Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust
Autoren: V Jackson
Vom Netzwerk:
wenn auch keinem großen, auf einer richtigen Bühne zu stehen, hätte ich auch Justin Bieber gespielt und so getan, als würde es mir Spaß machen. Darren, der im Publikum saß, war begeistert gewesen. Wie er mir später sagte, hatte er eine Schwäche für Rothaarige, und er habe zwar von seinem Platz aus mein Gesicht nicht sehen können, dafür aber einen wunderbaren Blick auf meinen Schopf gehabt. Mein Haar habe im Rampenlicht geleuchtet, als hätte es in Flammen gestanden, sagte er. Er besorgte eine Flasche Champagner und ließ seine Verbindungen zu den Konzertveranstaltern spielen, um mich anschließend hinter der Bühne aufzusuchen.
    Ich mag gar keinen Champagner, aber ich trank trotzdem ein Glas, weil Darren groß und attraktiv war und ein echter Groupie zu sein schien, mein erster.
    Was er denn gemacht hätte, wenn sich herausgestellt hätte, dass mir die Schneidezähne fehlen oder ich sonst irgendwie nicht seinem Geschmack entspreche, fragte ich ihn, und er antwortete, dann hätte er sein Glück eben bei der Schlagzeugerin versucht, die zwar nicht rothaarig, aber dennoch sehr reizvoll sei.
    Wenige Stunden später lag ich betrunken flach auf dem Rücken in seinem Schlafzimmer in Ealing und fragte mich, wie ich mit einem Mann ins Bett geraten konnte, der erst einmal sein Jackett auf einen Bügel hängte und seine Schuhe ordentlich nebeneinanderstellte, bevor er mich bestieg. Aber er hatte einen großen Schwanz und eine schöne Wohnung, und auch wenn er, wie sich bald herausstellte, genau die Musik hasste, die mir am meisten bedeutete, verbrachten wir in den folgenden Monaten unsere Wochenenden miteinander. Leider jedoch für meinen Geschmack nicht annähernd lang genug im Bett, sondern viel zu viel damit, auf abgehobene Vernissagen zu gehen, die ich langweilig fand und von denen Darren meiner Meinung nach nicht die Bohne verstand.
    Männer, die mich in einem richtigen klassischen Konzert und nicht in einem Pub oder in einer U-Bahn-Station spielen sahen, machten oft denselben Fehler wie Darren, sie glaubten, ich besäße all die Eigenschaften, die man normalerweise mit einer Geigerin verbindet. Sie hielten mich für wohlerzogen, anständig, kulturbeflissen, gebildet, damenhaft und anmutig. Und einen Kleiderschrank voller schlichter, aber geschmackvoller Abendkleider für die Konzertauftritte, von denen natürlich keines zu viel Haut zeigte oder gar vulgär war, sollte ich natürlich auch besitzen. Sie gestanden mir höchstens flache Pumps zu und waren überzeugt, ich hätte keine Ahnung davon, welche Wirkung meine schlanken Fesseln auf Männer haben.
    In Wirklichkeit hatte ich für Konzerte nur ein einziges langes, schwarzes Abendkleid, das ich für einen Zehner bei einem Trödler in der Brick Lane erstanden und vom Schneider hatte ändern lassen. Es war aus Samt, vorne hochgeschlossen und mit tiefem Rückenausschnitt. An dem Abend, als ich Darren kennenlernte, war es allerdings in der Reinigung gewesen. Deshalb hatte ich mir mit meiner Kreditkarte bei Selfridges ein Bandagenkleid besorgt und die Schildchen in der Unterwäsche versteckt. Zum Glück war Darren ein reinlicher Liebhaber und hatte keine Flecken auf mir oder dem Kleid hinterlassen, sodass ich es am nächsten Tag problemlos zurückgeben konnte.
    Ich hatte eine eigene Wohnung in einem Wohnblock in Whitechapel. Eigentlich war es mehr ein möbliertes Zimmer als eine Wohnung, mit einem mäßig großen Einzelbett, einem Hängeständer, der als Kleiderschrank diente, einer kleinen Spüle, einem Kühlschrank und einer Kochplatte. Das Badezimmer lag am Ende des Gangs, ich teilte es mir mit vier anderen Mietern, die mir gelegentlich über den Weg liefen, mit denen ich aber sonst nichts weiter zu tun hatte.
    Doch trotz der Lage und des heruntergekommenen Zustands des Hauses hätte ich mir die Miete nie leisten können, wenn ich nicht mit dem eigentlichen Mieter, den ich eines Abends nach einem späten Besuch im Britischen Museum in einer Bar kennengelernt hatte, einen Deal gemacht hätte. Er erklärte mir nie richtig, warum er mir das Zimmer für weniger überließ, als er selbst dafür bezahlte. Darum wurde ich den Gedanken nicht los, dass unter den Dielen eine Leiche oder ein Vorrat an weißem Pulver verborgen lag. Manchmal, wenn ich nachts wach lag, war mir so, als würde gleich ein Sondereinsatzkommando der Polizei mit schweren Schritten über den Gang poltern.
    Darren war nie in meiner Wohnung gewesen. Teils weil ich das Gefühl hatte, er würde sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher