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80 Days - Die Farbe der Lust

80 Days - Die Farbe der Lust

Titel: 80 Days - Die Farbe der Lust
Autoren: V Jackson
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ersten Schritte unternommen hatte. So wie es eben manchmal passiert.
    Während er vor sich hin träumte, hielt der Zug an einer Station. Hier musste er umsteigen und auf dem Weg zum Bahnsteig der Northern Line ein wahres Labyrinth von Gängen durchqueren. Er verabscheute die U-Bahn, doch die Macht der Gewohnheit, übernommen aus seinen früheren, weniger wohlhabenden Jahren hielt ihn meistens davon ab, für die Fahrten zur und von der Hochschule ein Taxi zu nehmen. Er würde ja trotz der Innenstadtmaut mit dem eigenen Auto fahren, wenn es im Institut oder in näherer Umgebung Parkplätze gäbe. Aber dann müsste er sich auch durch die ärgerlichen Staus auf der chronisch verstopften Finchley Road quälen.
    Umgeben vom Geruch der Rushhour – Schweiß, Resignation und Niedergeschlagenheit –, der seine Nase beleidigte, arbeitete er sich zur Rolltreppe vor. Da drang aus der Ferne eine leise Melodie an sein Ohr.
    Der Barista hatte ihnen den Kaffee nach draußen gebracht – Dominiks üblichen doppelten Espresso und für Claudia eine raffinierte Cappuccino-Variante, mit pseudo-italienischen Komponenten aufgemotzt. Sie zündete sich eine Zigarette an, nachdem er keine Einwände dagegen erhoben hatte, obwohl er nicht rauchte.
    »Dann hat Ihnen der Kurs also gefallen?«, fragte er.
    »Unbedingt«, erklärte sie.
    »Was haben Sie jetzt vor? Bleiben Sie in London? Studieren Sie weiter?«
    »Gut möglich.« Sie hatte grüne Augen, und ihr tiefrotes Haar war zu einem Chignon aufgesteckt, falls man das heutzutage noch so nannte. Ein schmaler Fransenpony fiel ihr in die Stirn. »Ich würde gerne promovieren, glaube aber nicht, dass ich schon so weit bin. Vielleicht gebe ich irgendwo Unterricht. Deutschstunden. Man hat mich schon mehrfach gefragt.«
    »Nicht in Literatur?«, hakte Dominik nach.
    »Eher nicht«, erwiderte Claudia.
    »Schade.«
    »Warum?« Sie lächelte ihn fragend an.
    »Weil ich glaube, dass Sie es gut könnten.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Nett, dass Sie das sagen.«
    Dominik trank einen Schluck Kaffee. Er war heiß, stark und süß. Er hatte die vier Würfel Zucker so lange gerührt, bis sie sich komplett aufgelöst und dem Kaffee damit seine ursprüngliche Bitterkeit genommen hatten.
    »Ich meine das ernst.«
    »Ich fand Ihre Vorlesungen großartig.« Sie senkte den Blick, als sie das sagte, und schien fast mit den Wimpern zu klimpern. Es könnte ihr aber auch nur der Kaffeedampf in die Augen gestiegen sein, genau wusste er es nicht.
    »Ihre Fragen waren immer ausgesprochen konstruktiv. Daran konnte man sehen, dass Sie das Thema verstanden hatten.«
    »Sie sind sehr leidenschaftlich … wenn es um Bücher geht«, fügte sie rasch hinzu.
    »Das will ich doch hoffen«, erwiderte Dominik.
    Als sie wieder aufblickte, bemerkte er, dass sie vom Hals bis hinunter zu ihrem aufregenden Ausschnitt rot geworden war. Sie trug meistens enge weiße Blusen, die den Blick frei gaben auf die weiche, schimmernde obere Hälfte ihrer von einem weißen Push-up-BH zusammengepressten Brüste. Dass die Bluse an der Taille gerafft war, betonte ihre üppigen Formen.
    Die Signale waren unmissverständlich, mittlerweile war es keine Frage mehr, warum sie dieses Treffen vorgeschlagen hatte. Es ging ihr nicht um ihr weiteres Studium, das war offensichtlich.
    Dominik hielt kurz die Luft an, während er das Für und Wider erwog. Sicher, sie war verdammt attraktiv, und es war – eine flüchtige Erinnerung – schon Jahrzehnte her, seit er mit einer Deutschen geschlafen hatte. Er, der Teenager, war mit der mehr als zehn Jahre älteren Christel im Bett gewesen, von der ihn eine ganze Generation trennte, wie er damals naiv meinte. Seither hatte er sich bei seinen Forschungsreisen kreuz und quer auf der Landkarte der Lust an Frauen unterschiedlichster Nationalitäten erfreut. Warum also nicht? Langsam schob er die Hand über die Holzplatte des Bistrotischs und berührte ihre ausgestreckten Finger. Lange, spitze Nägel mit scharlachrotem Lack, zwei schwere Ringe, davon einer mit einem kleinen Diamanten.
    Den Blick auf ihre Hand gerichtet, beantwortete sie seine unausgesprochene Frage.
    »Ich bin seit einem Jahr verlobt. Er ist zu Hause und besucht mich alle paar Monate. Ich weiß allerdings nicht mehr, ob es mir wirklich noch ernst mit ihm ist. Falls Sie das wissen wollten.«
    Dominik hörte es gern, wie sie die Worte mit ihrem deutschen Akzent aussprach.
    »Verstehe.« Ihre Hände waren ungewöhnlich warm.
    »Und Sie tragen keinen Ring?«,
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