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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III
Autoren: Karl May
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männliche Stimme englisch.
    „Redet!“ forderte sie den Sprecher auf.
    „Ich habe Mrs. Silverhill mitzuteilen, daß sich die drei Personen, auf welche Ihr wartet, hier befinden. Mein Sohn hat es mir sofort gemeldet. Er ist da angestellt, wo sie vernommen worden sind.“
    „Vernommen? Haben sie sich an die Behörde gewendet?“
    „Allerdings.“
    „Um zu erfahren, ob Mr. Hunter wirklich nach Indien gereist ist?“
    Er zögerte mit der Antwort und meinte dann zweideutig:
    „Von der Reise ist auch mit die Rede gewesen. Ich habe Euch nur zu sagen, daß die drei da sind; weiter erstreckt sich mein Auftrag nicht. Höchstens könnte ich Euch die Namen sagen, die Euch aber schon bekannt sein werden.“
    „Ich kenne sie noch nicht.“
    „Nun, der Indianer ist der Apachenhäuptling Winnetou.“
    „Winnetou?“ fragte sie im Ton des Erstaunens. „Den kenne ich freilich. Ich habe ihn früher gesehen.“
    „Sodann ein Engländer, welcher Bothwell heißt –“
    „Ist mir fremd.“
    „Und der deutsche Präriejäger ist der Westmann, welcher Old Shatterhand genannt zu werden pflegt.“
    „Old Shat-ter-hand!“ rief sie, nach jeder Silbe innehaltend. „Das – das – das ist ja – kommt, kommt schnell heraus!“
    Ich hörte eine Tür gehen, und es wurde still. Die Jüdin hatte den Boten in ein anderes Zimmer geführt, damit ich das Weitere nicht verstehen sollte. Meine Rolle als Old Firefoot war ausgespielt. Der Mann, mit welchem sie jetzt sprach, war jedenfalls der Händler, bei welchem Melton, der Onkel, gewohnt hatte. Als er den Namen Old Shatterhand nannte, war ihr eingefallen, daß dies der meinige sei und daß ich nicht Old Firefoot heiße. Sie hatte mich damals in der Sonora mit Winnetou beisammen gesehen und wußte nun, daß ich der Deutsche sei, dem, ihrer Meinung nach, das Erbe Hunters zufallen mußte, falls er nicht nach Indien ging. Und sie hatte mir so vertrauensvoll erzählt, daß er wirklich die Absicht hatte, hier im Land zu bleiben! Ich war neugierig, was sie nun tun werde.
    Es dauerte fast eine Viertelstunde, ehe sie wiederkam. Ihre Wangen waren bleich; in ihren Augen glänzte ein drohendes Licht; sie befand sich in großer Aufregung, gab sich aber Mühe, dies nicht merken zu lassen.
    „Señor, Sie haben den Teil des Gespräches gehört, welcher da im Nebenzimmer stattfand?“ fragte sie mich.
    Ihre Stimme zitterte. Sie mußte sich sehr anstrengen, ihren Zorn zurückzuhalten.
    „Ja“, antwortete ich ruhig.
    „So haben Sie also gelauscht!“
    „Fällt mir nicht ein. Sie waren so gütig, mit dem Mann nebenan zu sprechen, und nur ein vollständig Tauber hätte da nichts hören können.“
    „Gut, ich war unvorsichtig. Aber Sie haben mich belogen! Sie nannten sich Old Firefoot!“
    „Steht es mir nicht frei, mir einen Kriegsnamen zu geben, der mir gefällt und beliebt?“
    „Aber Sie sind Old Shatterhand!“
    „Man nennt mich allerdings auch bei diesem Namen.“
    „Warum haben Sie ihn mir nicht genannt?“
    „Weil ich keinen triftigen Grund dazu hatte.“
    „Sie haben mich getäuscht. Wissen Sie, wie ich das nenne? Eine Dame in dieser Weise zu hintergehen, das ist –“
    „Bitte, schweigen Sie!“ unterbrach ich sie schnell. „Ich dulde von Ihnen kein beleidigendes Wort. Sie sind die Braut eines Schwindlers. Was hindert mich, Sie der Polizei zu übergeben?“
    „Wer oder was Sie hindert? Das werde ich Ihnen gleich zeigen. Warten Sie einen Augenblick. Ich habe vorher dem Boten nur ein Trinkgeld zu geben, und meine Börse liegt im Schlafzimmer. Dann sollen Sie hören, was ich Ihnen zu sagen habe!“
    Sie verließ das Boudoir durch eine mir und dem Diwan gegenüberliegende Tür. Ich hörte ein leises Geräusch, als ob ein Riegel vorgeschoben werde. Schnell huschte ich nach der Tür und klinkte; sie öffnete sich nicht. Nun eilte ich leisen Schrittes durch das Boudoir zurück und hinaus in das Nebenzimmer. Auch dieses war von außen verschlossen. Da die Jüdin durch dasselbe zu mir zurückgekehrt war, mußte die Indianerin, ihre Dienerin, den Schlüssel im Schloß umgedreht haben.
    „Ah, sie hat dich gefangen, um auszureißen!“ lachte ich mir selbst zu. „Sehr gut! Sie mag gehen!“
    Ich öffnete ein Fenster und sah hinaus, doch so, daß ich von unten nicht gesehen werden konnte. Kaum waren fünf Minuten vergangen, so kam sie unten aus der Tür. Sie hatte in größter Eile Toilette gemacht, und jedenfalls all ihr Geld und ihre Wertsachen zu sich gesteckt. Ihre Gestalt war in
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