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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall
Autoren: David Zurdo
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aufgeschlagen. Er hätte bei der Truppe bleiben sollen. Blut lief ihm übers Gesicht. Das machte sich großartig bei einem Neuling. Die anderen würden es für ein schlechtes Zeichen halten. Es war einer von den schlimmen Bränden. Keiner sprach es aus, aber alle wussten es. Man sah es an den angstvollen Mienen, mit denen sie die Flammen beobachteten, die immer näher rückten. Hoffentlich stirbt heute niemand, besagten diese Mienen.
    »Macht euch bereit!«, rief der Brandmeister.
    Das Löschfahrzeug hielt vor den Toren des Klosters. Als sie auf die Straße sprangen, spürten sie die Hitze wie einen Peit-schenschlag. Sie waren die Ersten. Und vor sich sahen sie die Hölle. Ein unheilvolles Brausen war zu hören. Die Flammen erhellten die Nacht, doch sie vertieften zugleich die Schatten, in die sie nicht reichten.
    »Mein Gott!«, flüsterte der Neuling.
    Er hatte sich ein Pflaster auf den Kopf geklebt. Nun blutete die Wunde nicht mehr so stark, doch sein Gesicht war blutverschmiert.
    »Steh da nicht rum wie ein Volltrottel! Roll den Schlauch aus, oder geh aus dem Weg!«
    Der Feuerwehrmann, der dem Neuling dies zubrüllte, hat-te schon viele Brände erlebt. Aber noch keinen wie diesen. Sein Mund war ausgetrocknet, dennoch versuchte er zu schlucken. Das Kreuz am Kirchturm war in Flammen gehüllt, die es verschlingen zu wollen schienen. Das Feuer ist wie ein lebendiges Wesen. Jeder Feuerwehrmann weiß das. Dieser Brand, dieses Feuer hatte jedoch etwas an sich … Nun war er es, der sich wie ein Volltrottel aufführte. Stand da herum und dachte dummes Zeug. »Dieses Feuer hat etwas an sich, das nicht gut ist …«, sagte er unwillkürlich.
    »Los, los, los!«, brüllte er seine Männer an. »Richtet den Schlauch dorthin! … Nein! Mehr nach rechts! Schlaft ihr et-wa, verdammt noch mal? Das Feuer darf nicht die andere Straßenseite erreichen!« Oder es gerät außer Kontrolle, hätte er noch sagen können. Stattdessen sagte er: »Fred, ruf sofort noch zwei Teams dazu.«
    Er schlug Fred auf die Schulter, als könnte er die Dinge so beschleunigen. Dann lief er selbst zu den Überlebenden des Brandes. Es waren allesamt Nonnen. Entsetzt sahen sie mit an, wie ihr Zuhause abbrannte. Sie taten ihm leid, aber er war nicht hier, um sie zu trösten. Nicht jetzt.
    »Ist noch jemand drin?«
    Die junge Novizin, der er diese Frage stellte, sah ihn nicht einmal an. Er stellte sich vor sie und legte ihr sanft die Hände auf die Arme.
    »Hören Sie mir zu, Schwester. Ist da noch jemand drin?«
    Er sprach ganz langsam, obwohl er sie am liebsten geschüt-telt hätte, um ihr eine Reaktion zu entlocken. Sie antwortete nicht, und er hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Er ließ die Novizin stehen. Da hörte er ein dünnes Stimmchen: »Wir waren gerade … beim Abendessen. Es hat in der Küche angefangen. Wir sind alle zusammen rausgelaufen … Alle Schwestern sind in Sicherheit … Aber … Daniel … Er wollte nicht mitkommen. Schwester Mary und ich haben ihn gesucht, aber er wollte nicht mitkommen … Er kann seine Rose nicht finden.«
    »Wo ist dieser Mann?«
    »Wir mussten ihn zurücklassen, verstehen Sie? Wir wollten nicht mit ihm sterben!«
    Die Nonne begann zu schluchzen, und der Feuerwehrmann musste sich erneut beherrschen.
    »Sagen Sie mir, wo Daniel ist, Schwester, vielleicht können wir ihn noch retten.«
    »Wirklich?« Die Novizin wandte zum ersten Mal den Blick vom Feuer ab und sah ihm in die Augen. »Ja, vielleicht kön-nen wir ihn noch … Er war in seinem Haus. Hinter dem Kloster. Ich weiß nicht, ob er da noch ist.«
    Der Feuerwehrmann lief zum Wagen zurück und holte sich ein Atemgerät und einen tragbaren Feuerlöscher.
    »Zwei Teams sind unterwegs, Chef«, sagte der Feuerwehrmann, der in diesem Augenblick aus der Fahrerkabine kletterte.
    »Gut. Hilf Johnson und Peters mit dem Schlauch, und lasst …«
    »… das Feuer nicht auf die andere Straßenseite, ich weiß. Wohin gehst du?«
    »Es ist noch ein Mann da drin.«
    Der Feuerwehrmann betrachtete das brennende Gebäude.
    »Dann ist er jetzt bestimmt nicht mehr am Leben.«
    »Möglich. Tu, was ich dir gesagt habe.«
    Der Brandmeister wandte sich zum Eingang des Klosters. Über die Schulter brüllte er: »Ruf auch einen Krankenwagen … Wenn ich in einer Viertelstunde nicht wieder da bin, soll mich keiner suchen kommen. Das ist ein Befehl.«
    Er dachte an seine beiden Kinder und verspürte keinerlei Lust, sich in dieses Inferno zu stürzen. Es ist nicht leicht, innerlich dazu
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