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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Autoren: Karl May
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schnell geht das nicht! Werde ich dabei erwischt, so bezahle ich das entführte Frauenzimmer. Die Paschas pflegen sich doch ihre Frauen zu kaufen, können sie also auch wieder verkaufen. Übrigens bin ich Engländer und stehe unter dem Schutze der Königin von Großbritannien und Irland.“
    Der Maler schien eine Entgegnung auf der Zunge zu haben, hielt sie aber zurück. Sein schönes, offenes Gesicht nahm einen eigentümlichen Ausdruck der Spannung an, und wie unter einem plötzlichen Entschluß sagte er:
    „Wenn Sie in Wirklichkeit eine Entführung beabsichtigen, so geht das keineswegs in der Weise, wie Sie es für möglich zu halten scheinen.“
    „Wie denn?“
    „Hm! Darüber läßt sich nur schwer sprechen.“
    „Reden Sie, reden Sie! Sie gefallen mir, und es wäre mir lieb, Ihre Meinung zu hören.“
    „Ich meine, daß Sie sich vor allen Dingen mit einem gewandten Mann, der die hiesigen Verhältnisse ganz genau kennt, in Verbindung setzen müßten.“
    „Ganz recht! Aber ich kenne eben keinen solchen Mann. Ich will eine Entführung und ich zahle tausend Pfund Sterling, wenn das Abenteuer zustande kommt. Sind Sie etwa hier genauer bekannt?“
    „Ich bereise bereits seit drei Jahren die Türkei und befinde mich seit neun Monaten hier.“
    „Famos, famos! Sagen Sie, hätten Sie vielleicht Lust und Zeit, bei einer Entführung mitzuhelfen?“
    „Hm! Unter Umständen, ja.“
    „Welche Umstände meinen Sie?“
    „Um darüber zu sprechen, müßte ich Sie besser kennenlernen. Man trägt bei so einem gewagten Abenteuer sehr leicht den Kopf zu Markte. Ich bin keineswegs mutlos, ich liebe im Gegenteil die Gefahr und habe sie schon sehr oft aufgesucht, nur zu dem Zweck, meine Kräfte zu üben und zu prüfen – “
    Er wollte fortfahren, aber der Lord fiel ihm in die Rede:
    „Kräfte üben und prüfen! Ganz richtig! Ich werde die meinigen auch hier in Konstantinopel üben und prüfen. Man muß da vieles können: über Mauern springen, Türen einschlagen, Frauen fortschleppen und so weiter. Hören Sie, Sie sind mein Mann. Geben Sie mir eine Gelegenheit. Sie sollen sich gar nicht dabei beteiligen. Ich führe die ganze Geschichte allein aus. Sind Sie reich?“
    „Leider nein.“
    „Das freut mich!“
    „Mich aber nicht.“
    „Verstehen Sie mich recht! Es freut mich, weil es mir möglich ist, Ihnen dankbar sein zu können. Spüren Sie einen Harem auf, in dem sich eine wirklich schöne Frau oder ein wirklich schönes Mädchen befindet. Weiter sollen Sie nichts tun. Das übrige besorge ich alles selbst. Aber sehen muß ich das Frauenzimmer erst.“
    Der Maler blickte nachdenklich vor sich nieder. Nach einiger Zeit spielte ein überlegenes Lächeln um seine Lippen.
    „Sie sind ein Nobelmann“, entgegnete er, „und ich will Ihnen vertrauen. Ich verspreche Ihnen, nachzudenken und nachzuforschen. Sagen Sie mir also, wie lange Sie hier zu bleiben gedenken.“
    „Wie lange? Natürlich, bis ich eine Türkin habe!“
    „Schön! Und wo kann ich Sie finden?“
    „Auf meiner Jacht, welche unten im Hafen von Pera liegt. Sie kennen sie gleich heraus. Sie trägt meinen Namen und mein genaues Porträt.“
    „Doch nicht so, wie Sie hier sitzen?“
    „Ganz genauso!“
    „Ah! Das ist interessant“, lächelte der Maler.
    „Ja, ich bin sehr gut getroffen. Was sind Sie, Herr Normann? Landschafter? Porträtist?“
    „Porträtist.“
    „Das paßt ja herrlich! Wollen Sie mich malen?“
    „Hm! Wenn Sie es ernstlich wünschen, ja.“
    „Schön! Wir können gleich morgen beginnen. Und da ist es meine Eigenheit, einen Teil des Honorars pränumerando zu bezahlen. Erlauben Sie mir das?“
    „Gern allerdings nicht, es liegt das nicht in meiner Gewohnheit.“
    „Aber in der meinigen. Gestatten Sie mir also, diese Angelegenheit gleich jetzt in Ordnung zu bringen.“
    Er zog aus einer seiner vielen Taschen ein großes, dickes Portefeuille hervor, nahm daraus ein Kuvert und klebte es zu, nachdem er etwas hineingesteckt hatte. Dann reichte er es dem Maler hinüber. Dieser griff nur zögernd zu, mußte es aber doch nehmen, da der Lord über die Weigerung ernstlich bös werden wollte.
    „Also morgen“, sagte der letztere. „Kommen Sie am Vormittage. Und heute könnten wir – wie gesagt, ich finde Wohlgefallen an Ihnen. Haben Sie jetzt Zeit?“
    „Nur wenig mehr. Ich habe eine Sitzung.“
    „Auch ein Porträt?“
    „Ja. Und da Sie in dieser Weise freundlich mit mir sind, so will ich aufrichtig sein. Ich habe eine Dame zu
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