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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II
Autoren: Karl May
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Bekannter näherte.
    Nun kam die Hauptsache. Jedes edle arabische Pferd hat ein sogenanntes Geheimnis, und jeder Besitzer eines solchen Tieres pflegt es durch eine sich täglich wiederholende Eigentümlichkeit an sich zu gewöhnen. Meist besteht sie darin, daß man dem Tier einen Teil irgendeiner Sure in die Ohren flüstert. Und da man selten eine Sure betet, ohne vorher die Fattha zu beten, so trat ich zwischen die beiden mir nächsten Pferde, liebkoste sie durch Streicheln der Mähne und begann, halblaut die Fattha herzusagen. Die Pferde, und nicht nur die beiden allein, spitzten die Ohren und ließen kein Zeichen der Unruhe hören oder sehen.
    Ich suchte die drei besten aus und sattelte sie, eins nach dem anderen, was weit über eine halbe Stunde in Anspruch nahm. Nun galt es, sich mit Wasser und irgendwelchem Proviant zu versehen. Ich sah mich um. In dem Augenblick trat ein Beduine aus dem dritterwähnten Zelt, blickte gegen Osten, breitete seine Arme aus und rief mit lauter Stimme:
    „Allah il Allah! Auf, ihr Gläubigen, zum Gebet des Morgens, denn El Isfirar, der gelbe Schimmer des Tages, ist erschienen!“
    Im Nu wurde es im Lager lebendig. Die Schläfer erhoben sich. Da durfte keine Minute, keine Sekunde, kein Augenblick verloren werden. Ich zerschnitt einige Palmenfaserstricke des Pferchs, um einen Ausgang zu verschaffen, und schwang mich in einen Sattel; im nächsten Moment saßen Winnetou und Emery auf den beiden anderen Pferden. Wir jagten, ohne einen Laut, einen Ruf hören zu lassen, davon, das Wadi empor.
    Alle Beduinen, die sich erst jetzt den Schlaf aus den Augen gerieben hatten, standen starr vor Schreck. Selbst denen, an welchen wir vorüber mußten, fiel es nicht ein, sich uns entgegenzustellen. Dann aber brach ein wahrer Höllenskandal hinter uns los. Wir hörten alle Ausrufe des Schreckens und des Entsetzens, welche die arabische Sprache besitzt, aber gar nicht lange Zeit, denn unsere edlen Rosse fegten mit der Geschwindigkeit von Pfeilen mit uns dahin, so daß der Lärm nach einer Minute schon für uns verklungen war. Sobald das steile Ostufer des Wadi uns eine dazu geeignete Stelle bot, ritten wir hinauf und trieben unsere Pferde zu noch größerer Eile an, um, wenn die Verfolger die Stelle erreichten, schon so fern zu sein, daß sie uns nicht erkennen konnten.
    Wer noch nie auf einem solchen Pferd saß, und das wird wohl bei den meisten Menschen der Fall sein, der hat keine Ahnung von der Schnelligkeit eines echten und in der freien Wüste oder Steppe aufgewachsenen arabischen Rosses. Man sage, was man wolle, ich behaupte doch immer und immer wieder, es kommt ihm keines unserer berühmtesten Rennpferde gleich. Wir ritten nebeneinander und saßen dabei so ruhig und gleich im Sattel, daß wir eine Übung im Schönschreiben hätten vornehmen können, ohne einen einzigen falschen Strich zu tun. Das Gesicht des Apachen glänzte vor Entzücken.
    „Scharlih“, rief er mir zu, „denkst du an deinen Hatatitla (Blitz)?“
    „Und du an deinen Iltschi (Wind)?“ nickte ich.
    Das waren die beiden Indianerhengste, welche wir drüben in der Savanne geritten hatten, die zwei vortrefflichsten Pferde, die mir drüben vor die Augen und unter die Hände gekommen waren, und dennoch jauchzte er:
    „Hundert solche Hatatitla und hundert solche Iltschi für ein einziges von den Pferden, die wir jetzt reiten. Selbst der große Manitou reitet in den ewigen Jagdgründen kein besseres!“
    Die berühmten Ruinen von El Khima flogen rechts an uns vorüber. Als unser Flug eine Stunde gewährt hatte, ritten wir langsamer, und doch war keine Spur von Schaum an den Mäulern und kein Tropfen Schweiß an den schönen Gliedern unserer Pferde zu sehen. Wir mußten ihre Kräfte schonen.
    Nach einer halben Stunde sah Winnetou sich wieder um und rief: „Zwei Reiter hinter uns. Das sind Verfolger!“
    Ich hielt an und sah zurück. Die Reiter waren weit zurück; der eine hatte einen bedeutenden Vorsprung vor dem anderen; beide aber ritten mit ungeheurer Schnelligkeit; ja, es waren Verfolger!
    „Wieder Galopp!“ sagte ich. „Wir müssen soviel Zeit gewinnen, daß die beiden noch weiter auseinanderkommen.“
    Nun fegten wir wieder wie vorher dahin. Ich erkannte bald, daß ich wirklich die drei besten Pferde ausgewählt hatte, die Verfolger kamen uns nur sehr langsam näher, obgleich sie gewiß alle Kräfte ihrer Pferde anstrengten, was wir nicht taten. Der eine, welcher zurückgeblieben war, zeigte wohl kaum eine größere
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