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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
Autoren: Karl May
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Steigbügel und sagte:
    „Exzellenz, der Teufel soll mich holen, wenn ich geahnt habe, daß Sie ein russischer General der Kavallerie sind. Mir steht der Verstand still. Geben Sie mir eine tüchtige Backpfeife, daß er wieder in Bewegung kommt.“
    „Still!“ lachte Steinbach, indem er abstieg. „Laß die Exzellenz beiseite! Ich bleibe Steinbach nach wie vor.“
    Jetzt traf Semawa zu ihm. Darum zog Sam sich schnell zurück. Als folge er einer plötzlichen Eingebung, bat Steinbach nun die Geliebte, Karpala zu benachrichtigen, daß er sie ungestört einige Augenblicke sprechen wolle.
    Karpala hatte, während die anderen sich bereits im Zelt befanden, am Eingang desselben gewartet. Jetzt schritt sie, als Semawa ihr den Wunsch Steinbachs mitteilte, auf letzteren zu und sagte:
    „Du hast mich rufen lassen. Ist es etwas so Geheimnisvolles, was du mir zu sagen hast?“
    „Nein, aber doch etwas, was kein anderer zu hören braucht. Es betrifft nur dich allein – ganz allein allerdings auch nicht, sondern einen anderen mit – den Kosaken Nummer Zehn.“
    „Ihn? Was hast du mir von ihm zu sagen?“
    „Nichts. Vielmehr sollst du mir etwas von ihm erzählen. Ich habe gehört, daß du ihn liebhast. Erlaubst du mir, davon zu sprechen?“
    „Du bist unser Gast, unser Freund; du kannst mit uns von allem sprechen, was dir beliebt.“
    „So sage mir einmal aufrichtig, ob du ihn wirklich liebhast.“
    „Sehr, sehr lieb!“
    „Wohl so lieb, daß du ihm gehören möchtest?“
    „Ja, das will ich dir gern gestehen.“
    „Hast du denn auch daran gedacht, daß dies nicht gut möglich ist?“
    „Ja, ich habe sogar mit ihm davon gesprochen. Wir werden nie glücklich sein.“
    Karpala sagte das in so traurigem Ton, daß es Steinbach weh tat. Er ergriff ihr Händchen und meinte in tröstendem Ton:
    „Nun, es ist mir vielleicht möglich, seine Begnadigung zu erlangen. Dann könnte er ja unangefochten bei euch bleiben.“
    „Herr, ich wäre unendlich glücklich und wollte es dir zeit meines Lebens danken, wenn du es soweit brächtest, daß der Zar ihn begnadigte; aber sein Weib könnte ich doch nicht werden, weil er in diesem Fall nicht hierbleiben würde.“
    „Wo will er denn hin?“
    „Nach seiner Heimat. Er hat daheim seine Familie und eine alte Mutter, die sich nach ihm sehnt.“
    „So hat er dir ganz recht berichtet. Seine Familie ist auseinandergerissen worden. Die Mitglieder derselben haben sich seit langen Jahren nicht sehen können, und falls es ihm gelingt, frei zu werden, so ist es allerdings seine Pflicht, in die Heimat zurückzukehren, um sich mit den Seinigen zu vereinigen. Aber das ist doch noch kein Grund für dich, unglücklich zu sein. Du kannst doch mit ihm gehen!“
    „Das kann ich nicht. Auch ihm habe ich das bereits gesagt. So wie sein Herz und seine Pflicht ihn nach der Heimat rufen, so gebieten mir meine Pflicht und mein Herz, hier bei den Eltern zurückzubleiben. Ich bin ihr einziges Kind.“
    „So hast du sie lieber als ihn?“
    „Nein, ebenso wie auch er mich nicht weniger liebt als die Seinen. Er weiß, daß wir uns trennen müssen. Ich werde ihn nur befreien, damit er heimkehren kann, und dann sehr unglücklich sein; ich werde nie einem Mann gehören und mich nur mit dem Gedanken trösten, daß ich es dem Geliebten ermöglicht habe, seine Heimat wiederzusehen.“
    Karpala sagte das so einfach, und doch lag eine tiefe Innigkeit in ihrem Ton. Sie empfand, daß sie unglücklich sein werde, und doch wollte sie dem Geliebten den Weg nach der Heimat öffnen. Steinbach fühlte sich auf das herzlichste zu dem einfachen, schönen und so braven Mädchen hingezogen. Er fragte weiter:
    „So ist es also fest entschlossen, daß ihr euch trennen werdet?“
    „Ganz fest.“
    „Vielleicht würde es dir, wenn du nicht das einzigste Kind deiner Eltern wärst, leichter, dich von ihnen zu trennen und mit ihm zu gehen?“
    „Ich weiß das nicht, denn das Gefühl, wie es ist, wenn man Geschwister hat, ist mir unbekannt. Doch warum willst du das von mir wissen, Exzellenz?“
    „Sage nicht Exzellenz; ich heiße Steinbach und will nicht anders genannt werden. Warum ich dir diese Fragen vorgelegt habe, das kann ich dir jetzt noch nicht offenbaren. Vielleicht teile ich es dir ein anderes Mal mit. Morgen werden wir aufbrechen. Jetzt ist es bereits sehr spät, und da Semawa uns vielleicht begleiten wird, so bedarf sie der Ruhe. Ich bitte dich also, sie in dein Zelt zu führen.“
    Karpala gehorchte der Aufforderung,
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