Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
jrößer.“
    „Aber er hat euch wieder gefangen, anstatt ihr ihn!“
    „Dat war nur Verstellung von uns. Wir taten nur so, um ihn hierher in dat Loch zu bringen, wo er oft und manchmal in Brand jeraten ist.“
    „Flunkere nicht, Bursche!“
    „Herr, ick bin aus Stralau am Rummelsburger See, wo nie jeflunkert wird. Fragen Sie meinen Herrn! Der hat ihm voran in dat Loch jesteckt.“
    „Jawohl!“ bestätigte der Privatgelehrte. „Die Erde tat sich unter mir auf, und ich verlor den Grund und Boden, lateinisch Jolum genannt – – –“
    „Sie sind ein unverbesserlicher Faselhans“, unterbrach ihn Hammer, „und fassen jedes Ding, lateinisch Res genannt, beim falschen Ende an. Meine Geduld mit Ihnen, lateinisch Placabilitas, Clementia und auch Mansuetudo geheißen, ist nun zu Ende. Ich mag von Ihnen nichts mehr wissen!“
    Morgenstern stand mit offenem Mund da, als er unerwartet lateinische Brocken an den Kopf geworfen bekam. Hammer aber hatte seine Worte zuletzt nicht mehr ernst gemeint und wandte sich, innerlich lachend, von dem Verblüfften ab.
    Der Gambusino und Perillo hatten jetzt die Höhe erstiegen und sahen da zu ihrem Entsetzen die sechs Männer stehen, von denen sie wieder zurück- und hinabgetrieben wurden. Unten angekommen, wurden sie zu dem Vater Jaguar gebracht. Sie widerstrebten nicht, denn der fürchterliche Schmerz, den ihre entsetzlichen Brandwunden verursachten, machte jeden Widerstand völlig unmöglich. Ihr Anblick war grauenhaft. Alle ihre Kleidungsstücke waren ihnen bis auf einige Zunderfetzen vom Leibe gebrannt, und schwere, unheilbare Wunden bedeckten alle ihre Glieder. Es gehörte gar nicht das Auge eines erfahrenen Arztes dazu, um einzusehen, daß diese Verletzungen tödlich seien.
    „Benito Pajaro, kennst du mich noch?“ fragte Hammer den Gambusino.
    „Ja“, antwortete dieser, von Qualmen gefoltert. „Ich bin der Mörder deines Bruders. Töte mich, aber so rasch wie möglich!“
    „Das wäre eine Wohltat für dich. Wieviel Menschen hast du auf deinem Gewissen? Erst gestern abend wieder drei! Gott hat gerichtet: ich bin gerächt und greife ihm nicht vor. Du bist frei und kannst gehen, wohin du willst.“
    „Töte mich, töte mich!“ forderte der Gefangene im dringendsten Ton, denn auch er sah ein, daß ein schneller Tod eine Gnade für ihn sei.
    „Nein!“ antwortete Hammer fest.
    „So fahre selbst zum Teufel, und sei verflucht!“
    Indem er diese grausigen Worte aussprach, entriß er dem unvorsichtig neben ihm stehenden Anton Engelhardt das geladene Doppelgewehr, legte blitzschnell auf den Vater Jaguar an, drückte ab und jagte dann sich selbst, ehe man es verhindern konnte, die zweite Kugel durch den Kopf. Zum Tod getroffen, brach er zusammen; er hatte als beispielloser Bösewicht gelebt und als solcher geendet, aber doch seine letzte Absicht nicht erreicht, denn Hammer war ebenso schnell, wie auf ihn gezielt worden war, zur Seite gesprungen und der Kugel entgangen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, deutete er auf Antonio Perillo und sagte zu Haukaropora: „Hier steht der Mörder deines Vaters. Er ist dein.“
    „Er gehört auch mir!“ fiel da der kleine Gelehrte ein. „Er hat in Buenos Aires auch meine Ermordung, lateinisch Trucidatio, geplant.“
    Niemand hörte auf ihn. Der Inka sah dem Stierkämpfer finster in das angst- und schmerzverzerrte Gesicht und sagte dann: „Ich will nicht hart, sondern gnädig sein. Er soll nicht lange Qualen erleiden, sondern rasch sterben.“
    Er legte sein Gewehr auf den Mörder an. Da sank dieser vor ihm in die Knie und flehte ihn an: „Nicht töten, nicht töten! Laß mich leben!“
    „Gut, so lebe noch, um nach zwei oder drei Tagen wie ein Hund zu sterben“, antwortete Hauka, indem er sein Gewehr senkte und sich verächtlich von ihm wendete.
    Kein Mensch bekümmerte sich um den Feigling, welcher zwischen den Steinen zusammenbrach und da wimmernd liegenblieb. Man wollte gern erfahren, welche Vernichtung das Feuer in der unterirdischen Kammer angerichtet hatte. Es hatte die Decke derselben zersprengt und da einen Riß in den Felsen getrieben, durch welchen noch jetzt der Rauch ausströmte. Dadurch war eine Art Ventilation entstanden, welche den Stollen von schädlichen Gasen reinigte und es ermöglichte, daß man schon nach einer Stunde denselben betreten konnte. In die Schatzkammer aber vermochte niemand den Fuß zu setzen; der Boden derselben war verschwunden und durch die Gewalt der Explosionen mit allen Schätzen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher