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330 - Fremdwelt

330 - Fremdwelt

Titel: 330 - Fremdwelt
Autoren: Jo Zybell
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Finger nachgeben.
    Der Laserstrahl fauchte durchs Unterholz, schlug im Brückengeländer neben Schiefhals ein. In Sekundenschnelle stand die Brücke in Flammen. Workel wich zurück, sein Haar brannte, er schrie vor Schmerzen.
    Sein Schrei gellte nicht nur dort unten im Dschungel, sondern tönte auch hier oben in dieser bläulichen Dunkelheit, aus der Matt das alles beobachtete und in der er doch zugleich ganz und gar Ohr und Auge und Nerven und Muskeln war. Ganz genau spürte er das Gewicht der Laserpistole in seiner Hand, spürte den Stich eines Insekts, die Dornen, die ihm durch die Hose in die Haut drangen, und roch auch deutlich den Gestank verbrannten Haares.
    Er sprang auf, sah den schreienden Gegner durch die Flammenwand springen und in den Fluss stürzen. Workel zog eine Schleppe aus Rauch und Feuer hinter sich her.
    Matt drehte sich um, wollte weiter dem Fluchtimpuls folgen, tiefer in den Dschungel hineinzulaufen. Doch warum eigentlich? Der Gedanke entstand hier oben in der blauen Düsternis, aus der heraus Matt beobachtete und in der er fühlte und spürte, was Matt unten im Dschungel fühlte und spürte. Warum sollte er noch fliehen? Er hatte doch jetzt, was er wollte: die Laserpistole. Er hatte doch so gut wie gewonnen.
    Er drehte sich um, lief zum Flussufer. Vielleicht war das Unbegreifliche, das ihm hier und jetzt wiederfuhr, ja auch nur ein Wettbewerb, ein Traumwettbewerb eben. Und vielleicht konnte er diesen Albtraum ja ganz schnell beenden, indem seinen Gegner tötete.
    Doch welche Rolle spielte eigentlich Xij Hamlet in diesem Traum? Er hatte sie seit dem Einschlafen nicht mehr gesehen.
    Auf dem Strom sah er ein Kanu vorbeitreiben – gegen die Strömung! Es blieb in der Mitte des Flusses stehen, und auf seiner anderen Seite griffen verzerrte Hände nach dem Kanurand, tauchte ein verzerrter Schädel auf.
    Workel! So wie Matt sich eine Brücke und eine Laserpistole herbeigewünscht hatte, hatte der Schiefhals ein Kanu entstehen lassen, um sich zu retten.
    Matt glaubte die Regeln dieses bizarren Spiels durchschaut zu haben. Er hob die Laserpistole, zielte auf das Kanu, in das Workel schon sein rechtes Bein geschwungen hatte, und drückte ab. Der Strahl erfasste den Bug des Bootes, es brannte lichterloh. Der Indio ließ es los und das brennende Kanu trieb nun mit der Strömung davon.
    Matt beobachtete den Fluss. Zwei Wellenfurchen zogen sich durch das Wasser zum Ufer hin. Matt sah genauer hin – es waren zwei Krokodilrücken! Die Tiere schwammen Seite an Seite und krochen ins gegenüberliegende Ufergestrüpp. Jemand hielt sich an ihren Schwanzspitzen fest: Workel.
    Matt hob die Waffe und zielte erneut. Inzwischen fiel das, was er hier oben in der blauen Düsternis dachte und wollte, ohne jeden Zeitverlust mit dem zusammen, was er dort unten im Dschungel tat.
    Workel sprang auf, hechtete ins Unterholz. Matts Laserstrahl gleißte auf. Es zischte am anderen Ufer, Dampfwolken stiegen auf. Der Indio erschien zwischen den Bäumen, spannte einen Bogen. Im letzten Moment ließ Matthew Drax sich fallen. Der Pfeil knallte über ihm in einen Baumstamm.
    Matt robbte durchs Gestrüpp, richtete sich auf den Knien auf, hob die Waffe und zielte über den Fluss. Der Schiefhals stand zwischen den Bäumen des Uferwaldes, spannte gerade den nächsten Pfeil ein. Und dann sah Matt die Krokodile – sie ließen gerade die Flussmitte hinter sich und strebten dem Ufer entgegen, an dem sich aufhielt.
    Matt Drax fluchte, senkte die Waffe ein wenig und schoss auf eines der beiden Krokodile. Im nächsten Moment wurde ihm klar, dass die Tiere nur als Ablenkung fungiert hatten. Er hörte es sirren, ließ sich gedankenschnell fallen – als der nächste Pfeil auch schon hinter ihm im Gehölz einschlug.
    Au, verdammt! Er hatte sich in einen Dornbusch fallen lassen, und schmerzhaft bohrten sich ihm lange Dornen durch die Kleidung in Bauch und Schenkel.
    Gleichzeitig mit dem Schmerz drängte sich wieder ein Verdacht in den Vordergrund seines Denkens, den er im Jagdfieber verdrängt hatte: Wenn er alle Schmerzen seines Avatars auch hier im blauen Halbdunkel körperlich spürte, musste er dann nicht befürchten, auch körperlich zu sterben, wenn sein Gegner einen tödlichen Treffer setzte? Oder ein Krokodil nach ihm schnappte?
    Matt dachte daran, dass es gut wäre, eine tragbare Deckung zu haben, und zog im nächsten Moment einen Holzschild aus dem Gestrüpp. Ein Pfeil schlug darin ein, kaum dass er ihn anhob. Matt wollte nicht warten,
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