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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Autoren: Lee Child
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nichts.
    Das Mobiltelefon in seiner Hand vibrierte erneut.
    Der Russe hatte sein Angebot nachgebessert: Ihr bekommt das Dreifache. Los jetzt.
    Dreifaches Honorar bedeutete ein kaum mehr vorstellbares Vermögen. Aber selbst diese Aussicht verblasste gegenüber der Vorstellung, ein Leben ohne Plato führen zu können.
    Der Mann von 4B nickte. Er hatte den Enteisungswagen gerade gefahren. Er kannte sich damit aus.
    Der Mann von 4A antwortete: O.k.
    Reacher passierte den zweiten Schwingungsknoten, in dem der Schacht wie eine Oboe klang. Die Geräusche ihrer Füße auf den Metallstufen verschmolzen miteinander zu einer geisterhaft klagenden Melodie, die durch die Stahlröhre auf und ab pulsierte. Reacher, der weiter vor Kälte zitterte, stieg tiefer ins Dunkel hinunter, wobei er die Stablampe zwischen Daumen und Zeigefinger seiner behandschuhten Hand hielt und die anderen drei Finger locker die Schachtwand entlangstreifen ließ. Über ihm Platos Lichtstrahl: kreisend, hüpfend und zustoßend. Reachers Absatz trat auf die zweihundertste Stufe. Noch achtzig.
    Der Pumpenlaster war im Prinzip sehr einfach aufgebaut. Eine relativ neue Entwicklung. Früher mussten Tankwagen direkt zu den Flugzeugen hinausfahren. Heute gab es auf Flugplätzen unterirdische Tanks, und die sehr einfach aufgebauten Pumpenlaster fuhren aufs Vorfeld hinaus und verbanden die Füllstutzen von Tanks mit den Flächentanks von Flugzeugen. Der Schlauch auf der Trommel hinter dem Fahrerhaus ließ sich abrollen und mit dem Unterflurtank verbinden, und der Schlauch der Trommel nach der Pumpe stellte die Verbindung zu dem Flächentank her. Zwischen beiden Trommeln befand sich eine Pumpe, die das Kerosin aus dem Boden saugte und in das Flugzeug beförderte. Eine einfache, lineare Verbindung.
    Die Männer von den Sitzen 4A und 4B rangierten den Pumpenlaster so nahe wie möglich an die offene Bunkertür heran, sodass er ziemlich genau zwischen dem Tank tief unter ihnen und der Boeing stand. Einer nahm das Anschlussstück auf die Schulter, während der andere den Elektromotor bediente, der die Trommel drehte, damit der Schlauch abgerollt wurde. Der Kerl mit dem Anschlussstück auf der Schulter zog den Schlauch hinter sich her in den Bunker und ließ ihn durch den zweiten Lüftungsschacht, den die Männer mit dem Seil nicht benutzten, in die Tiefe.
    Reacher erreichte den Boden des Treppenschachts. Die Situation war unverändert. Er saß auf der untersten Treppenstufe, gut zwanzig Zentimeter über dem Betonboden der runden Kammer, deren Decke sich auf Höhe seiner Taille befand, sein Oberkörper noch im Schacht, sein Gesicht eine Handbreit von der Schachtwand entfernt. Plato bedrängte ihn von hinten, genau wie Holland es getan hatte. Reacher spürte die Mündung der MP 5K in seinem Rücken.
    Plato sagte: »Weiter.«
    Reacher duckte sich tief, bis seine Schultern unter der Decke waren, und watschelte mit gebeugten Knien und gesenktem Kopf ein paar Schritte weit. Er sank auf die Knie und hockte sich auf den Boden. Nach einer halben Drehung rutschte er rückwärts weiter: würdelos, langsam, unbeholfen und beengt.
    Plato trat von der untersten Stufe und ging einfach in die Kammer.
    Nach drei selbstbewussten Schritten blieb er stehen und schaute sich um: völlig aufrecht, mit zehn Zentimetern Luft zwischen seinem Kopf und der Betondecke.
    Er fragte: »Also, wo ist mein Zeug?«
    Reacher gab keine Antwort. Er war in Gedanken versunken, hatte das Gefühl, die Welt sei auf den Kopf gestellt worden. Sein Leben lang war es besser gewesen, groß zu sein. Man wirkte glaubwürdiger, man wurde mit Respekt behandelt und schneller befördert, man verdiente mehr, man wurde leichter gewählt. Das ließ sich statistisch nachweisen.
    Man blieb bei Schlägereien Sieger, man wurde nicht angemacht, man war Herrscher auf dem Hof.
    Groß geboren zu sein war ein Hauptgewinn in der Lotterie des Lebens.
    Klein geboren zu sein war automatisch ein Handicap.
    Aber nicht hier unten.
    Hier unten war groß geboren zu sein eine Niete.
    In der Welt hier unten konnte der kleinere Kerl gewinnen.
    »Wo ist mein Zeug?«, wiederholte Plato mit der Rechten an seiner Maschinenpistole.
    Reacher hob eine Hand, um auf einen der Korridore zu zeigen, aber dann hörte er zweimal einen dumpfen Aufprall, ein Klatschen und einen weiteren dumpfen Aufprall hinter sich. Er drehte sich um und sah, dass drei Pakete Müllsäcke und das Ende eines fettigen Seils durch die Lüftungsschächte geworfen worden waren. Alles
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