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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen
Autoren: Karl May
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Unterhaltung, welche zuerst ganz gewöhnliche Dinge zum Gegenstand hatte, auf Näherliegendes.
    Der Graf seinerseits erkannte sehr wohl, daß er dem Kapitän seine Rettung zu verdanken habe. Er hatte ihn als einen ebenso tatkräftigen wie aufopferungswilligen Mann kennengelernt. Er sagte sich ferner, daß ihm die weitere Mithilfe des Kapitäns von sehr großem Nutzen sein könne, und beschloß, aufrichtig gegen ihn zu sein und ihm zum Mitwisser seiner Schicksale zu machen. Aus diesem Grund antwortete er auf die verblümte Anfrage des Seemannes:
    „Sie haben bewiesen, daß ich Sie als Freund betrachten darf; ich bin nicht in der Lage, Ihre Bereitwilligkeit, uns Hilfe zu leisten, zurückzuweisen, und ich muß Ihnen einige Geheimnisse aus meiner Familie mitteilen, damit Sie selbst beurteilen können, in welcher Weise es Ihnen möglich ist, uns auch fernerhin nützlich zu sein.“
    Jetzt sah sich der Kapitän in das richtige Fahrwasser gebracht. Er stieß ein höchst zufriedenes Brummen aus, streckte die Beine behaglich von sich, schob ein neues Stück Kautabak in den Mund und sagte dann:
    „Señor, ich gebe Ihnen mein Wort, daß Sie sich auf mich verlassen können. Was Sie mir erzählen werden, soll kein Mensch weiter erfahren, wenigstens ohne Ihre Erlaubnis nicht, und was ich als einfacher Mann für Sie tun kann, das soll ganz sicher geschehen. Der gute Wille ist vollständig vorhanden.“
    „Nun wohl, mein lieber Señor Wagner! So sagen Sie mir zunächst, ob Sie vielleicht ein Schiff kennen, welches den Namen ‚La Péndola‘ führt?“
    Der Kapitän sann einen Augenblick nach und sagte dann:
    „‚La Péndola’? Ein spanisches Schiff? Ja. Ich habe es im Hafen von Portsmouth gesehen und bin ihm dann auch auf hoher See begegnet. Ich war damals noch zweiter Steuermann. Die ‚Péndola’ war als einer der besten Segler bekannt.“
    „Kannten Sie auch den Kapitän dieses Schiffes?“
    „Einen gewissen Landola? Ja. O, die Seeleute kennen einander alle. Er sollte ein Spanier sein, schien mir aber mehr das Aussehen eines Yankee zu haben.“
    „Wie hat Ihnen der Mann gefallen?“
    „Hm! Ich habe ihn in Portsmouth in einer Hafentaverne gesehen. Mir hat er keineswegs gefallen. Der Mann hat etwas Abstoßendes an sich. Wir Wasserratten kümmern uns zwar nicht viel um das Gesicht anderer Leute, aber die Augen dieses Mannes sind mir doch aufgefallen, zu seinem Vorteil aber nicht.“
    „Nun, dann frage ich Sie ferner, ob Sie nicht vielleicht ein anderes Schiff kennen, welche ‚Le Lion‘ der ‚Löwe‘ genannt wurde.“
    „‚Le Lion‘? Donnerwetter! Meinen Sie vielleicht den berüchtigten Seeräuber?“
    „Ja. Kapitän Grandeprise, nicht wahr?“
    „Allerdings. Und da fragen Sie, ob ich den nicht kenne? Den kenne ich ebensogut wie jeden anderen Seemann, und vielleicht noch ein wenig besser.“
    Im Schein der Schiffslaterne zeigte es sich, daß seine Brauen sich finster zusammenzogen und seine Augen zornig leuchteten. Erst nach einer Weile fuhr er fort: „Warum fragen Sie mich nach diesem Halunken?“
    „Weil er in meiner Erzählung, überhaupt in meinem Leben, eine große Rolle spielt.“
    „In dem meinigen auch, Señor. Zwar war diese Rolle nicht sehr groß, denn ich bin sehr bald wieder von ihm fortgekommen, aber –“
    „Fortgekommen?“ unterbrach ihn der Graf schnell. „Sind Sie bei ihm gewesen?“
    „Ja, freilich!“
    „Als Seeräuber?“
    „Ja“, nickte der Kapitän. „Als was anderes denn?“
    Er erhob sich, um seinen Kautabak grimmig über Bord zu spucken, und fuhr dann fort:
    „Das wundert Sie? Nicht wahr, nun ist Ihr ganzes Vertrauen weg? Nun können Sie mich nicht mehr für einen ehrlichen Menschen halten?“
    „Warum nicht?“
    „Nun, einen Seeräuber?“
    „Pah! Ich kenne einen, der ebenso wie Sie bei Kapitän Grandeprise in Diensten stand und doch ein sehr ehrlicher Mann ist.“
    „Ah, den möchte ich sehen!“
    „Hier sitzt er.“
    Bei diesen Worten zeigte der Graf auf den Gärtner, welcher bei ihnen saß. Der Kapitän blickte diesen betroffen an und fragte:
    „Sie? Sie sind auf dem ‚Lion‘ gewesen?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte.
    „Freiwillig?“
    „Gott und die heilige Jungfrau sollen mich bewahren! Ich wurde gepreßt.“
    „Gerade wie ich! Aber wie entkamen Sie?“
    „Auf eine sehr schlimme Weise. Ich gehorchte nicht und wurde deshalb als Sklave verkauft. Auf diese Weise kam ich nach Härrär, von wo ich mit dem Herrn Grafen entflohen bin.“
    „Alle Teufel, so
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