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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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wollten. Nein, das sollte ihnen doch nicht gelingen. Die beherzte Käthe folgte also dem Führer sogar da höchst couragiert, als derselbe die Tür öffnete und in die Gaststube trat. –
    Als der Wurzelsepp dort angekommen war, hatten die gewöhnlichen Abendgäste das Lokal bereits verlassen. Der Wirt saß mit seinem Sohn und dem Barbier am Tisch und spielte Skat. An einem zweiten Tisch saßen noch einige andere Männer.
    „Guten Abend!“ grüßte der Sepp, indem er den vor Nässe triefenden Hut ausschwenkte.
    Der Wirt legte ganz gegen seine gewöhnliche Weise sofort die Karten weg, noch dazu mitten im Spiel, machte ein sehr erstauntes Gesicht und sagte:
    „Was? Du kommst auch, Sepp!“
    „Siehst's ja doch!“
    „Du wolltest doch nicht kommen!“
    „Ja, das dacht ich erst. Nachher aber hab ich mich gefragt, ob's die Leutln wohl auch richtig machen werden, und so bin ich herkommen, um zuzuschaun, wie's halt gehen wird.“
    Darauf antwortete einer von denen, welche an dem anderen Tisch saßen:
    „Das ist ganz recht von dir, Sepp. Es ist halt immer besser, du bist auch selbst dabei.“
    Da machte der Alte ein höchst bedenkliches Gesicht, schüttelte den Kopf und fragte:
    „Ja, so sag doch mal, wobei ich auch sein soll!“
    „Nun, bei der Zauberei.“
    „So, so! Was weißt du davon, he?“
    „Der Barbier hat's uns gesagt, und darum sind wir noch hier sitzenblieben, um zu warten.“
    „Ach so! Der Barbier hat's also ausplaudert! Hab ich denn nicht gesagt, daß kein Mensch nix davon hören darf?“
    „Vorher nicht. Jetzund aber sind sie ja bereits schon draußen auf dem Weg!“ verteidigte sich der Barbier.
    „So! Das hast denkt? Wast doch für ein gescheiter Kerlen bist! Da könnt ich's ja gleich in die Posaunen blasen oder an die große Glocke hängen, damit's ins Land hinein geläutet wird. Jetzt kann mich die ganze Sach gereuen, denn nun ist's gefehlt!“
    „Meinst?“ fragte der Barbier, indem er eine höchst betretene Miene zeigte.
    „Ja freilich. Nun wird nix daraus.“
    „Das hättst sagen sollen!“
    „Hab ich's denn nicht gesagt? Aber das ist nun immer so. Ihr Barbier seid wie die alten Weiber und könnt das Maul nimmer halten. Jetzt nun wissen die Geistern bereits, daß die Geschicht verraten ist, und wer weiß, was sie dem armen Fingerl-Franz antun!“
    „O weh! Es wird ihm doch nicht etwa gar an den Kragen gehen?“
    „Sehr leicht! Und dann bist allein du schuld daran.“
    „Gibt's kein Mittel dagegen?“
    „Nur ein einzigs.“
    „Welches?“
    „Das müßt ihr aber sofort machen, sonst ist der Franz verloren.“
    „So sag's schnell!“
    „Habt ihr eure Schneuztücherl mit?“
    „Schneuztücherl? Ich nicht. Ein Schnupftuch tut man doch nur sonntags in die Taschen; heut aber ist erst Donnerstag.“
    „So sagt rasch, wer hat noch keins mit?“
    „Ich – ich – ich auch nicht!“ rief es überall.
    Es stellte sich also heraus, daß kein einziges Taschentuch vorhanden war. Der Sepp machte ein sehr bedenkliches Gesicht und sagte:
    „So mag die Wirtin schnell jedem eins borgen.“
    „Wozu?“
    „Ihr setzt euch alle rund um diesen einen Tisch, die Lamp in der Mitten, und legt beide Füße vor euch hin, heraufi auf den Tisch. Sodann werd ich langsam in der Stuben hin und her gehen. Ihr zählt meinen Schritt, und allemal beim Dreizehnten muß einer von euch reihum sich die Nase schneuzen. Der Wirt fangt an, und so geht's rundum weiter.“
    „Ich auch mit?“ fragte die Wirtin.
    „Ja, aber weilst eine Frau bist, brauchst die Füß nur auf die Hitzschen zu legen und nicht auf den Tisch. Lauf schnell und hol die Tucherln! Auf dem Tisch darf weiter nix sein als die Lamp und eure Füßen, und reden darf auch keiner ein Wort, als bis der Franz hereini kommen ist und die Spitzbübin dazu.“
    Er hatte das in so ernstem und eindringlichem Ton gesagt, daß keiner sich eine weitere Frage oder gar einen Widerspruch erlaubte. Die Männer setzten sich zusammen an einen Tisch und legten die Beine auf denselben. Die Wirtin holte die Taschentücher herbei, verteilte sie und setzte sich dann mit zu ihnen.
    Jetzt begann der Sepp langsam und gravitätisch hin und her zu gehen; bei seinem dreizehnten Schritt fuhr sich der Wirt mit dem Tuch an die Nase und folgte der Weisung des Sepp in so kräftiger Weise, daß man hätte befürchten können, seine Nase werde explodieren. Die anderen wollten hinter ihm nicht zurückbleiben. Sie gaben sich der magischen Beschäftigung mit ganzer Seele und ungeheurer
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