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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
Autoren: Karl May
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Leuten besucht wirst. Ich gehöre zu den Personen, die gewöhnt sind, höflich empfangen zu werden, folglich wirst du dich erheben.“
    Steinbach trat dann näher auf den Kreishauptmann zu, blitzte ihn aus seinen sprühenden Augen an und gebot:
    „Auf!“
    Es war nur dieses eine Wort, das donnernd erklang, aber jetzt konnte der Beamte nicht wiederstehen und fuhr blitzschnell vom Stuhl in die Höhe.
    „Kreuzdonnerwetter!“ knirschte sein Sohn, indem er Steinbach mit wütenden Blicken musterte.
    Dieser aber wandte sich ihm zu und fragte:
    „Und wer ist der Laffe, der hier noch sitzen bleibt?“
    „Laffe?“ schrie der Rittmeister. „Das sollst du mir entgelten. Ich bin Offizier, ich bin der Sohn des Kreishauptmannes, Rittmeister im Dienst des Zaren und Militärkommandant von Platowa.“
    „So stehe auf!“
    Diese drei Worte waren in einem Ton gesprochen, wie der Rittmeister ihn noch nie gehört hatte. Ohne es eigentlich zu wollen, fuhr er ebenso schnell vom Stuhl auf wie sein Vater.
    Da ertönten draußen Schritte. Man hörte Gewehrkolben auf den Boden stoßen. Dann wurde die Tür geöffnet, und der Kreissekretär trat ein.
    Er warf einen zornigen Blick in der Stube umher, trat auf Sam zu, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte:
    „Mann, du bist arretiert!“
    „Von wem?“ fragte der Dicke.
    „Von mir.“
    Sam machte das eine Auge zu und fixierte den Sekretär mit dem anderen vom Kopf bis zu den Füßen herab, dann brach er in ein lautes, schallendes Gelächter aus.
    „Mensch, was lachst du?“ rief der Kreissekretär. „Bist du verrückt?“
    Sam aber drehte sich zu den beiden langen Jägern um und fragte lachend:
    „Tim ‚arretiert‘! Hast du es gehört?“
    „Well!“ lachte der Gefragte mit.
    „Und Jim, wie kommt dir das vor?“
    „Wundervoll“, antwortete Jim, indem er in das Lachen der beiden anderen mit voller Kehle einstimmte.
    „Und zwar von dem da!“ rief Sam, mit dem Finger auf den Sekretär zeigend.
    „Von dem da!“ sekundierte Jim.
    „Von dem da!“ stimmte auch Tim ein.
    So standen alle drei, mit den Zeigefingern auf den Kreissekretär deutend und dabei so lachend, daß der dicke Fürst auch mit angesteckt wurde. Infolgedessen begann seine noch dickere Kalyna auch zu lachen, daß ihr der Bauch noch mehr wackelte, als ihm der seinige. Da konnte Karpala sich nicht zurückhalten; sie lachte mit, und ihre Lustigkeit ging nun auch auf die neben ihr stehende Semawa über, die sich vergeblich bemühte, ernsthaft zu bleiben.
    Draußen vor der offenen Tür standen, die Gewehre bei Fuß, zehn Kosaken, die die ganze Stube übersehen konnten. Als diese den ihnen so wohl bekannten Tungusenfürsten und dessen Gemahlin, die beide sehr gut bei ihnen angeschrieben waren, erblickten und sahen, daß die zwei dicken Personen lachten, daß ihnen die Tränen in großen Tropfen über die Wangen liefen, da begann erst einer von ihnen zu lachen, dann folgte der zweite, sodann der dritte, der vierte, fünfte und sechste, und endlich brüllten alle zehn aus vollen Hälsen.
    So gab es eine Lachsalve, wie sie hier noch nie gehört worden war. Wenn einer einmal alle Kraft zusammennahm, um aufzuhören, so wurde er im nächsten Augenblick wieder in diese Epidemie hineingerissen.
    Der Kreishauptmann, sein Sohn und seine Frau standen da, als ob sie der Donner gerührt habe, und machten wahre Schafsgesichter.
    Der Kreissekretär wußte nicht, wie ihm geschah.
    Endlich rang es sich keuchend von seinen Lippen:
    „Ich arretiere diesen Mann hier und erhalte als Antwort ein Gelächter! Das ist die gröbste Beleidigung der Staatsgewalt! Ich werde euch dafür nach Noten fuchteln lassen!“
    „Fuchteln? Fuchteln! Habt ihr's gehört?“ fragte Sam, indem er sich Mühe gab, nicht abermals in ein lautes Gelächter auszubrechen.
    „Ja, gefuchtelt wirst du, geknutet!“ drohte der Sekretär. „Und je lustiger dir das vorkommt, desto mehr Hiebe wirst du erhalten. Du hast dich an mir vergriffen. Nehmt ihn hinaus zu euch!“
    Dieser Befehl war an die Kosaken gerichtet. Keiner derselben bewegte sich jedoch. Sam war ja derjenige, der ihren Kameraden Nummer Zehn gegen den Rittmeister in Schutz genommen hatte. Jetzt sollten sie ihn arretieren? Hatte überhaupt der Kreissekretär ihnen etwas zu befehlen?
    „Vorwärts!“ schrie er sie an.
    Sie bewegten dennoch kein Glied.
    „Siehst du, Brüderchen“, lachte Sam, „daß es nicht so leicht ist, Leute zu arretieren, die gekommen sind, euch selbst zu arretieren?“
    Als
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