Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Titel: Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
Autoren: James S. A. Corey
Vom Netzwerk:
PROLOG Julie
    Die Scopuli war vor acht Tagen geentert worden, und jetzt war Julie Mao bereit, sich erschießen zu lassen.
    Sie hatte acht Tage in einem Spind hocken müssen, bis dieser Entschluss gereift war. Während der ersten beiden Tage hatte sie regungslos ausgeharrt, denn sie war sich sicher gewesen, dass die gepanzerten Männer, die sie hineingesteckt hatten, es ernst meinten. In den ersten Stunden hatte das Schiff, auf das man sie verfrachtet hatte, nicht beschleunigt. Deshalb war sie in dem kleinen Abteil umhergeschwebt und hatte mit leichten Berührungen die Zusammenstöße mit den Wänden oder dem Raumanzug, mit dem sie sich den Platz teilte, abgefedert. Als das Schiff dann beschleunigte und der Schub ihr wieder ein Gewicht verlieh, stand sie stumm in dem engen Raum, bis die Krämpfe in den Beinmuskeln unerträglich wurden. Irgendwann rollte sie sich wie ein Embryo zusammen, hockte sich hin und pinkelte in ihren Overall. Die warme, juckende Nässe war ihr ebenso egal wie der Geruch. Sie hatte nur Angst, sie könne in der Pfütze auf dem Boden ausrutschen und stürzen. Lärm durfte sie nicht machen, denn dann hätten die Angreifer sie erschossen.
    Am dritten Tag zwang sie der Durst zum Handeln. Der Lärm des Schiffs war allgegenwärtig, das unterschwellige Grollen des Reaktors und des Antriebs. Das ewige Zischen und Klappern der Hydraulik und der Stahlbolzen, wenn sich die Drucktüren zwischen den Decks öffneten und schlossen. Das Poltern schwerer Stiefel, die auf dem Metallboden vorbeiliefen. Sie wartete, bis sie den Lärm nur noch aus der Ferne hören konnte, hob den Druckanzug vom Haken und legte ihn auf den Boden des Abteils. Noch einmal lauschte sie aufmerksam, dann nahm sie den Anzug auseinander, um an den Wasservorrat zu gelangen. Es schmeckte alt und abgestanden, der Anzug war offenbar seit Urzeiten weder gewartet noch benutzt worden. Doch sie hatte seit Tagen nichts mehr getrunken, und das warme, schale Wasser aus dem Vorratstank des Anzugs war das Beste, was sie je gekostet hatte. Sie musste sich überwinden, um es nicht auf einmal hinunterzustürzen, denn dann hätte sie es doch nur erbrochen.
    Als der Drang zu urinieren wieder erwachte, zog sie den Katheterbeutel aus dem Anzug und erleichterte sich mit dessen Hilfe. Auf dem Polster des dicken Anzugs saß sie schließlich auf dem Boden und hatte es fast bequem. Sie fragte sich, wer sie gefangen genommen hatte – die Koalitionsmarine, Piraten, noch schlimmere Leute. Manchmal konnte sie sogar schlafen.
    Am vierten Tag zwangen sie die Einsamkeit, der Hunger, die Langeweile und die schwindende Zahl von Möglichkeiten, ihren Urin zu lagern, schließlich dazu, mit den Angreifern Kontakt aufzunehmen. Sie hatte gedämpfte Schmerzensschreie gehört, irgendwo in der Nähe wurden anscheinend ihre Schiffskameraden geschlagen oder gefoltert. Wenn sie die Aufmerksamkeit der Entführer erregte, würde man sie vielleicht einfach zu den anderen bringen. Das war in Ordnung. Schläge konnte sie ertragen. Ein geringer Preis, wenn sie dafür wieder Menschen zu sehen bekam.
    Der Spind befand sich neben der inneren Luftschleuse. Während des Fluges kam hier gewöhnlich kaum jemand vorbei, aber sie kannte natürlich nicht den Bauplan dieses Schiffs. Sie überlegte sich, was sie sagen und wie sie sich verhalten sollte. Als sie endlich jemanden hörte, der sich ihr näherte, wollte sie schreien, damit man sie herausließ. Das heisere Krächzen, das aus ihrer Kehle drang, überraschte sie selbst. Sie schluckte und bewegte die Zunge, um ein wenig Speichel zu produzieren, und versuchte es noch einmal. Wieder nur ein kaum wahrnehmbares Röcheln.
    Direkt vor dem Spind waren Leute. Jemand redete leise. Julie hatte schon ausgeholt, um mit der Faust gegen die Tür zu trommeln, als sie hörte, was gesprochen wurde.
    Nein, bitte nicht. Bitte tun Sie das nicht.
    Dave. Der Mechaniker ihres Schiffs. Dave, der alte Zeichentrickfilme sammelte und eine Million Witze kannte, flehte mit leiser, gebrochener Stimme jemanden an.
    Nein, bitte nicht. Bitte tun Sie das nicht, sagte er.
    Die Hydraulik und die Verschlussriegel klickten, als die innere Tür der Luftschleuse aufging. Dann ein sattes Klatschen, als etwas hineingeworfen wurde. Wieder ein Klicken, die Luftschleuse schloss sich. Das Zischen entweichender Luft.
    Sobald die Luftschleuse wieder im alten Zustand war, entfernten sich die Leute von ihrer Spindtür. Julie klopfte nicht, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
    Sie hatten das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher