Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Gelegenheiten dort zu erkennen, wo andere Leute nur leeren Boden sahen. Es konnte also nicht schaden, es einige Tage lang ruhig angehen zu lassen. Dann wurde sein Fuß besser, und er konnte die Situation überblicken und Pläne schmieden. Vielleicht fand er sogar heraus, wie unzerstörbar Golems waren. Immerhin bestanden sie aus Keramik. Vielleicht zerbrach das eine oder andere.
    Feucht von Lipwig hob den Blick und betrachtete seine Zukunft.
    Das zentrale Postamt von Ankh-Morpork hatte eine kahle Vorderfront. Es war ein Gebäude, das einen Zweck erfüllte. Deshalb war es praktisch nur ein großer Kasten, in dem Leute arbeiteten, mit zwei rückwärtigen Flügeln, die den großen Stallhof umfassten. Einige billige Säulen waren in der Mitte durchgeschnitten und an der Außenseite befestigt worden. Diverse steinerne Nymphen hatte man in Nischen untergebracht und der Brüstung einige Urnen hinzugefügt. Das Ergebnis war Architektur.
    In Anerkennung der guten Absichten, die darin zum Ausdruck kamen, hatten die guten Bürger beziehungsweise ihre Kinder die Wände bis zu einer Höhe von ein Meter achtzig mit aufregend bunten Graffiti bedeckt.
    Oben an der Vorderfront standen bronzene Buchstaben in einem Band, darunter hatten sich braune und grüne Flecken an der Fassade gebildet.
    »›WEDER RE EN NOCH SCHNEE ODER DIE D NKELHEIT DER NAC T KANN DIE E BOTEN V N IHRER PFLICHT ABHALTEN‹«, las Feucht laut. »Was zum Teufel soll das denn bedeuten?«
    »Das Postamt War Einst Eine Stolze Institution«, sagte Herr Pumpe.
    »Und das da?« Feucht streckte die Hand aus. Auf einer Tafel ein ganzes Stück tiefer an der Vorderfront bildete abblätternde Farbe weniger heroische Worte:
     
    FRAGT UNS NICH NACH:
    Felsen
    Trolle mit Knüppeln
    Alle Arten von Drachen
    Frau Kuchen
    Grose grüne Wesen mit Zähnen
    Alle Arten von schwarzen Hunden mit orangefarbenen Brauen
    Spanielregen
    Nebel
    Frau Kuchen
     
    »Ich Habe Gesagt, Es War Eine Stolze Institution«, grollte der Golem.
    »Wer ist Frau Kuchen?«
    »Da Kann Ich Dir Leider Nicht Helfen, Herr Lipwick.«
    »Offenbar war sie gefürchtet.«
    »So Scheint Es, Herr Lipwick.«
    Feucht sah sich auf dieser geschäftigen Kreuzung in dieser geschäftigen Stadt um. Die Leute schenkten ihm keine Beachtung, aber dem Golem galten gelegentliche Blicke, die nicht sehr freundlich zu sein schienen.
    Das war alles zu seltsam. Zum letzten Mal hatte er seinen wahren Namen benutzt, als er wie alt gewesen war? Vierzehn? Und allein der Himmel wusste, wann er zum letzten Mal ohne leicht zu entfernende besondere Merkmale nach draußen gegangen war. Er fühlte sich nackt. Nackt und unbemerkt.
    Niemand zeigte Interesse, als er die fleckigen Stufen hochging und den Schlüssel im Schloss drehte. Erstaunlicherweise ließ er sich leicht bewegen, und die mit Farbe bespritzte Tür schwang ohne Knarren auf.
    Hinter Feucht erklang ein rhythmisches, hohles Geräusch. Herr Pumpe klatschte.
    »Bravo, Herr Lipwick. Der Erste Schritt Deiner Neuen Laufbahn, Die Sowohl Dir Nützt Als Auch Dem Wohlergehen Der Stadt Dient!«
    »Ja, ja«, brummte Lipwig.
    Er trat in die große, düstere Eingangshalle, die Licht nur von der zwar großen, aber schmutzigen Kuppel in der Decke empfing. Hier konnte es nie mehr als Zwielicht geben, selbst am Mittag. Die Graffiti-Künstler waren auch hier am Werk gewesen.
    In der Düsternis sah Feucht einen langen, an mehreren Stellen zerbrochenen Schaltertresen mit Türen und Fächern dahinter.
    Sie sahen wie Taubenlöcher aus, und zwar aus gutem Grund. Tauben nisteten darin. Der bittere, salzige Geruch von altem Guano erfüllte die Luft, und als Marmorfliesen unter Feuchts Füßen klackten, stiegen mehrere hundert erschrockene Tauben auf und flogen zu einem zerbrochenen Fenster in der Decke empor.
    »O Scheiße«, sagte er.
    »Ordinäre Ausdrücke Hören Wir Nicht Gern, Herr Lipwick«, sagte Herr Pumpe hinter ihm.
    »Warum? Es steht an den Wänden! Außerdem ist es eine Beschreibung, Herr Pumpe! Guano! Es müssen Tonnen von dem Zeug sein!« Feucht hörte, wie seine Stimme von den fernen Wänden widerhallte. »Wann war dieses Postamt zum letzten Mal geöffnet?«
    »Vor zwanzig Jahren, Postminister!«
    Feucht sah sich um. »Wer hat das gesagt?«, fragte er. Die Stimme schien von überall gekommen zu sein.
    Jemand schlurfte, ein Gehstock klickte, und eine gebeugte Gestalt erschien in der grauen, toten, staubigen Luft.
    »Grütze, Herr«, schnaufte der Alte. »Junior-Postbote Grütze, Herr. Zu deinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher