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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof
Autoren: Karl May
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gezwungen, das Examen einzustellen. Es ist eine höchst gefährliche Sache, wenn eine Frühlingsdichterin so unvorsichtig ist, über Butterfässer, Käsedorren, Quarknäpfchen und Flachspressen zu verhandeln. Hierin war die Paule ihr so entschieden über, daß die Dame es aufgab, die Prüfung fortzusetzen.
    Bei dem dritten Paar stand es leider noch viel schlimmer. Das ‚Majörle‘ fiel geradezu aus einer Blamage in die andere. Er verwechselte die Erle mit der Linde, den Kies mit dem Sand, den Zaun mit der Hecke, das Beet mit der Zeile, die Brücke mit dem Steg, die Jacke mit dem Spenzer, die Klöße mit den Knödeln, und als er gar noch fragte, ob die Heidelbeeren rot und die Fliegenpilze blau seien, da konnte sich das Sonnenscheinchen nicht mehr halten; es schlug die Händchen erstaunt zusammen und rief ganz betroffen aus:
    „Aber, ‚Majörle‘, bist du dumm! Wenn die Fliegenpilze so blau wären wie die Pflaumen, da hätten sie ja Kerne und da könnte man sie auch essen.“
    „Das ist richtig“, stimmte er bei. „Sonnenscheinchen, bei dir kann man etwas lernen. Ich wollte, daß dein Vater unser Pachthofer wäre. Da käme ich öfters ins Gebirge und ginge mit dir spazieren.“
    „So mag er es werden! Ich habe nichts dagegen.“
    „Ja, aber ob mein Papa will?“
    „Der muß! Wenn du nur willst!“
    „Du hast es ja gehört, daß ich es wünsche.“
    „So ist es abgemacht!“
    „Du, Sonnenscheinchen, das glaube ich noch nicht!“
    „So glaube es nicht; ich aber weiß es besser! Der Herr Major und die Frau Major tun alles, was das ‚Majörle‘ will; das habe ich gesehen.“
    „Auch das ist richtig; ich habe es nur nicht gewußt. Nun aber will ich wollen. Komm!“
    Er nahm sie bei der Hand und zog sie eiligst fort, denn sie waren während des letzten Gesprächs vor Eifer stehen geblieben und hatten die Eltern einzuholen, die ziemlich weit voraus waren.
    Der Weg, den man jetzt ging, führte wieder in das Dorf zurück, indem er an der Ecke des Pachthofgartens auf die Straße mündete.
    Nachdem man um diese Ecke gebogen war, näherte man sich dem Tor des Guts. Die Sonne wollte soeben hinter den Bergen verschwinden und warf ihre letzten Strahlen auf den Uhrenengel, den das Sonnenscheinchen heute Mittag nach der Zeit des Essens gefragt hatte. Die Eltern waren dort stehen geblieben, um die Kinder herankommen zu lassen. Da deutete das Mädchen hinauf zur Uhr und sagte:
    „Vater, ich bin müde und habe Hunger. Frage doch einmal den Engel, ob es bald Zeit zum Abendessen ist!“
    Da antwortete an Felbers Stelle der Major:
    „Auch ich habe Appetit, denn wir hatten zu Mittag nichts, weil bei euch die Klöße weg waren. Heute abend aber werde ich bei meinem neuen Pachthofer speisen. Sag', Sonnenscheinchen, wer wird das wohl sein?“
    „Das weißt du noch nicht?“ antwortete das Kind, indem es fröhlich lachte. „Ich aber habe es schon vor einer halben Stunde gewußt!“
    „Wirklich? Nun, wer ist's?“
    „Soll ich ihn dir zeigen?“
    „Ja.“
    „So mache die Augen zu, alle beide! Da gebe ich ihn dir heimlich in die Hand!“
    „Ob es wohl stimmen mag? Versuchen wir es einmal! Also, es kann losgehen!“
    Er schloß die Augen. Da griff das Sonnenscheinchen nach der Rechten ihres Vaters, und auch nach derjenigen des Majors und legte beide ineinander. Hierauf trat es wieder zurück, schlug seine Patschen so laut zusammen, daß es schallte und rief:
    „Nun mach' die Augen wieder auf, denn der neue Pachthofer ist fertig!“
    Der Gutsherr gehorchte diesem Befehl. Felber wollte seine Hand zurückziehen und öffnete schon den Mund, um sein Kind zurechtzuweisen; aber der erstere hielt sie fest, winkte ihm, zu schweigen, und fragte das letztere:
    „Es ist richtig! Wie aber hast du denn das wissen können, Sonnenscheinchen?“
    „Ich habe es mit dem ‚Majörle‘ ausgemacht“, lautete die sehr bestimmte Antwort.
    „Ah! Du und das ‚Majörle‘? Und da muß ich wohl gehorchen?“
    „Ja, du gehorchst ja immer, wenn das ‚Majörle‘ will, das weiß er und auch ich!“
    Da wurde das Gesicht des Majors plötzlich ernst, sehr ernst. Er sah hinüber zu seiner Frau. Diese schlug die Augen nieder. Er ließ die Hand Felbers los und ergriff die ihrige.
    „Welch ein Wort aus Kindermund!“ sagte er langsam und schwer betont. „Hast du es verstanden?“
    Sie nickte nur, schaute ihn aber an, als ob sie ihm etwas abzubitten habe und etwas geloben wolle. Da schüttelte er ihre Hand und fuhr fort:
    „Ich sehe, du weißt, was
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