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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust
Autoren: V Jackson
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Büroangestellten eingekeilt, von Station zu Station wurde es schlimmer, und auch die Gesichter um mich herum wurden immer verbiesterter.
    Ich trug noch immer mein langes, schwarzes Samtkleid von dem Gig am Abend zuvor, dazu kirschrote Doc Martens aus Lackleder. Klassische Gigs spielte ich in hochhackigen Pumps, zog es aber vor, den Heimweg in meinen Docs zu machen, damit wirkte ich nicht so hilflos, wenn ich spätabends durch East London nach Hause ging. Ich stand aufrecht, das Kinn gereckt, und war überzeugt, dass mich der ganze Wagen, oder zumindest jene, die mich in dieser Menschenmenge wahrnahmen, für eine hielten, die nach einem One-Night-Stand nach Hause fuhr.
    Scheiß drauf. Ich wäre liebend gerne von einem One-Night-Stand nach Hause gefahren. Aber da Darren so viel in der Welt herumflog und ich so viele Gigs spielte, wie ich nur kriegen konnte, hatten wir schon fast einen Monat keinen Sex mehr gehabt. Und wenn wir welchen hatten, kam ich selten, und das auch nur, wenn ich in meiner Verzweiflung rasch und verstohlen selbst an mir herumrieb und mir dabei Gedanken machte, dass er sich bestimmt blöd vorkam, wenn ich mich nach dem Sex mit ihm selbst befriedigte. Ich tat es trotzdem, sollte er sich doch blöd vorkommen, denn ich hatte keine Lust, die nächsten vierundzwanzig Stunden scharf und schlecht gelaunt zu sein.
    Am Marble Arch stieg ein Bauarbeiter zu. Der Wagen war an diesem Ende inzwischen gerammelt voll, und die anderen Mitfahrer verzogen mürrisch das Gesicht, als er versuchte, sich vor mir in eine schmale Lücke neben der Tür zu zwängen. Er war groß, mit kräftigen, muskulösen Gliedern, und musste die Schultern zusammenziehen, damit die Tür hinter ihm überhaupt noch zuging.
    »Durchtreten, bitte«, rief jemand gereizt.
    Niemand bewegte sich.
    Wohlerzogen, wie ich nun mal bin, schob ich meinen Geigenkasten ein wenig beiseite, um Platz zu schaffen. Nun trennte mich nichts mehr von dem muskulösen Mann, der sich direkt vor mir aufgepflanzt hatte.
    Als der Zug sich mit einem Ruck in Bewegung setzte, verloren etliche Fahrgäste das Gleichgewicht. Der Bauarbeiter fiel mir entgegen, und ich spannte den Rücken an, um nicht umzukippen. Einen Augenblick lang drückte sein Oberkörper gegen meinen. Er trug ein langärmeliges Baumwollhemd, eine Sicherheitsweste und verwaschene Jeans. Dick war er nicht, aber stämmig, wie ein Rugbyspieler außerhalb der Saison, und als er den Arm über den Kopf streckte, um nach der Haltestange zu greifen, schien alles, was er am Leib trug, etwas zu knapp bemessen für ihn.
    Ich schloss die Augen und stellte mir vor, was er wohl in seiner Jeans hatte. Als er einstieg, hatte ich keine Gelegenheit gehabt, einen Blick auf die Region unterhalb seiner Gürtellinie zu werfen, aber die Hand, die sich um die Stange klammerte, war groß und kräftig. Das ließ hoffen, dass die Beule in seiner Jeans ähnlich beschaffen war.
    Wir fuhren in die Bond Street ein, und eine kleine Blonde quetschte sich mit grimmiger Entschlossenheit im Gesicht in den Wagen.
    Ein plötzlicher Gedanke – ob der Zug auch in der nächsten Station wieder mit einem Ruck anfahren würde?
    Tatsächlich.
    Der Muskelmann stolperte in meine Richtung, und ich presste mutig die Schenkel zusammen und spürte, dass sich sein Körper straffte. Die Blonde versuchte sich ein wenig Platz zu verschaffen und knuffte den Bauarbeiter mit dem Ellbogen in den Rücken, als sie ein Buch aus ihrer großen Handtasche hervorkramte. Er rückte noch ein wenig näher zu mir, vielleicht nutzte er nicht ganz unfreiwillig die Gelegenheit, noch stärker meine Nähe zu spüren.
    Ich presste die Schenkel stärker und stärker aneinander.
    Wieder ruckelte der Zug.
    Er entspannte sich.
    Nun presste sich sein Körper fest gegen meinen. Durch diese anscheinend zufällige Nähe ermutigt, lehnte ich mich ein kleines bisschen zurück und löste mein Becken vom Lehnsitz, sodass sich der Knopf seiner Jeans an meinem Schritt rieb.
    Er nahm die Hand von der Haltestange und stützte sich über meiner Schulter an der Wand ab. Es musste aussehen, als küssten wir uns. Ich bildete mir ein, ihn keuchen und sein Herz schneller pochen zu hören; in Wahrheit jedoch musste jedes Geräusch, das er vielleicht von sich gab, im Rattern der U-Bahn untergehen, die durch den Tunnel donnerte.
    Mein Puls flog, und ich bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. War ich zu weit gegangen? Was sollte ich tun, wenn er mich ansprach? Oder mich vielleicht gar küsste? Ich
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