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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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Aufmerksamkeit hin.
    Für den Wurzelsepp war es keine leichte Aufgabe, ernst zu bleiben; aber er stieg mit der Miene eines Paracelsus im Zimmer auf und ab und gab stets bei dem dreizehnten Schritt mit der Hand das Zeichen, daß die erwähnte Explosion zu erfolgen habe.
    So verging eine geraume Zeit. Den Anwesenden begannen nicht nur die hochliegenden Beine, sondern auch die Nasen zu schmerzen. Endlich, endlich war ein Geräusch im Hausflur zu vernehmen wie das Rollen eines Rades. Dann wurde die Tür geöffnet, und der Franz trat ein.
    Wären die Anwesenden nicht so überzeugt gewesen von dem überirdischen Ernst der Situation, so wären sie jedenfalls in ein mehr als homerisches Gelächter ausgebrochen.
    Der Fingerl-Franz bot einen gradezu unbeschreiblichen Anblick. Erst das Gesicht und die Hände mit Ruß geschwärzt, sodann die bekannte Füllung sämtlicher Taschen vorgenommen, das Bettuch übergeworfen, im strömenden Regen gestanden, welcher den Ruß im Gesicht in dunklen Strömen herabrinnen ließ, die Taschen mit den Händen ausgeleert und dabei mit dem Tuch in Berührung gekommen, in den Graben gestürzt und über eine Viertelstunde lang auf der sumpfigen Wiese gesessen – kurz und gut, sein Anblick war ein gradezu unbeschreiblicher.
    Und hinter ihm schob die Käthe den Schubkarren herein. Sie sah kaum weniger schrecklich aus, doch, obgleich der Regen ihr schwarzgefärbtes Gesicht auch getroffen hatte, waren ihre Züge doch ebensowenig zu erkennen wie diejenigen des Fingerl-Franz.
    Unter dem Bettuch, welches über den Karren gebreitet war, grunzte der Müller, so laut er nur konnte. Als sie herein waren, beeilte sich der Sepp draußen das Haustor und natürlich auch die Stubentür zu schließen.
    Der Fingerl-Franz war über die Stellung, in welcher die Gäste am Tische saßen, erstaunt; da er aber den Sepp bemerkte, so sagte er sich gleich, daß dies von demselben angeordnet sei und notwendig mit zur Sache gehöre. Er trat also herbei und deklamierte:
    „Holderi und holdera,
Tschingterum, jetzt sind wir da!“
    Sofort ertönte es unter dem Bettuch, unter welchem alle das gestohlene Schwein vermuteten, hervor:
    „Fizlipuzli, Auerhahn,
Schaut nur mal den Tolpatsch an!“
    Daß das Tier menschlich sprechen konnte, und noch dazu in Reimen, das war außerordentlich. Da aber bei einer Zauberei eigentlich nichts außerordentlich ist, fuhr der Fingerl-Franz fort:
    „Rumdi bumdi, Mückennest,
Jetzt habn wir den Racker fest!“
    Und vom Schubkarren her ertönte es:
    „Krikli krakli, wum di bum,
Dieser Kerl ist doch zu dumm!“
    Da trat der Fingerl-Franz an das einrädrige Fuhrwerk heran, griff nach dem Tuch und zog es weg mit den Worten:
    „Schlingel, schlangel, schnipp und schnapp,
Jetzt ziehn wir das Fell ihm ab.“
    Sogleich richtete sich der Müller möglichst hoch empor und antwortete:
    „Holler, koller, dran und drauf,
Sperrt nun mal die Augen auf.“
    Sie folgten freilich dieser Weisung fast wörtlich. Und nicht nur ihre Augen waren offen. Sie waren alle vom Tisch aufgesprungen und traten hin zum Schiebebock. Der Fingerl-Franz hielt das Tuch in der Hand und starrte auf den Müller.
    „Was!“ rief er aus. „Das soll meine Sauen sein?“
    Und der Müller seinerseits rief ebenso laut:
    „Was! Das soll der Geistern sein, der denen Schatz bewachen tut!“
    „Was soll ich sein? Ein Geist?“
    „Und was ich? Eine Sauen? Alle Teufeln! Und wo bin ich eigentlich? Ich glaub gar, die Käth hat mich zum Skat-Matthes hergefahren!“
    „Die Käth?“ fragte der Franz. „Die Käth! Und deine Stimme kommt mir auch bekannt vor. Bist doch nicht etwa der Talmüller!“
    „Freilich bin ich der! Wer soll ich denn sonst sein? Eine Sauen nicht! Und deine Stimm kenn ich auch und deine Gestalt! Du bist der Fingerl-Franzl?“
    „Der bin ich allezeit!“
    „Da muß doch gleich ein Graupelwetter dreinschlagen. Käth, was ist dir eingefalln! Warum schaffst mich hier herein?“
    Die Magd war fürs erste auch ganz perplex gewesen, jetzt aber erhielt sie ihre Sprache wieder:
    „Was? Willst's etwa auf mich schieben?“
    „Auf wen sonst?“
    „Ich hab nur getan, was du mir selber gesagt hast; ich bin dem da hinterhergfahrn.“
    Sie deutete auf den Franz.
    „Dem da? Ist denn der draußen gewest?“
    „Kein anderer.“
    „Aber Franz, was machst da draußen?“
    „Ich wart auf meine Sauen, die mir gestohlen worden ist. Der Sepp sagt, die Spitzbübin wird sie mir auf dem Schubkarren bringen.“
    „Was? Jetzt hört mir alles
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