreise, Quadrate und Dreiecke – wurden überall auf den Boden gemalt. Darin bildeten Dokumente und Hauptbücher gefährlich ordentliche Stapel. Einige Mitarbeiter waren in den markierten Bereichen tätig, während andere lautlos zwischen den gekennzeichneten Stellen hin und her eilten, mit Unterlagen, die sie wie Sakramente trugen. Immer wieder kamen weitere Mitarbeiter oder Wächter und brachten noch mehr Dokumente und Bücher, die ernst entgegengenommen, geprüft und dem richtigen Stapel hinzugefügt wurden.
    Überall klickten Abakusse. Mitarbeiter wanderten umher, trafen sich manchmal in einem Dreieck, steckten die Köpfe zusammen und führten leise Gespräche. Das mochte dazu führen, dass sie den Weg in neue Richtungen fortsetzten, oder, als aus der Nacht früher Morgen wurde, es entstanden neue Kreidemarkierungen auf dem Boden, die sich schnell mit Papieren füllten. Manchmal wurde ein gekennzeichneter Bereich geleert, die Markierung weggewischt und ihr Inhalt auf andere markierte Stellen verteilt.
    Kein magischer Kreis und kein mystisches Mandala war jemals mit solch einer Sorgfalt gezeichnet worden wie die Ergebnisse auf dem Boden des Großen Saals. Stundenlang ging es so weiter, mit einer Geduld, die zuerst erschreckte und dann langweilte. Es war ein Krieg der Buchhalter, und er jagte den Feind durch Tabellen und Akten. Feucht konnte Worte lesen, die nicht da waren, aber diese Leute fanden die Zahlen, die fehlten oder die doppelt vorhanden waren oder an den falschen Stellen erschienen. Sie hatten es nicht eilig. Schäle die Lügen ab, dann kommt die Wahrheit ans Licht, nackt, beschämt und ohne einen Ort, wo sie sich verstecken kann.
    Um drei Uhr kam Herr Käsenburg und vergoss bittere Tränen, als er erfuhr, dass seine Bank nicht mehr war als ein Kartenhaus. Er brachte seine eigenen Buchhalter mit, die ihre Nachthemden in hastig übergestreifte Hosen gestopft hatten, und sie knieten neben den anderen Männern, breiteten noch mehr Papiere aus und überprüften noch einmal die Zahlen, in der Hoffnung, dass sie andere Summen bildeten, wenn man lange genug auf sie hinabsah.
    Und dann brachte die Wache ein kleines rotes Buch, das einen eigenen Kreis bekam, und bald formte sich das ganze Muster neu darum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher