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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken
Autoren: Karl May
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sogleich überzeugt davon!“
    „Sie soll in Lethargie versinken und sterben. Ah! Der Schurke!“
    „Wenn nämlich er und der Baron identisch sind! Ist es nicht unsere Pflicht, diese Tat zu verhindern?“
    „Nein. Es ist vielmehr unsere Pflicht, sie geschehen zu lassen!“
    Und als der brave Adolf ein betroffenes Gesicht machte, fuhr der Fürst fort:
    „Wie wollen wir sie verhindern? Natürlich, ohne uns zu verraten? Was er heute nicht ausführen könnte, würde er morgen tun oder später. Und die Hauptsache: Verfällt die Baronin in Lethargie, so ist das ein unumstößlicher Beweis, daß der Baron der Hauptmann ist.“
    „Aber die Baronin wird sterben! Begehen wir da nicht einen Mord, wenn auch nur indirekt?“
    „Wenn sie stürbe, so hätte sie doch weit Schlimmeres verdient, als ein solches Ende. Übrigens wird sie nicht sterben. Für solche Mittel gibt es stets ein Gegengift. Übrigens erhalten wir dadurch den Apotheker in unsere Gewalt. Das kann uns von großem Vorteil sein. Erfahren möchte ich aber, wer gestern abend das Gift erhalten hat. Dieser Hauptman ist doch ein fürchterlicher Mensch!“
    Sie waren in der Nähe der Palaststraße angekommen und stiegen aus. Kaum fünf Minuten später sah man die Equipage des Fürsten von Befour aus dem Tor rollen, und wenige Zeit später hielt sie vor der Wohnung des Barons von Helfenstein.
    Befour wurde sofort bei der Baronin angemeldet und von ihr empfangen. Sie befand sich bei der Lektüre in ihrem Salon und trat ihm mit einem glücklichen Lächeln entgegen.
    „Ah, Durchlaucht!“ sagte sie. „Herzlich willkommen!“
    „Sie verzeihen meine frühe Gegenwart!“ antwortete er, indem er Platz nahm. „Es ließ mir keine Ruhe, zu erfahren, ob unsere gestrige Wanderung durch mein Heim nicht allzusehr ermüdet hat.“
    Nun folgte ein munteres Herüber und Hinüber jener Pikanterien, welche bei einer geistreichen Unterhaltung zwischen einem Herrn und einer Dame üblich sind. Die Baronin schlug wiederholt einen hörbar innigen Ton an, aber der Fürst ging, wie am vorigen Abend, nicht auf denselben ein.
    Ella nahm im Laufe des Gesprächs die Gelegenheit wahr, das Thema auf seine Kostbarkeiten zu bringen, und da er wohl wußte, weshalb sie dieses tat, unterstützte er sie dabei, so daß sie glaubte, die beabsichtigte Wendung sei ihr ganz unbemerkt gelungen. Sie sprach davon, daß sie während der ganzen Nacht von den unermeßlichen Reichtümern, um deren Besitz er zu beneiden sei, geträumt habe; im Traum seien die Steine geschliffen gewesen und hätten in solchen Farben gestrahlt, daß sie fast geblendet worden sei.
    Er lächelte leise vor sich hin und bemerkte:
    „Solche blendenden Farben sind auch nur im Traum möglich. In der Wirklichkeit würden Sie sich sehr enttäuscht fühlen, gnädige Frau.“
    „Ah! Wieso, Durchlaucht?“ fragte sie verwundert.
    „Wären diese Reichtümer wirklich so unermeßlich, wie Sie denken, so hätte ich heute nacht einen nie zu ersetzenden Verlust erlitten. Ich bin bestohlen worden.“
    Sie erbleichte doch, als sie dieses Wort aus seinem Mund hörte.
    „Bestohlen?“ fragte sie. „Sie scherzen doch jedenfalls!“
    „O nein. Ich bin wirklich bestohlen worden.“
    „Mein Gott! Was ist es, was man Ihnen gestohlen hat?“
    „Alle jene Reichtümer, welche Sie gestern bei mir erblickten. Jedenfalls ist es der sogenannte Hauptmann, welcher bei mir eingebrochen hat.“
    Sie schlug in gut gespieltem Schreck die Hände zusammen und rief:
    „Und das sagen Sie in so gleichgültigem Ton, sogar mit lächelnder Miene!“
    „Dieses Lächeln wird mir leichtgemacht.“
    „Aber ich begreife es nicht! Bei einem solchen Verlust würde ich vollständig untröstlich sein!“
    „Nun, so schlimm ist es nicht! Erlauben Sie mir, Ihnen ein Geheimnis zu verraten?“
    „Ja, ja! Aber schnell!“
    „Ich kann es Ihnen nur verraten, wenn Sie mich Ihrer vollständigen Verzeihung versichern.“
    „Gewiß, gewiß erhalten Sie meine Verzeihung, wenn ich auch jetzt noch nicht weiß, wofür! Also, sprechen Sie!“
    „Nun, alles, was Sie gestern sahen, war unecht.“
    „Unmöglich!“
    „Sogar sehr wirklich!“
    „Diese Gefäße und Geschmeide?“
    „Unecht!“
    „Diese Steine?“
    „Unecht!“
    „Sie sehen mich ganz wortlos vor Erstaunen!“
    „Glücklicherweise höre ich Sie doch noch sprechen. Ja, ich gestehe Ihnen, daß ich Sie gestern ein klein wenig getäuscht habe. Zwar besitze ich diese sämtlichen Gegenstände echt, auch die Steine; aber sie
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