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330 - Fremdwelt

330 - Fremdwelt

Titel: 330 - Fremdwelt
Autoren: Jo Zybell
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standen, und betrachtete sie aus großen verzerrten Augen. Sein schnabelartiger Mund begann zu zucken, als würde er angestrengt nachdenken. Doch Matt war sich sicher, dass er genau das nicht tat, und schon gar nicht angestrengt.
    Schließlich wandte der massige Krummkerl sich ab und schaukelte an der Reihe der Wettkämpfer vorbei bis zu deren anderem Ende. Dort blieb er erneut stehen. »Chef!«, rief er. »Chef, Chef!« Dann packte er die Kordel, die aus dem Bauchnabel seines Teddys hing, und zog sie langsam heraus.
    Das tat er sehr sorgfältig und hörte erst auf damit, als der Anschlag erreicht war. Dann ließ er sie los und begann erneut, die Reihe der Wettkämpfer abzuschreiten. Geradezu würdevoll diesmal, und die Stimme aus dem Inneren des Stofftieres begleitete seine Schritte.
    »Oso de peluche esta triste!« – » Teddy ist traurig« , schnarrte es auf der Höhe des dritten Indios in der Reihe. Sofort sprangen die Verzerrten, die hinter ihm standen, diesen an, hielten ihn fest – und rammten ihm einen Speer in die Brust.
    Matt Drax war schockiert von der Brutalität und Plötzlichkeit der Aktion. Neben ihm schrie Xij erschreckt auf. Die Indios am Rand des Platzes klatschten in die Hände, und es hörte sich eher höflich als begeistert an.
    »Teddy hat Hunger«, schnarrte die Kunststimme auf der Höhe des sechsten Wettkämpfers, einem Springer. Die Indios hinter ihm wussten sofort, was sie zu tun hatten: Sie packten ihn und zerrten ihn über den Platz in Richtung der Tierställe.
    »Was soll das?«, empörte sich Xij lautstark. Workel, der hinter ihr stand, legte einen Finger auf die verzerrten Lippen und macht »Psst«. Xij beugte sich zu Matt. »Der hat sich doch weiter über den Fels geschwungen als du«, flüsterte sie, und Matt hörte die Angst in ihrer Stimme. »Er kann doch nicht als Verlierer gelten …?«
    Wildkatzen brüllten von den Ställen her. Es hörte sich irgendwie hungrig an. »Sie werfen ihn den Bestien zum Fraß vor«, sagte Matt erschüttert. »Vergiss jede Logik, Xij. Hier geht es nicht um Sieger oder Verlierer, nur um Willkür. Genauer: um den Willen dieses Teddys.«
    Längst hatte er begriffen, dass sich Faultier den lächerlichen Sprüchen unterordnete, die der Mechanismus des Stofftiers abspulte. In diesem Fall waren die Wettkämpfer betroffen, an denen Faultier gerade vorüberschritt.
    »Pero, no pierdes la cabeza«, schnarrte Teddy auf Höhe eines Affenkämpfers drei Indios vor ihnen. » Wer wird denn gleich den Kopf verlieren?« Workels Leute rissen ihn ins Gras und zückten ihre Messer. Sie schnitten zuerst seine Kehle durch und begannen danach, ihm den Kopf abzutrennen. Die Indios am Dorfrand applaudierten verhalten.
    Matt und Xij wandten sich ab; der Anblick war zu grauenhaft, um ihn zu ertragen. Xij Hamlet starrte auf ihre Füße und Matt schielte nach der Laserpistole auf der Brust des Schiefhalses, doch der stand krumm und breitbeinig da und schnitt eine Grimasse, die nicht nur totale Kampfbereitschaft, sondern auch völlige Siegesgewissheit zum Ausdruck brachte. Zwei seiner Jäger reckten nicht von ungefähr ihre Speere in Matts Richtung.
    Der Mann aus der Vergangenheit duckte sich wie zum Sprung. Triff eine Entscheidung, bevor es zu spät ist , dachte er. Das Adrenalin schien in seiner Blutbahn zu kochen.
    Auf einmal stand Faultier mit seinem Teddy direkt und vor ihm und Xij, und das kleine blaue Stofftier mit dem weißen Bauch und dem rosa Schnäuzchen schnarrte: »Ich hab dich lieb …«
    Faultier stand still, schaute irgendwie erheitert drein. Alle hinter Matt und Xij und am Rande des Dorfplatzes schienen den Atem anzuhalten. Xijs Kopf flog herum. Sie sah Matt an, halb skeptisch, halb erfreut; so als wollte sie sagen: Na also, geht doch!
    Und wirklich: Auch Faultier freute sich. Er grunzte und hüpfte und rief etwas, das Matts Translator nicht übersetzen konnte. Jubel brach aus. Alle auf dem Dorfplatz, die noch nicht standen, sprangen auf und grölten. Und Faultier schwang den Teddy, tanzte und grunzte immer wieder das einzelne Wort, das Matts Translator jetzt endlich mit »Sonderrunde!« übersetzte. Wieder und wieder grunzte er dieses Wort: »Sonderrunde, Sonderrunde …!«
    ***
    Spätsommer 2522
    » Und nun gehe er zurück zu seinesgleichen«, sagte der Roboter. Er redete ein bisschen so, wie der gute Doc Ryan geredet hatte, wenn er einen Satz vorlas und wichtige Worte betonen wollte.
    »Schon klar«, sagte Brainless Kid. Er konnte es noch immer nicht fassen.
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