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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Autoren: Karl May
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einen Schrei des Schreckens ausstieß.
    „Pst, keine Angst! Ich bin's!“
    „Ach, Sie, Sam!“
    „Ja, ich! Verzeihung, wenn ich störe, aber die drinnen schicken mich mit einer höchst wichtigen Frage heraus.“
    „Mit welcher?“
    „Wie es mit der Verlobung steht?“
    „Sam!“ sagte Magda verschämt.
    Zimmermann aber antwortete:
    „Wie es mit der Verlobung steht, werden wir gleich selbst melden. Dazu brauchen wir dich alten, hinterlistigen Intriganten nicht.“
    „Was höre ich? Alt, hinterlistig und intrigant! Ja, die Welt ist schlecht und wird von Tag zu Tag schlechter. Jetzt nun ich das Volk zusammengeführt habe, bekomme ich eine ganze Menge von Beleidigungen an den Kopf geworfen. Das ist Dankbarkeit! Ich werde niemals wieder jemand in den Verlobungswinkel schicken. Man hat nichts davon als lauter Ärger.“
    „Na, so schlimm war es nicht gemeint, mein lieber Sam,“ versicherte Magda.
    „Wirklich nicht?“
    „Nein. Wir sind Ihnen ja großen Dank schuldig. Gehen Sie nur gleich mit hinein!“
    „Das kann ich nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich sogleich wieder nach dem Bahnhof muß.“
    „Wohl um abermals eine Braut zu besorgen?“ fragte Zimmermann.
    „Erraten! Ganz richtig erraten.“
    „Oder machst du Spaß?“
    „Warte es ab! Jedem das Seine! Und wenn ich einen so triste dasitzen sehe, weil ihm das Seinige fehlt, so läßt es mir keine Ruhe, ich muß sie ihm herbeischaffen. Ich komme bald wieder zurück.“
    Er ging, und zwar wieder nach dem Bahnhof, um den aus anderer Richtung kommenden Zug zu erwarten. Es hatte sich eine gewisse Unruhe seiner bemächtigt.
    Endlich kam der Zug. Aus einem Coupé zweiter Klasse sprang ein Neger, welcher eine sehr elegante Livree trug, und öffnete einen Wagen erster Klasse.
    Ein fein gekleideter, älterer Herr stieg mit einer jungen, verschleierten Dame aus. Sam hatte sie sofort erkannt. Schleunigst eilte er zu ihnen.
    „Welcome, welcome, Master Wilkins“, rief er aus. „Gut, daß Sie kommen. Ich glaubte bereits, Sie hätten Herrn Steinbachs Depesche gar nicht erhalten.“
    Es war wirklich Wilkins mit Almy, seiner Tochter, der ‚Taube des Urwalds‘ am Silbersee.
    „Grüß Gott, alter Sam!“ antwortete derselbe. „Die Depesche wurde uns nach Paris nachgesandt, und wir sind Hals über Kopf gefahren, um eurem Ruf zu folgen. In welchem Hotel hast du uns Wohnung bestellt?“
    „Bis jetzt in keinem.“
    „Wieso?“
    „Wollen erst sehen, wie der Hase läuft. Das Gepäck lassen wir hier in der Expedition, der Neger mag im Wartezimmer bleiben.“
    „Und wir?“
    „Sie gehen mit mir.“
    „Zu wem?“
    „Zu Herrn Steinbach.“
    „Gleich so im Reisegewand?“ fragte Almy.
    „Ja. Steinbach ist ein alter Junggeselle, und es fällt ihm gar nicht ein, so etwas übelzunehmen.“
    „Aber wir können uns doch wenigstens ein ganz klein wenig vorher restaurieren?“
    „Ist nicht notwendig.“
    „Wohnt Herr Steinbach allein?“
    „Ganz allein. Er hat keine Menschenseele bei sich, als mich und eine alte, taube Haushälterin.“
    „So dürfen wir es vielleicht wagen.“
    „Natürlich. Kommen Sie nur!“
    Sie schritten der Stadt entgegen. Als Sam an der Pforte der Villa Normann klingelte und das Mädchen zum Öffnen kam, fragte Wilkins:
    „Ist das die alte, taube Haushälterin?“
    „Ja.“
    Das Mädchen hatte kein Wort gesprochen, und da es zu dunkel war, um das Gesicht zu sehen, gelang diese diplomatische Unwahrheit.
    Der Dicke führte nun die beiden hinter das Haus und bat sie, in der Veranda zu warten, da er sie erst Herrn Steinbach anmelden müsse.
    In dem neben der Veranda liegenden Salon ließen sich inzwischen zahlreiche Stimmen hören.
    „Wer ist denn da drin?“ fragte Almy besorgt. „Das müssen viele Leute sein.“
    „Es ist die hiesige Feuerwehr, die gekommen ist, Steinbach zu seinem heutigen Geburtstag zu gratulieren“, entgegnete der Dicke. „Er ist nämlich Branddirektor. Die Leute werden aber gleich gehen.“
    „Ich höre doch auch weibliche Stimmen!“
    „Natürlich müssen die Frauen auch mit gratulieren!“
    Nach diesen Worten betrat Sam den Salon.
    Steinbach war noch nicht da, aber von den anderen fehlte keine einzige Person.
    Der Salon war so voller Menschen, daß fast gar kein Platz mehr vorhanden war; unter ihnen befand sich auch Martin von Adlerhorst, der sich heute anscheinend in einer sehr trüben Stimmung befand und ganz für sich allein saß.
    „Was haben Sie, Mister Martin?“ fragt ihn Sam. „Ihre Gedanken machen
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