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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III
Autoren: Karl May
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daß es mir voller Ernst war.“
    „Entsetzlich! Sie sind kein Señor, kein Mensch, sondern ein Tyrann!“
    „Nein. Ich besitze im Gegenteil ein sehr weiches Herz, tausche aber nicht gern Wachs für Eisen ein. Beides hat Berechtigung, aber jedes nur zu seiner Zeit. Wenn es sich nicht nur um die Freiheit so vieler Menschen handelt wie damals, sondern um Blutvergießen, um Leben und Tod, pflege ich keiner Laune zu folgen, selbst wenn es die Laune einer jungen und ‚hübschen‘ Dame wäre.“
    „Warum legen Sie den Ton so auf dieses Wörtchen hübsch? Fanden Sie mich damals häßlich?“
    „Nein.“
    „Ihr Verhalten ließ es mich aber sehr vermuten.“
    „Weil das Ihrige nicht hübsch war. Sie gingen von der noch warmen Leiche Ihres Verlobten wie von einem Braten, der für den Herd geschlachtet worden ist.“
    „Ich liebte ihn nicht mehr. Also hübsch fanden Sie mich doch? Und jetzt? Haben Sie nicht bemerkt, daß ich mich verändert habe?“
    „Ja. Sie sind schöner geworden.“
    „Und das sagen Sie in einem so eisigen Ton? Sie sind wirklich ein entsetzlicher Mensch und ganz derselbe wie damals geblieben. Ich bin schöner, Sie aber sind nicht besser und gefühlvoller geworden. Aber gerade Ihre Kälte, Ihre Härte hat mir schon damals imponiert.“
    „Sprechen wir nicht von mir, sondern von Ihnen. Wie ist es Ihnen seit damals gegangen? Haben Sie sich immer wohl befunden?“
    „Ja.“
    „Sie bereuten nicht, das Weib eines Wilden geworden zu sein?“
    „Zunächst nicht, denn er hielt Wort. Ich bekam alles, was er versprochen hatte, Gold, Edelsteine, einen Palast und sogar auch ein Schloß.“
    „Ach! Ich weiß zwar, daß es Indianer gibt, welche das Lager großer Schätze kennen, aber daß der Häuptling sein Versprechen so streng nehmen werde, das dachte ich damals nicht. Er war also wirklich so reich, wie er sagte?“
    „Ja. Er trug viel Gold zusammen, woher, das weiß ich heute noch nicht; er hat es mir niemals sagen wollen. Jedenfalls holte er es aus den Bergen, wo es noch heute viele alte Stollen und Adern geben soll. Wir verließen die Sonora und zogen an die Grenze von Arizona und Neu-Mexiko. Dort liegt das Schloß. Es ist ein gewaltiger Aztekenbau, den außer mir noch kein Bleichgesicht gesehen hat. Zehn Yuma-Indianer, welche von ihrem Häuptling nicht lassen wollten, zogen nebst ihren Frauen und Kindern mit. Es war sehr, sehr einsam da oben, und ich sehnte mich nach der Stadt. Wir gingen also nach Franzisco, auch schon des Palastes wegen. Ich bekam ein Haus.“
    „Sie Glückliche! Wo ist Ihr Mann?“
    „In den ewigen Jagdgründen“, antwortete sie gleichgültig.
    „Was war die Ursache seines Todes?“
    „Ein Messer.“
    „Bitte, erzählen Sie! Ich bin außerordentlich gespannt darauf. Er war ein Indianer, aber ein tapferer, braver und ehrlicher Mann. Er hielt mir treulich Wort, und ich habe immer gern an ihn gedacht.“
    „Was soll ich da erzählen! Die Sache ist sehr einfach. Ich wurde in Frisco bald bemerkt; man besuchte mich; man machte mir den Hof, und das wollte er nicht dulden. Wir waren eines Tages auf Besuch bei einem Haziendero; es waren noch andere Herrschaften geladen. Dabei gab es einige sehr interessante Caballeros und Offiziere, welche sich mit mir beschäftigten. Die Messer wurden gezogen. Der Caballero erhielt einen Stich in den Arm, mein Mann aber einen in das Herz.“
    „Und Sie? Was fühlten, was dachten, was taten da Sie?“
    „Ich? Was sollte ich tun! Wissen Sie nicht, daß eine Frau, deren Mann unter solchen Umständen stirbt, eine von anderen Frauen beneidete Berühmtheit wird? Das Band, mit welchem ich mich so leichtsinnigerweise an den Wilden gefesselt hatte, war zerrissen, und ich hatte meine kostbare Freiheit wieder.“
    Diese Herzlosigkeit war empörend. Sie fuhr in ruhigem Ton fort:
    „Ich genoß sie natürlich mit vollen Zügen. Ich hatte das Spiel kennengelernt und brauchte nun nicht mehr um die Erlaubnis zu bitten. Ich gewinne fast stets, so oft ich spiele, und was die Liebe betrifft, nun, so habe ich jetzt, wenn ich heimkehre, einen neuen Bewerber, der so in Fesseln liegt, daß er mich um meine Hand gebeten hat.“
    „Auch ein Offizier?“
    „Nein, sondern ein junger, sehr hübscher und hochgebildeter Caballero, welcher fast die ganze Erde und besonders den Orient bereist hat, und dem soeben eine Erbschaft von einigen Millionen zugefallen ist.“
    „Wetter noch einmal! Da haben Sie freilich Glück!“ rief ich aus, innerlich hocherfreut, denn ich
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