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330 - Fremdwelt

330 - Fremdwelt

Titel: 330 - Fremdwelt
Autoren: Jo Zybell
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flussabwärts – auch das konnte Matt Drax im blauen Halbdunkel jetzt beobachten – zerrte Workel im seichten Uferwasser Xij an den Haaren aus dem Fluss. Sie hatte ihm wohl den Kampfstab in den Unterleib gerammt und danach schwimmend versucht zu entkommen.
    Umsonst. Nun hatte der große Schiefhals endlich, wonach er schon die ganze Zeit gierte. Er begann, Xij die wenigen Kleider vom Leib zu reißen. Matt, in der dunklen Bläue über dem Fluss, schnürte es das Herz zusammen.
    Tauch schon auf!
    Auf der Brücke und rechts und links davon am Flussufer sammelten sich die Doppelgänger-Indios, spannten ihre Bogensehnen, hoben ihre Speere, warteten auf ihren Gegner.
    Tauch endlich auf!
    Matts Gedanken und Gefühle konzentrierten sich zu einem einzigen stummen Schrei. Eisen umhüllte ihn plötzlich, durchsichtiges Kunstglas trennte ihn vom dunklen Wasser.
    Dann tauchte aus dem Fluss auf. In der Linken hielt er einen schweren Raketenwerfer. Ein Geschoss löste sich daraus, fauchte hoch zur Brücke und schlug mit urgewaltigem Krachen ein. Die Klone hatten keine Chance gegen eine Waffe, die noch kein Indio je gesehen hatte – und die auch Matt nur aus Comics, Filmen und Rollenspielen kannte.
    Er hatte an den Battletech aus »Avatar« gedacht, an eine jener humanoiden Science-Fiction-Rüstungen, die ein Mensch aus dem Cockpit heraus lenkte. Ein eiserner Gigant, ein mechanisch-elektronischer Krieger: acht Meter hoch und fast drei Meter breit. Hinter einer Kunstglaskuppel im Brustteil hockte Matt Drax nun und steuerte die Glieder und Waffenmodule seines roboterähnlichen Avatars.
    Ein Hagel von Pfeilen und Speeren prasselte auf ihn nieder, bevor auch die letzten Indios im wahrsten Wortsinn untergingen – als die Brücke in den Fluss stürzte.
    Matt wuchtete das rechte Eisenbein seines Battletechs aus dem Fluss. Mit weiten Sätzen sprang er dann flussabwärts, bis er das Gestrüpp erreichte, wo der große Schiefhals über der zierlichen, halbnackten Xij lag. Die wehrte sich verzweifelt – strampelte, biss, schlug, kratzte.
    Matt griff mit der Rechten seiner HiTech-Rüstung nach Schiefhals Workel und riss ihn empor, weg von Xij. Workels Haar war verbrannt, und als er verblüfft den halb verkohlten Schädel wandte, sah Matt, dass seine linke Augenhöhle zugeschwollen und von einer Blutkruste bedeckt war – die Folgen des Laserbeschusses und des Angriffs mit dem Ast ganz zu Beginn des Kampfes.
    Matt wollte ausholen mit seinem mechanischen Eisenarm, um den Vergewaltiger gegen den Stamm des nächstbesten Urwaldriesen zu schleudern, doch Xij Hamlet reagierte schnell auf ihre so unverhofft wiedergewonnene Bewegungsfreiheit: Sie sprang auf, riss einen Speer aus dem Waldboden und warf ihn nach dem zappelnden Indio. Er fuhr Schiefhals in die Brust und beendete sein Albtraumleben.
     
    Das Bild verschwamm plötzlich – Xij, der Fluss, der Dschungel, der Indio am eisernen Arm – alles löste sich auf. Das dämmrige Blau wurde heller, verschwand schließlich ganz, und Matt merkte auf einmal, dass er sich wieder bewegen konnte.
    Jemand grunzte, Matthew hob den Kopf. Vorn am Portal des sechseckigen Raumes erhob sich Faultier von der Türschwelle. Dahinter, jenseits der Treppe auf dem Vorplatz, richteten sich einige Indios auf, blinzelten und rieben sich die Augen wie Leute, die gerade aus einem Traum erwachten.
    Schlagartig begriff Matt Drax: Sie hatten alles mit angesehen. Aber nicht so wie er, nicht als Beteiligte, die alles spürten, rochen und fühlten, sondern so wie Zuschauer eines Films. Auch Faultier.
    Der schaukelte jetzt grunzend an ihm vorbei, griff nach dem Teddy. Der strahlte jetzt keinerlei Licht mehr aus. Faultier schlug den Plüschkopf erneut gegen den Stamm in der Mitte des Raums. Offenbar funktionierte Teddy nicht mehr wie gewünscht. Vielleicht hatte der ganze verdammte Zauber auch deswegen so schlagartig aufgehört, und nicht, weil sie Workel erledigt hatten.
    Matt richtete sich auf seiner Holzliege auf, blickte nach draußen. Dort erwachten die Indios nach und nach. Er sah zu Workel. Der hünenhafte Indio schien tot zu sein; sein verzerrter Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr.
    Auch Xij hatte sich jetzt aufgesetzt. Sie sah arg mitgenommen aus, blutete aus der Nase und aus Kratzwunden am Hals. Sie verständigten sich ohne Worte: Matt deutete mit dem Kinn auf die Laserpistole auf der Brust des Schiefhalses und dann zum einzigen Fenster im Raum. Xij nickte.
    Weil der Teddy trotz etlicher Schläge immer noch nicht
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