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328 - Flucht aus dem Sanktuarium

328 - Flucht aus dem Sanktuarium

Titel: 328 - Flucht aus dem Sanktuarium
Autoren: Mia Zorn
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Grao’sil’aana tauchte bis zum Kinn ein.
    So kauerte er eine Zeitlang, spähte in das schummrige Grün über sich, lauschte. Noch immer hallte es durch diese fremde Welt, wenn auch leiser jetzt: ein klagendes Heulen, ein Jaulen fast. Was war das? Er blickte sich um, fühlte sich beobachtet. War jemand hinter ihm her? Hatte dieser Jemand womöglich die Vogelmonster auf ihn gehetzt?
    Gleichgültig. Eines der vier Forts, die er während des Sturzes in diese Hohlwelt entdeckt hatte, war sein Ziel gewesen. Es gab keinen Grund, dieses Ziel zu ändern.
    Als auch nach einer Viertelstunde keine gefährlichen Kreaturen mehr auftauchten, kroch Grao aus dem Wurzeltrichter und setzte seinen Weg fort: durch dieses exakt fünf Kilometer durchmessende Weltenfragment, das die Hydriten beim ersten Testeinsatz ihres Flächenräumers aus irgendeiner zukünftigen Zeit und irgendeinem Erdteil gerissen hatten. Das jedenfalls hatte Mefju’drex von dieser kuppelförmigen Hohlwelt berichtet, die er Sanktuarium genannt hatte.
    Grao’sil’aana kletterte auf einen der Urwaldriesen. In der Krone scheuchte er ein Rudel Pelztiere auf. Sie sahen Stachelrochen ähnlich, entfalteten pelzige Schwingen, setzten von Ast zu Ast, flogen schließlich in den benachbarten Baum.
    Vom Wipfel aus sah der Daa’mure, was er sehen wollte: das Fort, das er ursprünglich anvisiert hatte. Er hatte einen Bogen durch den Wald beschrieben seit seiner Landung hier unten, war dem Fort aber dennoch schon ein Stück näher gekommen.
    Nachdem er sich orientiert hatte, kletterte wieder zurück ins Unterholz und schlug die Richtung ein, in der er die Anlage ausgemacht hatte. Auf Schritt und Tritt begleitete ihn das deutliche Gefühl, beobachtet zu werden.
    ***
    Der Rundturm, etwa achtzig Meter hoch, war der höchste Punkt des Forts. Ein Sendemast ragte von einer ehemals verglasten Funkzentrale auf. Auf Scherben und Trümmern kletterte Grao’sil’aana bis zur Spitze hinauf. Er wollte sich einen Überblick über das Fort verschaffen.
    Oben angekommen, spähte er erst einmal senkrecht zum Zenit der Hohlweltkuppel hinauf. Schummrige Lichtschleier, durchsetzt mit farbigen Dunstschwaden, verhüllten den Blick auf die Öffnung, durch die er zuerst in einem Aufzug hinab gefahren und dann, nachdem die Clarkisten die Zugseile gekappt hatten, in Gestalt eines Todesrochen hinab geschwebt war. Das Loch lag zu hoch, als das man es hätte erkennen können – mindestens eintausendsiebenhundert Meter, schätzte Grao’sil’aana.
    Eigentlich gab es viele Gründe, die Öffnung da oben zu meiden: das Capitol der Clarkisten darüber, die Operationstische und Kühltruhen, und Clarktown II selbst inmitten der bitterkalten Antarktis. Doch leider konnte sich Grao’sil’aana den Luxus nicht leisten, diesen momentan unsichtbaren Punkt da oben zu ignorieren. Denn dorthin musste er notgedrungen, wenn er diese Hohlwelt hinter sich lassen wollte. Einen anderen Ausweg gab es nicht. Doch um dieses Ziel dort oben zu erreichen, brauchte er erst einmal die nötigen Mittel. Denn fliegen konnte er nicht; leider.
    Er blickte auf den Gebäudekomplex hinab. Grao’sil’aana hatte gehofft, Primärrassenvertretern zu begegnen; jemandem, der ihm sagen konnte, wie man die gewaltige Höhe zum Einstieg dieser unterirdischen Hohlwelt überwinden konnte. Aber hier wohnte niemand mehr.
    Der Daa’mure hatte es gleich gemerkt, als er den Palisaden-Schutzwall überwunden hatte. Schon der war brüchig, lückenhaft und mit Gestrüpp überwuchert gewesen – und dahinter hatten ihn lediglich Ruinen erwartet. Nicht durch natürlichen Zerfall entstanden, sondern durch mutwillige Zerstörungen.
    Alles, was Grao bisher gesehen hatte, erzählte von Gewalt: zerbrochene Fenster, zertrümmerte Dächer, eingerissene Mauern, eingetretene Türen. Nein, es gab keinen Zweifel: Hier hatten Kämpfe getobt.
    Grao’sil’aana spähte über den Dschungel hinweg zur Mitte dieser unheimlichen und von gespenstischem Licht durchwirkten Welt. Dort, weniger als zweitausend Meter entfernt, erhob sich ein von fluoreszierenden Baumwipfeln bedeckter Hügel von vielleicht fünfhundert Metern Höhe. Auf seiner Kuppe lag das nächste der vier Forts. Und am höchsten Punkt dieses Forts erhob sich das Gebäude mit der Aufzugstation.
    Sollte er versuchen, die zu erreichen? Doch was würde ihm das nützen – der Aufschlag des abgestürzten Metallkastens, mit dem er die ersten Meter hier heruntergefahren war, hatte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht
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