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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken
Autoren: Karl May
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wird sie dumpf vor sich hinbrüten, ohne ein Wort über die Lippen zu bringen.“
    „So wird der Tod dann eine Erlösung für sie sein.“
    „Natürlich!“
    „Nur fragt es sich, ob die Ärzte imstande sind, zu vermuten, daß der Kranke ein solches Mittel empfangen hat.“
    „Keineswegs. Man wird im Gegenteil annehmen, daß ein Blutaustritt ins Gehirn stattgefunden hat. Die Frau hat einen Schlag auf den Kopf erhalten, ist gestürzt, oder es ist ihr etwas auf den Kopf gefallen. Man hat hier alles so bequem wie möglich.“
    „Und wann tritt der Tod ein?“
    „Auch das geht einzurichten. Doch ist zu raten, diesen Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuschieben, da sonst das Mittel in der Leiche nachgewiesen werden kann.“
    „Wie weit ungefähr?“
    „Fünf bis sechs Monate. Der Körper wird während dieser Zeit fast gar nicht angegriffen. Der Kranke schluckt die Nahrung, welche ihm in den Mund geschoben wird, wie im Traum hinunter, und da er sich nicht bewegt und keine Kräfte abgibt, bleibt der Körper gut genährt; der Patient schläft eben ein, ohne wieder aufzuwachen.“
    „Wie lange dauert die Anfertigung dieses Mittels?“
    „Eine Stunde.“
    „Kann ich es heute am Nachmittage haben?“
    „Ja; kommen Sie!“
    „Und, was ja von Bedeutung ist, hat die Medizin einen vorstechenden Geruch oder Geschmack?“
    „Sie riecht gar nicht, schmeckt aber ein ganz wenig bitter.“
    „Das läßt sich verdecken. Also abgemacht! Hier ist das Geld, und zwar die Hälfte mehr als gestern.“
    Adolf hörte Silber klingen und hielt es nun für geraten, seinen Lauscherposten aufzugeben. Er kehrte nach der Treppe zurück, stieg deren Stufen erst leise hinauf und kam dann mit möglichstem Geräusch wieder herab. Sofort wurde hinten die Tür geöffnet.
    „Wer ist da?“ fragte der Apotheker.
    „Ich bin es.“
    „Ach, Adolf! Er kommt!“
    „Hier herein“, gebot der Hauptmann. Und zu dem Alten gewendet, fügte er hinzu: „Du gehst hinauf und gibst Achtung, daß wir nicht gestört werden!“
    „Ich werde da vorn eins trinken!“
    „Meinetwegen! Aber horche nicht!“
    Der Hauptmann schob den Apotheker zur Türe hinaus und zog dieselbe wieder zu. Es war Adolf sehr lieb, daß der Giftmischer nicht hinaufging. In diesem Fall hätte es leicht herauskommen können, daß er bereits eine Weile im Keller anwesend gewesen war. Er machte ein freundliches, unbefangenes Gesicht, hielt dem anderen die Hand hin und sagte:
    „Also, Sie, Herr Jakob! Schön! Freut mich! Nur war es fast ein bißchen zu früh zu einem Ausgang. Mein Herr räsonierte.“
    Der Hauptmann warf einen langen, scharf forschenden Blick auf den Sprechenden, schien aber mit dem Resultat seiner Beobachtung zufrieden zu sein.
    „Er hatte wohl schlechte Laune?“ fragte er, an Adolfs Worte anknüpfend.
    „Nicht gerade das. Herrendiener haben ja so früh nicht Zeit zum Spazierengehen. Lange darf ich keineswegs fortbleiben!“
    „Ich werde Sie nicht aufhalten, habe aber einige Fragen. Ist der Besuch heute in der Nacht gelungen?“
    „Ja.“
    „Ihre Belohnung?“
    „Habe ich erhalten.“
    „Es wird auch weiter für Sie gesorgt werden. Wissen Sie, was mitgenommen worden ist?“
    „Ich kann es mir denken.“
    „Man hat natürlich alles bereits entdeckt?“
    „Ich weiß nichts davon. Mein Herr ist erst vor einigen Minuten aufgestanden.“
    „Hm! Sonderbar! Sie sagten gestern, daß er kein Freund von Gesellschaften sei?“
    „So ist es. Er empfängt niemals Besuch.“
    „Wirklich nicht?“
    „Niemals.“
    „Ich hörte, daß ein Herr bei ihm verkehre, zu dem er ein großes, ungewöhnliches Vertrauen zeigt.“
    Das war wegen des Fürsten des Elends auf den Strauch geschlagen. Adolf aber antwortete:
    „Davon müßte ich doch auch wissen!“
    „Hatte er auch gestern abend nicht Besuch?“
    „Ausnahmsweise doch. Ich war ganz verwundert darüber.“
    „Wer war es?“
    „Eine Dame sogar.“
    „Kennen Sie dieselbe?“
    „Es war die Baronin von Helfenstein. Sie haben miteinander gespeist, und ich bediente sie. Ich glaube, die Dame kam aus Neugierde, um die Reichtümer meines Herrn zu sehen.“
    „Hat er ihr alles gezeigt?“
    „Er hat sie im Palais herumgeführt, und ich leuchtete dazu. Aber seine eigentlichen Schätze, Gold, Silber, edle Steine, hat er ihr doch nicht gezeigt. Die darf kein fremdes Auge sehen.“
    „Ist denn dieses Gold und Silber alles echt?“
    „Wie sollte es denn anders sein?“ fragte Adolf in künstlichem Erstaunen. „Glauben Sie,
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