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67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
Autoren: Karl May
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ihm das Heft zu zeigen, war auch diesem die Schrift vollständig unbekannt. Als er dann aus der Mühle zurückkehrte, stand die Barbara im Hausflur, um den Finken-Heiner zu begrüßen, welcher mit seiner Lisbeth gekommen war, um den Abend bei dem Müller zuzubringen.
    „Schaut“, sagte sie zu den beiden. „Das hier ist dera Herr Ludewigen, der nach Hohenwald kommen ist, um den Bimbaxen zu suchen, der die Bäum zusammenfrißt.“
    Und sich an den König wendend, sagte sie, die beiden vorstellend.
    „Und das hier ist halt dera Finken-Heiner mit seiner Lisbetherl, die den Müllern heiraten wird. Ich hab vorhin zu ihr schickt, damit sie mir helfen soll bei dera Bedienung. Unsereins ist nicht auf so vornehme Herren dressiert, sondern man braucht eine Hilfen dazu.“
    „Machen Sie sich meinetwegen keine Sorgen! Ich bin nicht so vornehm, daß ich zwei Personen zu meiner Bedienung brauche.“
    „Ach gehen 'S! Vornehm sind's halt doch! Das sieht man Ihnen ja sogleich an dera Nasen an.“
    „Hab ich eine so hohe Nase?“
    „Nein. Wie ein Kirchturm ragt's nicht empor. Aber wer nach dem Buxbimben sucht, der muß schon ein gewaltig gescheiter Kerlen sein.“
    „Sie meinen den Bombyx?“
    „Ja, denen Bimbexen, den ich noch gar nie sehen hab, obgleich ich aus dera Gegend gebürtig bin. Aber nicht wahr, dera Müllern hat auch nicht wußt, von wem das Geschmier ist?“
    „Nein.“
    „So zeigen 'S doch mal dem Heiner hier!“
    „Was gibt's?“ fragte dieser.
    Der König erklärte es ihm.
    „O weh! Da kommens halt grad an den Unrechten“, meinte der Heiner. „Ich bin kein Schriftgelehrter; ja, ich kann nicht mal selberst schreiben. Was steht denn drin in den Papieren?“
    „Es ist ein Theaterstück, welches nur von einem begabten Dichter hat verfaßt werden können.“
    „Von einem Dichtern? Nun, wir haben einen.“
    „Wer ist das?“
    „Dera Schulmeistern. Er hat so beiläufig sich mal versprochen, daß er Gedichten macht und auch Geschichten, in denen er totschlagt, wen er will.“
    „Also der! So hat er es verloren!“
    „Verloren? Ja, da fallt mir's ein, daß er vorhin einen Schmetterling nachlaufen ist bis in den Wald hinein zu mir. Da hat er meint, daß er schnell wieder zurück muß, weil er sein Heft hat liegen lassen.“
    „Dann ist er es sicher. Er soll es morgen erhalten.“
    Der König ließ sich nach seinen Zimmern bringen, welche allerdings zweier Schmuckkästchen glichen. Dort setzte er sich hin, um das Manuskript zu lesen.
    Barbara begann dann, sich in der Küche zu beschäftigen. Lisbeth half ihr, und der Heiner ging zu dem Müller. Nach einiger Zeit kam er in die Küche gelaufen und fragte:
    „Bärbel, ist denn jemand droben bei dem Herrn Ludewigen?“
    „Nein.“
    „Er redet doch mit jemand!“
    „Es ist niemand droben.“
    „Und doch muß jemand droben sein, mit welchem er sich vielleicht gar zanken tut. Er brüllt gar laut.“
    „Herrjeses! Es wird sich doch niemand zu ihm hinauf schlichen haben!“
    „Das wird's sein, denn horch nur mal!“
    Er machte die Küchentür auf, und da war allerdings trotz des Mühlengeklappers die Stimme des Königs sehr laut zu hören.
    „Freilich ist wer droben!“ sagte die Barbara. „Sonst tät er doch nicht reden.“
    „Und schreien tut er so! Da muß man ihm zu Hilf kommen. Gehn wir hinaufi, Barbara!“
    „Ja, gehn wir! Ich möcht nur wissen, was für ein Lumpen so heimlich hinaufi gangen ist. Dem werd ich aber die Höllen heißmachen.“
    Sie stiegen die Treppe empor. An der Tür blieben sie stehen.
    „Wollen erst horchen“, sagte die Barbara. „Vielleicht hören wir gleich an dera Stimmen, wer bei ihm ist.“
    Sie lauschten. Die Stimme des Königs ertönte laut:
    „Herrlich, herrlich! Das rechtfertigt den Titel des Stückes. ‚Der Schutzengel‘. Dieser Lehrer ist ja ein Talent, vielleicht noch mehr.“
    „Er zankt nicht“, flüsterte Barbara.
    „Nein“, antwortete der Heiner. „Sie reden halt von dem Herrn Lehrern. Horch!“
    Drinnen erklang es mit Pathos:
    „Es gibt so wunderliebliche Geschichten.
Die bald von Engeln, bald von Feen berichten,
In deren Schutz wir Menschenkinder stehen.
Man möchte gern den Worten glauben schenken
Und tief in ihren Zauber sich versenken,
Denn Gottes Odem fühlt man daraus wehn.“
    „Du“, flüsterte die Barbara, „die reden vom Zauber.“
    „Ja. Es wird doch nicht etwa gar eine Teufelei losgelassen werden sollen!“
    Drin erklang es weiter:
    „So ist's in meiner Kindheit mir ergangen,
In welcher
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