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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen
Autoren: Karl May
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den ganzen Zug übersehen konnten. Sie zählten genau, und als die Apachen vorüber waren, sagte der eine:
    „Zwanzigmal zehn und noch sechs Apachen und vier Bleichgesichter!“
    „Mein Bruder hat richtig gezählt, aber der ‚Fürst des Felsens‘ gilt hundert Apachen. Wohin gehen sie?“
    „Diese Richtung geht nach der Hacienda Verdoja. Der Präsident von Mexiko hat die Krieger der Comanchen gerufen, und nun wird der Verräter Juarez die Apachen gerufen haben. Sie gehen nach der Hacienda, wohin auch wir wollen, und werden die Reiter, die sich dort befinden, töten wollen. Morgen kommen viele Krieger der Comanchen; die Apachen sind verloren und werden uns ihre Skalpe geben müssen. Wir müssen unsere Freunde auf der Hacienda warnen, aber wir müssen auch den Hunden der Apachen folgen, um gewiß zu sein, was sie beabsichtigen.“
    „So trennen wir uns. Ich folge ihnen und mein Freund eilt nach der Hacienda.“
    „So soll es sein.“
    Sie glitten vom Baum herab und drangen bis zum Rand des Waldes vor. Dort überzeugten sie sich zunächst, daß kein Nachzügler zu erwarten war, und dann traten sie auf die offene Prärie hinaus.
    Jetzt konnte man beide genau erkennen. Es waren zwei Comanchen im vollen Kriegsschmuck. Sie trugen nicht das Häuptlingsabzeichen, aber sie waren jedenfalls keine gewöhnlichen Krieger, sonst hätte man ihnen nicht die schwierige Aufgabe anvertraut, das Terrain zu sondieren und auf der Hacienda Verdoja die Ankunft der verbündeten Comanchen anzusagen.
    Die Sonne war im untergehen, und in der Ferne verschwand jetzt der lange, schlangengleiche Zug der Apachen.
    „Mein Bruder beeile sich, ihnen zu folgen. Er muß sie stets vor Augen haben, denn es wird nun so dunkel, daß man sich nicht auf die Fährte verlassen kann.“
    Der andere eilte, ohne eine Antwort zu geben, vorwärts. Ein Kriegskundschafter hat selten ein Pferd bei sich, da ihm dasselbe oft hinderlich sein würde. So war es auch hier, und da der Apache als Fußgänger in dem weiten Raum der Prärie nur einen verschwindenden Punkt bildete und jede Art der Deckung benutzen konnte, so war es ihm leicht, selbst jetzt, da es noch hell war, sich den Apachen zu nähern, ohne von ihnen bemerkt zu werden.
    Sein Kamerad blickte ihm eine Weile nach und schritt dann in westlicher Richtung davon. Die Apachen machten, um unbemerkt zu bleiben, einen Umweg; der Comanche konnte sich direkt nach den Weideplätzen der Hacienda wenden und kam dort also eher an, als sie, obgleich sie beritten waren.
    Er war wohl noch nie in dieser Gegend gewesen, aber sein Instinkt und ein Rundblick über den Horizont ließen ihn erraten, wo die Hacienda liegen werde, und er hatte auch wirklich die genaue Richtung dahin eingeschlagen.
    Er eilte mit den langen, elastischen Schritten vorwärts, welche man bei einem Indianer, wenn er Eile hat, beobachtet. Es wurde bald dunkel, aber er eilte weiter, als ob er jeden Fußbreit dieser Gegend kenne. Er sah schließlich verschiedene Herdenfeuer, welche die Vaqueros angezündet hatten, um sich zu erwärmen und die wilden Tiere abzuhalten; er hielt sich von ihnen fern, obgleich er als Freund kam und also niemand zu fürchten hatte. Er schlich sich unbemerkt zwischen den Herden hindurch und erreichte die Hacienda.
    Dort weideten die Pferde der Dragoner, an den Vorderbeinen eng gefesselt, und vor der Umzäunung, welche jede Hacienda besitzt, lagen die Krieger um mehrere Feuer. Der Comanche duckte sich zur Erde, schlich nahe an sie heran und stand plötzlich mitten unter ihnen, wie aus der Erde emporgefahren.
    Dies tut der Wilde auch dann gern, wenn er zu Freunden kommt, denn wer es versteht, sich unbemerkt anzuschleichen, der wird für einen guten Krieger gehalten. Die Dragoner erschraken beim Anblick der dunklen Gestalt, sprangen empor und griffen zu den Waffen, indem sie ihn sofort umringten.
    Bei diesen Zeichen der Feindseligkeit machte er eine geringschätzige Handbewegung, blickte sich ruhig im Kreis um und fragte:
    „Fürchten sich die Bleichgesichter vor einem einzelnen roten Krieger?“
    Einer der Dragoner, welcher die Abzeichen des Unteroffiziers trug, antwortete:
    „Pah, wir fürchten uns vor hundert Roten nicht! Wer bist du?“
    „Können die Bleichgesichter die Kriegsfarben der roten Männer nicht unterscheiden?“
    „Ihr seid viele hundert Stämme, und der Teufel kann sich da die Malereien alle merken; aber wie mir scheint, bist du ein Comanche?“
    „Ich bin es. Wo ist der Häuptling der Weißen?“
    „Du meinst
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