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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II
Autoren: Karl May
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weiter zurück gewesen, so wäre ich zerquetscht, vollständig zermalmt worden – nämlich der schwere Stein war eingesunken; der von uns durchbohrte Sand, auf welchem er stand, hatte ihn nicht mehr halten können und war zusammengebrochen. Wohl zwei Ellen tief steckte der Stein in dem Boden; er war nicht gerade, sondern schief in demselben eingesunken, und infolgedessen hatte er – ich hätte laut aufjubeln mögen! – – – hatte er die Felsenspalte soweit freigegeben, daß ich hineinschlüpfen und zu meinen Gefährten konnte.
    Meine Gefährten! Himmel! An diese hatte ich jetzt gar nicht gedacht, sondern nun an mich allein! Wie stand es mit ihnen? Lebten sie noch, oder lag einer von ihnen unter dem Stein? Ich eilte in die Spalte und lauschte einen Augenblick. Da hörte ich zu meiner großen Freude unter mir die dumpf klingende Frage des Englishman: „Also kein Sand?“
    „Nein, sondern Felsen“, antwortete der Apache ebenso dumpf.
    „Es war aber doch vorher Sand da, durch den er sich gearbeitet hatte!“
    „Ja. Es ist der Stein, der von oben herabgebrochen ist.“
    „Himmel! So ist er zermalmt worden!“
    „Zermalmt oder erstickt! Winnetou würde sein Leben geben, um seinen Bruder zu retten, aber kein Mensch kann durch diesen Stein! Die Sonne des Apachen ist untergegangen im fernen Land, und seine Sterne verlöschen in – – –“
    „Verlöschen in dem Licht des Tages, welcher hier oben aufgehen will!“ fuhr ich an seiner Stelle fort, indem ich mich niederbückte, um da unten gehört und verstanden zu werden.
    „Scharlih!“ rief, nein, brüllte er förmlich.
    „Winnetou!“
    „Er lebt, er lebt, er ist da oben!“
    „Ja, er lebt! Hinauf zu ihm!“ stimmte Emery bei.
    Im nächsten Augenblick sah ich beim ersten Schimmer des Tages, welcher in die Spalte fiel, die beiden aus der Tiefe tauchen. Winnetou nahm mich von vorn, Emery von hinten; ich wurde hin und her gezogen und gedrückt, daß es mir fast noch banger wurde als vorhin, wo mir unter der Erde die Luft ausgehen wollte.
    „Scharlih, mein Bruder!“ die drei Worte nur sagte der Apache; aber der Ton, in welchem er sie aussprach, galt mir mehr als die allerlängste Rede. Emery machte mehr Worte, meinte es aber nicht weniger herzlich.
    „Wo kommst du aber her?“ fragte er endlich, nachdem er sich beruhigt hatte. „Wir hielten dich für verloren, erstickt da unten im Sand, und nun bist du hier oben!“
    „Ich habe mich hindurchgearbeitet. Steigt heraus, und seht, wie es gekommen ist!“
    Sie bemerkten erst jetzt, daß das Licht des Tages durch die Spalte drang, und folgten mir hinaus.
    „Die Höhle ist offen!“ meinte Emery, indem er jetzt viel leiser sprach als vorher, denn nun wir uns nicht mehr in der Spalte und unter der Erde befanden, galt es, vorsichtiger zu sein. „Ach, gerade das, was dich scheinbar in Gefahr brachte, hat uns freigemacht. Wir sind gerettet!“
    „Gerettet!“ nickte der Apache, der mich noch immer bei der Hand hielt. „Meine Brüder mögen mit mir kommen und ihre Gewehre holen!“
    Dies taten wir, und dann erst nahmen wir uns die Zeit, das Wadi zu überblicken. Was waren die Uled Ayun doch für Menschen! Sie hatten drei so gefährliche Gefangene, wie wir waren, und dennoch schliefen sie alle; kein einziger Posten war zu sehen.
    Links sahen wir die Reitkamele, und in den Lanzenpferche lagen die Pferde, die ich am Tag so bewundert hatte. Die Menschen lagen einzeln oder in kleinen Gruppen zwischen den Schafen und anderen Weidetieren, welche entweder auch schliefen, oder dumm in den beginnenden Tag hineinstierten.
    „Pferde oder Kamele?“ fragte mich Winnetou.
    „Pferde“, antwortete ich. „Kommt hinter mir her!“
    Ich legte mich auf den Boden nieder und kroch auf die Pferde zu; die beiden anderen folgten mir. In der Nähe des Pferches angekommen, hielt ich an und flüsterte ihnen zu:
    „Wartet hier, bis ich euch winke. Wir drei zugleich würden die Tiere unruhig machen; wir dürfen sie nicht schnauben lassen.“
    Ich sah mich noch einmal vorsichtig um. Kein Schläfer hatte sich erhoben; niemand war aufgewacht. Rechts von mir, dreißig Schritte entfernt, stand ein Zelt, in dem der tiefste Schlaf wohnte. Geradeaus lag ein zweites in noch größerer Entfernung, dann weiterhin ein drittes.
    Weiter kriechen durfte ich nicht, um die Pferde nicht aufzuregen; ich mußte es vielmehr wagen, mich zu erheben und aufrecht zu ihnen zu treten; das tat ich dann auch, indem ich mich ihnen langsam und wie ein
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