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319 - Paris - verbotene Stadt

319 - Paris - verbotene Stadt

Titel: 319 - Paris - verbotene Stadt
Autoren: Jo Zybell
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Tod klopfte bereits, wenn einer aufhörte, sich zu waschen, zu rasieren oder seine täglichen mentalen oder sportlichen Übungen zu machen.
    Ähnlich hielt sie es übrigens mit der Liebe. Wer herumvögelte, bekam grundsätzlich eine Disziplinarstrafe aufgebrummt. Jeanne verlangte Treue. Ein Paar in Schwierigkeiten wurde von seinem Capitaine zur Brust genommen, und wenn das nichts nützte, vom Obristen seiner Einheit. Trennung kam nur in Frage, wenn Jeanne selbst sich davon überzeugt hatte, dass die Beziehung keine Zukunft mehr hatte.
    So hielt sie es auch selbst. Viele begehrten sie, und natürlich vermisste sie Sex, und wie. Doch da gab es einen, den sie liebte, und der war weit weg. Dylan McNamara hieß er. Solange sie noch Hoffnung hatte, dass er lebte, hielt sie ihm die Treue. Da konnte ihr der charmante Rudolpho noch so schöne Augen machen.
    Sie sprach gerade mit einer jungen Frau, deren Regelblutung schon das dritte Mal nacheinander ausgeblieben war, als ihr Mobilport Alarm signalisiert. Der diensthabende Ortungsspezialist auf dem Dach der Westhalle funkte sie an. »Der vorgeschobene Beobachtungsposten am Flusshafen hat sich über UKW gemeldet.« Seine ruhige Stimme tönte aus dem Mobilport an Jeannes Handgelenk. »Chinesische Truppenbewegungen aus halbzehn nach sechs Uhr. Siebzehn Kilometer von Null.«
    Jeanne sprang auf und lief zur Westhalle. Unterwegs versetzte sie die Brigade in erhöhte Alarmbereitschaft.
    Am Tor zur Halle standen bereits drei Obristen, unter ihnen Rudolpho Juventus. »Che merda!«, rief er. »Die werden uns doch nicht entdeckt haben? Figli di puttana, verdammte!«
    Jeanne tadelte seine Flüche mit einem strengen Blick, antwortete aber nicht. Den drei Männern voran hastete sie die Wendeltreppe empor und kletterte auf dem Dach die Stiege bis zur Turmspitze hinauf. Der Wachhabende dort zeigte ihr die Ortungsreflexe auf seiner mobilen Anlage und reichte ihr dann den Feldstecher. Mit dem elektronischen Hochleistungsinstrument konnte man Kaninchen auf zehn Kilometer Entfernung beim Kopulieren zuschauen.
    »Mist!«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen aus, als sie die chinesische Einheit entdeckte. »Da kommen die Knechte der masters of war .« Sie reichte den Feldstecher an Rudolpho weiter. »Zehn Fahrzeuge, drei Lastkähne. Mindestens siebenhundert Mann. Kurz vor dem Wald, noch höchstens fünfundzwanzig Kilometer entfernt. Die Zweite Kompanie soll sie angreifen, bevor sie noch näher kommen. Und wir brechen mit sieben Gleitern und je zwölf Mann auf. Sofort!«
    ***
    Es stank entsetzlich. Die Tunnelwände waren feucht und bis auf das Licht einiger Stirnlampen herrschte ringsum Dunkelheit. Lola schob sich von rechts an Matt Drax heran. »Ich garantiere für nichts«, flüsterte sie. »Noch ein paar Minuten länger unter diesen stinkenden Rattenjägern und ich muss kotzen...«
    »Reiß dich zusammen!«, zischte Matt. Er drehte sich nach Grao’sil’aana um. In der Gestalt des Händlers Hermon schritt er dicht hinter ihm und verzog keine Miene. Der Daa’mure schien niemals nervös zu werden. Immerhin deckte er Matts Rücken, seit sie die Rats getroffen hatten.
    Wenige Schritte vor ihnen drehte der Scout der Rats sich um, ein sichtbar junges und deutlich männliches Knochengestell. Er lotste die seltsame Gruppe von Abzweigung zu Abzweigung, von Tunneleinmündung zu Tunneleinmündung und immer nach Norden. Außer Matt, Grao und Lola gehörten inzwischen etwa fünfzig in Lumpen gehüllte, abgemagerte und mit Kränzen und Ketten aus Rattenknochen und -schädeln behangene Gestalten und eine unübersehbare Schar dürren Katzen zu dieser Gruppe. Ihr Scout winkte sie in die nächste Abzweigung hinein.
    »Rats« hießen diese abgerissenen Hungergestalten, und die Katzen waren gewissermaßen ihre Jagdhunde. Schwer zu sagen, wer intensiver stank – diese räudigen Katzen oder ihre Herren und Herrinnen.
    »Wir sind gleich da«, verkündete der greise Häuptling der Rats, der neben Matthew lief. Offenbar hatte er Lolas Vorsatz, sich zu erbrechen, mitbekommen. »Watonga« nannte er sich. Ganz sicher wusste Matt nicht zu sagen, ob das sein Eigenname oder sein Titel war. Dass er den Namen jedoch schon in seiner eigenen Welt gehört hatte, das wusste er genau.
    Aus Lolas Schilderungen und den wenigen Worten des Rat-Häuptlings selbst hatte Matt nur so viel erfahren: Watonga war ein Dakota gewesen und der erste Führer einer Friedensbewegung, die vor hundertachtzig Jahren während des
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