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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
Autoren: Karl May
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von der Seite rechts her ein Reiter angetrabt. Er schien das Schreien gehört, aber nicht verstanden zu haben, denn er ließ sein Pferd ganz sorglos gehen und blickte neugierig dorthin, woher der Lärm ertönte.
    Als die Wirtin ihn erblickte, rief sie ganz entsetzt aus:
    „Hilf Himmel! Mein Sohn, mein Sohn!“
    Und das kleine Fenster aufreißend, schrie sie, so laut sie konnte:
    „Juanito, mein Sohn! Der tolle Wolf, der tolle Wolf! Schnell, schnell!“
    Der Reiter schien es nicht genau verstanden zu haben, denn er hielt die Hand ans Ohr. Der Lärm von der Seite und das Schreien seiner Mutter machten, daß er beides nicht verstand. Plötzlich aber begriff er es, auch ohne es verstanden zu haben. Von der Seite her, aus der die Rufe erschallten, kam nämlich ein großer grauer Kojote gestürzt. Sein scheußlicher Anblick bewies sofort, daß er toll sei. Er schleifte den vor Schmutz starrenden, zottigen Schwanz an der Erde. Sein Fell war räudig, seine Augen lagen in tiefen Höhlen, seine Knochen und Rippen schienen das Fell durchbohrt zu haben, und die Zunge hing ihm lang und weit aus der schäumenden Schnauze. Er rannte gerade auf den Reiter zu.
    „Juanito, flieh, flieh! Um Gottes und aller Heiligen willen!“ schrie die Frau.
    Da erblickte er den fürchterlichen Feind, der ihn bedrohte, gab seinem Pferd die Sporen, daß es gerade empor in die Luft ging, und zog den Revolver aus der an seinem Gürtel hängenden Pistolentasche. Vielleicht wäre der Wolf an ihm vorübergesprungen, aber durch diese hastige Bewegung von Reiter und Pferd wurde das wütende Tier auf die beiden aufmerksam gemacht, hielt einen Augenblick inne, richtete die tückisch glühenden Augen auf den jungen Mann und setzte dann zum Sprung an.
    In diesem Moment drückte der Bedrohte los, jedoch die Kugel traf nicht. Der Wolf schien vor dem Schuß zu erschrecken. Er sprang zur Seite, zog den Schwanz ein und stieß einen heiseren Ton aus. Heulen konnte er nicht, da die Krankheit ihm die Kehle zugeschnürt hatte. Diesen Augenblick benutzte der Reiter, noch zwei Schüsse abzugeben. Der erste war aber wieder ein Fehlschuß, und der zweite streifte nur den Pelz des Tieres, das sich jetzt zum verderblichen Sprung anschickte, aber daran gehindert wurde.
    Aus der Gasse, aus der der Wolf gekommen war, kamen zwei große Hunde gestürzt. Ihr Fell war zerzaust und zerbissen. Sie bluteten aus mehreren Wunden. Jedenfalls hatten sie bereits mit dem Wolf gekämpft und den kürzeren gegen ihn gezogen. Sie kamen gerade im rechten Augenblick und stürzten sich auf ihn, als er sich eben auf den Reiter werfen wollte.
    Letzterer benutzte diese Gelegenheit, feuerte noch einen Schuß, der aber leider auch nicht traf, auf den Wolf ab und lenkte sein Pferd im Galopp auf das Haus seiner Mutter zu, um sich in das Innere desselben zu retten.
    „Schnell, schnell!“ rief diese voller Angst zum Fenster hinaus. „Herrgott! Der Wolf kommt! Mach schnell, schnell“, und eilte hinaus, um die Tür zu öffnen. Sie hatte ganz recht gewarnt: der Wolf kam hinter dem Reiter her. Er hatte dem einen Hunde das Bein zerbissen und mit einem zweiten Biß auch den anderen kampfunfähig gemacht.
    Vor dem Haus parierte Juanito sein Pferd und warf sich herab. In diesem Augenblick öffnete seine Mutter die Haustür. Er sprang hinein und eilte sofort in die Stube, die Wirtin ihm nach. Beide vergaßen in ihrer Angst, die Tür zu schließen.
    „Gerettet! Gott sei Dank!“ rief Juanito.
    „Ja, gerettet! Die heilige Jungfrau sei gebenedeit! Wenn du nicht – Herr, mein Gott! Da ist er!“
    Die Augen der Frau waren in diesem Moment auf den Eingang gefallen, wo der Wolf erschien, der soeben den Reiter, der ihm entkommen war, erblickte und sofort einen hohen, weiten Sprung auf ihn zu machte.
    Da krachte es, daß das ganze Haus zu zittern schien. Ein Blitz durchzuckte die Stube, Pulverdampf erfüllte dieselbe. Juanito aber war, als er den Sprung des Tieres sah, zur Seite gewichen und dabei zu Boden gestürzt.
    „O Himmel!“ schrie er. „Hilfe, Hilfe!“
    „Hat er dich?“ rief seine Mutter. „Hilfe, Hilfe!“
    Von der Tür her antwortete ein lautes, zweistimmiges Heulen.
    „Die Hunde!“ schrie Günther von Langendorff. „Sie sind gebissen worden. Nehmt euch vor ihnen in acht.“
    Da klang Steinbachs Stimme ruhig durch Lärm und Pulverdampf:
    „Wird besorgt. Keine Angst!“ und gleich darauf krachten zwei Schüsse so schnell aufeinander, als ob er sie zu gleicher Zeit abgefeuert habe. Dann vernahm
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