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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken
Autoren: Karl May
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sollst!“
    „Hm! Wie lange denn?“
    „Nur für kurze Zeit, bis die Sache verraucht ist.“
    „Das darfst du mir nicht sagen! Du wärst froh, mich los zu sein. Ich würde niemals wieder frei, und das machte mich in aller Wirklichkeit verrückt. Dann wäre die Hauptzeugin gegen dich nicht mehr vorhanden! Welch ein Glück für dich!“
    Sie stieß ein höhnisches Lachen aus. Er drückte seinen Grimm hinab und sagte in ruhigem Ton:
    „Für so kurzsichtig hatte ich dich nicht gehalten!“
    „Ich bin im Gegenteil nicht kurz- sondern sehr weit- und vorsichtig!“
    „Ich glaube das Gegenteil. Es liegt ja in meinem eigenen Interesse, dich nicht lange Zeit in der Anstalt zu lassen, deine Rachsucht würde mir ja gefährlich sein. Du sollst nur für kurze Zeit nach Rollenburg. Bereits heute beginne ich daran zu arbeiten, dich von dort zu befreien.“
    „Das klingt ja geradezu verrückt! Wie willst du bereits heute daran arbeiten?“
    „Das errätst du nicht? Wer verlangt denn, daß du nach dieser fatalen Anstalt sollst?“
    „Nun, der Fürst des Elends?“
    „Wer sonst noch?“
    „Wohl kein Mensch!“
    „Was kann dich also von dort befreien?“
    „Dieser Schluß ist nicht leicht zu ziehen! Ich werde frei sein können, sobald dieser Fürst keine Macht mehr über dich hat.“
    „Das ist es, was ich meine. Ich werde erfahren, wer er ist; ich werde ihm die Larve vom Gesicht reißen; ich werde ihn verderben. Ich werde alle meine Unternehmungen einstellen, um mich für jetzt nicht in weitere Gefahr zu begeben, und nur noch daran arbeiten, zu erfahren, wer dieser Mensch ist.“
    „Du überschätzest dich, du wirst es nicht erfahren!“
    „Ich werde alle meine Untergebenen dazu verwenden!“
    „Auch das wird nutzlos sein. Er hat bewiesen, daß er mächtiger ist als du; du wirst fallen; er wird triumphieren, und ich, ich bleibe – im Irrenhaus!“
    Jetzt war sie es, die ganz und gar erregt im Zimmer auf und ab schritt. Er versuchte, ruhig zu erscheinen und sagte:
    „Gut! Noch haben wir eine Frist von fünf Tagen. Ich werde mir alle Mühe geben, etwas zu erreichen. Es ist also nicht nötig, bereits heute einen Entschluß zu fassen!“
    „Mein Entschluß ist trotzdem bereits gefaßt: Mich bringt keine Macht der Erde in das Irrenhaus! Da, jetzt weißt du es!“
    Er blickte finster vor sich nieder. In seinem Inneren kochte und gärte es; dennoch verriet er sich nicht. Er kannte Ella. Diesem Weib gegenüber galt es, die höchste Verstellungskunst in Anwendung zu bringen. Ella war seine größte und gefährlichste Gegnerin. Sie hatte ihn gezwungen, sie zu seiner Frau zu machen. Jetzt haßte er sie. Und wie sehr er sie haßte, das sah er erst in diesem Augenblick ein. Aber er durfte es ihr nicht merken lassen. Darum sagte er möglichst gleichmütig:
    „Es fällt mir ganz und gar nicht ein, dir diesen Entschluß übelzunehmen. Es muß verteufelt unangenehm sein, als verrückt zu gelten, wenn man nur zu sehr bei Verstand und Sinnen ist. Na, einen großen, fast unverzeihlichen Fehler hast du begangen; das kannst du nicht leugnen; aber ich will sehen, ob er nicht zu verbessern ist. Noch habe ich Zeit, und noch fürchte ich diesen Elendsfürsten nicht so sehr, daß ich aus Angst vor ihm meine Frau dem Irrenhaus überliefere. Die Hauptsache ist, zu sehen, wie sich Befour in dieser Angelegenheit verhält. Denkst du, daß er dich besuchen wird?“
    „Wir sind freundschaftlich voneinander geschieden.“
    „Und daß er wirklich nichts davon weiß, daß ihm die Diamanten abhandengekommen sind?“
    „Das wäre allerdings wohl unbegreiflich!“
    „Vielleicht hat dieser undurchdringliche Gott der Elenden doch irgendeinen uns natürlich unbekannten Grund, ihm nichts wissen zu lassen!“
    „Dann aber müßten beide sich kennen!“
    „Wieso?“
    „Es muß doch eine Gelegenheit geben, die Steine wieder an ihren Ort zurückzubringen, ohne daß der Besitzer es merkt.“
    „Auch das ist möglich. Es kommt hier viel auf deine eigene Klugheit an, Befour so auszufragen, daß er dich aufklärt, ohne deine Absicht dabei zu bemerken. Sollte er dich besuchen, so benutze schleunigst aber auch schlau die Gelegenheit. Jetzt laß uns davon abbrechen. Ich habe nicht geschlafen und will versuchen, einige Stunden auszuruhen. Ich werde meiner ganzen geistigen Frischheit bedürfen.“
    Sie folgte diesem Wink und ging. Als sie sich entfernt hatte, verschloß er den Zugang, welcher seine Gemächer mit den ihrigen verband.
    „Sie fühlt sich
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