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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof
Autoren: Karl May
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folgt:
    „Gut, ich bin's zufrieden. Hier in diesem Nest bleibe ich doch nun einmal nicht, und je eher ich fortkomme, desto besser ist's; den neuen Pächter aber, den kenn ich schon. Ich werde an ihn denken.“
    Ohne auf diese Worte zu achten, zahlte ihm der Gutsherr die zehn Taler auf den Tisch. Der Pachthofer strich sie ein, ließ ein nur halb unterdrücktes, feindliches Lachen hören und wendete sich zum Gehen. Schon hatte er die Tür erreicht, da war es, als ob plötzlich etwas seine Schritte hemmte. Er blieb stehen, drehte sich dann mit einem schnellen Ruck um und ging auf das Sonnenscheinchen zu, welches soeben das letzte Geldstück von der Frau Major in die Sparbüchse gesteckt hatte.
    „Sonnenscheinchen“, sagte er, „du hast dreizehn Pfennige?“
    „Ja“, antwortete es.
    „Das ist eine Unglückszahl. Ich will dich davon erlösen und sie mit mir nehmen, weil du vorhin so gut mit mir warst. Schenke mir den dreizehnten Pfennig!“
    „Ja, aber welcher ist der dreizehnte?“
    „Der, welchen du mir zuerst herausschüttelst; denn alles, was ich in die Hand nehme, läuft zum Unglück aus.“
    Da begann das Kind, die Büchse zu schütteln. Bald schaute einer der Pfennige durch die Spalte. Das Sonnenscheinchen zog ihn vollends hervor, hielt ihn dem Pachthofer hin und sagte:
    „Ist dieser das Unglück?“
    „Ja!“
    „Da schüttele ich noch einmal!“
    Sie tat das, bis ein zweiter Pfennig erschien, und gab diesen dem Pächter mit den Worten:
    „Der ist das Glück, den sollst du haben; den anderen aber nicht!“
    „Das Glück!“ rief er aus. „Wäre das doch wahr! Sonnenscheinchen, diesen Pfennig hebe ich mir auf, bis ich sterbe. Wenn du einmal etwas recht Schweres von mir verlangen solltest, so erinnere mich an ihn. Dann tue ich es, mag es sein, was es will!“
    Er steckte das kleine Geldstück sorgfältig in eine besondere Tasche, legte seine Hände auf des Kindes Haupt, ließ sie einige Augenblicke liegen und ging dann fort, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
    Im Herrenstüble war es für einige Zeit still. Der Erzgebirger pflegt von solchen Augenblicken zu sagen: „Da ist ein guter Engel gewesen!“ Die Augen waren alle auf das herzige Kind gerichtet, welches selbst bei so einem Menschen, wie der Pachthofer war, ein edles Gefühl hervorgerufen hatte.
    Nun steckte das Sonnenscheinchen die Sparbüchse in die Tasche, schaute sich um, weil alles schwieg, und sagte dann:
    „Das ‚Majörle‘ ist jetzt schon überall wieder gesund, nur am Kopf nicht. Da braucht er mich nicht mehr zum Pflastermachen. Ich ziehe mich aus.“
    Die Paule war sogleich bereit, zu helfen. Darum erforderte es nur einige Augenblicke, die ‚Barmherzige‘ in das zurückzuverwandeln, was sie vorher gewesen war. Auch der Knabe legte alles vollends ab, was ihn zum Blessierten gemacht hatte, und allein der Kopf bestand noch weiter auf seiner Invalidität, die aber glücklicherweise mit Felbers Hilfe so weit vermindert wurde, daß man sie unter der Mütze verschwinden lassen konnte. Hierauf wurden die sämtlichen Erzeugnisse der kindlichen Verbandstoffabrik in die blaue Schürze gewickelt und einstweilen beiseite gelegt, denn der Major schlug vor, daß man nun hinaus zum Frühling gehen müsse, welcher das Sonnenscheinchen eigens hereingeschickt hatte, um dazu einzuladen. Auch die Kinder sollten davon nicht ausgeschlossen sein. Er bestand auf diesen Spaziergang in einer Weise, welche erraten ließ, daß er wahrscheinlich ganz gewisse Gründe dazu habe.
    Man ging durch den Garten des Wirtshauses direkt ‚hinaus ins Freie‘, wo der Gutsherr seine Schritte der Gegend zulenkte, in welcher die Äcker und Wiesen des Pachthofs lagen. Er behielt dabei Felber stets an seiner Seite. Die Frau Major nahm die Paule in Beschlag, und so verstand es sich ganz von selbst, daß die Kinder auch ein Paar bildeten, und zwar wohl dasjenige, bei welchem kein Examen zu bestehen war.
    Denn daß es sich um eine Art von Prüfung handle, das merkten Felbers schon nach kurzer Zeit. Aber es wurde ihnen dabei keineswegs bange. Sie beide waren bei der Landwirtschaft aufgewachsen und blieben keine Antwort schuldig. Felber drehte schließlich sogar den Spieß herum. Er hielt dem Major einen Vortrag über die Fehler, welche bisher in der Bewirtschaftung des Gutes gemacht worden seien, und entwickelte dann so gesunde Ansichten über die Verbesserung derselben, daß der Offizier seine heimliche Freude daran hatte.
    Auch die Frau Major sah sich schon nach einiger Zeit
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