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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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Uppercut aus Kniehöhe an. Ein kolossaler, primitiver, mit Urgewalt geführter Schlag, der aus den Tiefen der Erde kommend durch den nassen Beton zu pulsieren schien: durch sein Knie, seinen Oberschenkel, seine Taille, seinen Ober körper, seine Schulter, seinen Arm, sein Handgelenk, seine Faust – in einer sich blitzschnell fortpflanzenden Woge aus hemmungslos brachialer Gewalt.
    Platos Unterkiefer wurde zerschmettert, und sein Kopf schien plötzlich nicht mehr Halt als der einer Stoffpuppe zu haben. Er hielt sich noch einen Augenblick auf den Beinen, dann gaben seine Knie nach, und er brach zusammen.
    Reacher wusste ziemlich genau, dass Plato tot war, bevor er den Boden berührte.
    Dann sorgte er dafür, dass das auch wirklich so war.
    Er packte Platos Kopf an den Ohren, drehte ihn ruckartig nach links und dann nach rechts, bis er die Halswirbel splittern fühlte, und machte weiter, bis er ganz sicher sein konnte, dass das Rückenmark ausgetreten war.
    Die Sintflut ging weiter: strömend, rauschend und tosend. Die runde Kammer war mit chemischem Gestank und wabernden Dämpfen angefüllt. Das Kerosin stieg auf über zwei Zentimeter, während kleine Wellen sich von dem schäumenden Malstrom unter dem Belüftungsschacht aus kreisförmig ausbreiteten.
    Bestimmt fürchtet doch jeder den Tod, hatte Janet Salter gesagt.
    Auf die Umstände kommt’s an, denke ich, hatte er geantwortet.
    Er rannte los, platschte auf den Knien über den Betonboden, senkte die Schultern, streckte den Kopf in den Treppenschacht, kroch weiter, richtete sich kniend auf und stand dann ganz. Er beugte sich in Richtung Mittelsäule nach innen und nahm jeweils drei Stufen auf einmal, während seine rechte Hand der Schachtwand folgte und sich von ihr abstützte und so kostbare Zehntelsekunden zu gewinnen suchte. Das Getrampel seiner Schritte auf dem Metall ging in dem heraufhallenden Tosen der Sintflut unter. Er hetzte weiter, drei Stufen auf einmal, manchmal vier, nach Atem ringend, höher und höher und höher, herum und herum, ohne mitzuzählen, nur rennen, rennen, rennen, Höhe gewinnen, nicht lockerlassen, alle Kräfte mobilisieren, zur Oberfläche hinaufhetzen.
    Der Enteisungswagen bremste scharf, wendete und stieß ein Stück zurück. Direkt hinter ihm stand das Steingebäude. Direkt vor ihm lag die Start- und Landebahn. Der Kerl von 4A sprang aus dem Wagen und rannte mit der seitlich auf Armeslänge weggehaltenen Fackel zum Bunker. Am Eingang machte er halt, sammelte sich kurz und holte Schwung, bevor er die Fackel warf. Sie überschlug sich mehrmals in der Luft: ein hellroter Feuerwerkskörper, der im Flug zischte. Sie traf den unfertigen Rand des Lüftungsschachts, stellte sich auf, überschlug sich noch einmal und verschwand dann in der Tiefe.
    3.55 Uhr.
    Nach einundsechzig Stunden.

46
    Es dauerte vier Tage, bis die Anlage so weit abgekühlt war, dass sie betreten werden konnte. Bis dahin gab es eine lange Schlange von Vertretern verschiedener Behörden, die darauf warteten, ihre Ermittlungen beginnen zu können. Als Erste am Tatort erschienen die Heimatschutzbehörde, die Air Force, das FBI , die Highway Patrol und ein aus Washington entsandtes Team spezialisierter Brandfahnder. Der Vorfall hatte großes Aufsehen erregt. Das North American Air Defense Command hatte ihn zuerst entdeckt. Seine Satelliten hatten plötzlich aufflammende starke Hitze geortet und daraus einen Raketenstart oder den Einschlag eines Gefechtskopfs errechnet. Die russischen Luftverteidigungskräfte waren zu genau demselben Schluss gekommen. Das Weiße Haus hatte binnen Sekunden angerufen, um Entwarnung zu geben, und war seinerseits beruhigt worden. Gewiss, in South Dakota gab es Raketensilos, aber nicht an diesem Ort. Und die Russen konnten ihrerseits versichern, keine ICBM gestartet zu haben.
    Die Nationalgarde wurde in Marsch gesetzt, um das Gelände weiträumig abzusperren. Durch diesen Kordon sickerten die Ermittler ein. Sie stellten ungefähr fünf Meilen entfernt Vorposten auf, entsandten Erkundungstrupps, die aber noch nicht bis zu der Anlage vorstoßen durften. Dann wurde aus der benachbarten Kleinstadt Bolton gemeldet, der Westwind habe eine seltsame Giftgaswolke herangeweht. Die Erkunder wurden zurückgerufen. Man gab ABC -Schutzkleidung aus und schickte Ärzte nach Bolton. Die angegebenen Symptome waren verwirrend. Als hätte die gesamte Einwohnerschaft eine leichte Dosis eines Psychostimulans erhalten. Vorübergehende Euphorie und Erregung wurden
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