Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
jetzt der Sekretär Steinbach fragend anblickte, trat dieser, der bis dahin hinter den anderen gestanden hatte, hervor und sagte in sehr ernstem Ton:
    „Mein guter Sam hat allerdings recht. Wir sind in Wirklichkeit gekommen, eine Arretur vorzunehmen!“
    „So sage, wen du arretieren willst!“ forderte der Kreissekretär, und es war ein halb ironischer und halb bedenklicher Blick, den er dabei auf Steinbach warf. Dieser antwortete, auf die drei Betreffenden zeigend:
    „Den Kreishauptmann, seinen Sohn und seine Frau.“
    „Was! Die ganze Familie? Weshalb?“
    „Wegen verschiedener Verbrechen und Vergehen!“
    „Wer bist du denn, daß du davon redest, einen Kreishauptmann und einen Offizier des Kaisers arretieren zu wollen? Bist du Polizist oder Justizbeamter?“
    „Nein, aber das bin ich“, erwiderte Steinbach und zog schnell den Überzug von seiner Mütze.
    Der Kreissekretär wich bestürzt einen Schritt zurück, denn das Lammfell war mit goldig glänzenden, militärischen Insignien geschmückt.
    Als aber Steinbach gleich darauf auch den Überrock abwarf, so war keiner der Anwesenden mächtig, einen Ruf des Schrecks, der Angst und der freudigen Überraschung zu unterdrücken, denn er stand da in der brillanten Uniform eines russischen Generals der Kavallerie, die breite, mächtige Brust mit zahlreichen, funkelnden Orden geschmückt.
    „Alle Teufel!“ schrie der Rittmeister und retirierte in den äußersten Winkel der Stube, während die Kosaken unter der Tür und draußen vor derselben sich demütig auf ihre Knie niederließen.
    Auch der Kreishauptmann konnte sich nicht aufrecht halten und sank ebenso wie seine Frau auf den Stuhl nieder. Beide ließen ein angstvolles Stöhnen hören.
    „Sackerment!“ stieß Sam hervor.
    Sein Auge suchte Semawa, aber er fand bei ihr nicht die mindeste Beachtung, denn ihre Augen waren förmlich strahlend auf die glänzende Erscheinung des Geliebten gerichtet.
    Der Kreissekretär starrte Steinbach an, als ob dieser eine ganz überirdische Erscheinung sei. Doch war er ein zu routinierter Beamter, als daß es ihm nicht rasch gelungen wäre, seine Fassung wieder zu erlangen.
    „Herr, verzeihe deinem demütigen Diener!“ bat er. „Das habe ich nicht gewußt!“
    Indem er diese Bitte und Entschuldigung aussprach, kreuzte er die Arme über der Brust und bückte sich so tief, daß sein Kopf fast den Boden berührte.
    „Stühle für uns!“ befahl Steinbach.
    Sofort riß der Sekretär alle vorhandenen Stühle herbei, und als dieselben nicht reichten, herrschte er die Kosaken an:
    „Ihr Hunde, habt ihr es nicht gehört? Lauft in die anderen Zimmer und holt Sessel herbei! Schnell, schnell, sonst helfe ich nach!“
    Sie sprangen von den Knien auf und rannten davon. Schon nach einigen Sekunden waren sämtliche Stühle des Hauses herbeigeschleppt.
    Steinbach setzte sich nieder, und sein Auge ruhte, während die Seinen hinter ihm Platz nahmen, ernst und schwer auf dem Kreishauptmann und dessen Sohn, die mit tiefgebeugten Köpfen dastanden, als ob das Weltgericht über sie hereinbrechen sollte. Er stellte darauf ein strenges Verhör mit ihnen an. Doch setzten sie und auch die Kreishauptmännin seiner wiederholten Aufforderung, reumütig zu gestehen, daß sie den Namen Rapnin mit Unrecht führten und daß der Kreishauptmann eigentlich identisch sei mit dem Verbrecher Saltikoff, dem Spießgesellen des Grafen Polikeff, beharrliches Leugnen entgegen.
    Als das Verhör beendet war, wandte Steinbach sich in erklärendem Ton an den Kreissekretär:
    „Du hast natürlich keine Ahnung, um was es sich handelt?“
    „Nicht die mindeste.“
    „So muß ich dir eine kurze Erklärung geben. Der erwähnte Polikeff wollte Banda, den Maharadscha von Nubrida, verderben, weshalb, das ist jetzt gleichgültig. Er lockte ihn auf einer Wallfahrt auf russisches Gebiet. Damals wurde ein großer Verbrecher namens Saltikoff verfolgt. Durch List und falsche Zeugen brachte der Graf es dahin, daß der Maharadscha für jenen Saltikoff gehalten und in kurzer, summarischer Weise zu ewiger Verbannung in die Urwälder Sibiriens verurteilt wurde. Der echte Saltikoff aber erhielt von dem Grafen Legitimationspapiere auf den Namen Rapnin und wurde dafür, daß er seinen berüchtigten Namen und die ihm geltende Strafe dem unschuldigen Herrscher von Nubrida überlassen hatte, auf die Räder der Beamtenlaufbahn gesetzt, auf der er jetzt bei der Station eines Kreishauptmanns angekommen ist. Kannst du dir vielleicht denken, wo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher