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319 - Paris - verbotene Stadt

319 - Paris - verbotene Stadt

Titel: 319 - Paris - verbotene Stadt
Autoren: Jo Zybell
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Stockwerken war das unterste überflutet. An einer Wand fanden sie eine große Kupferschale. Die prächtige Aktgravur, mit dem sie sich in alten Zeiten den Platz an der Wand verdient hatte, war vollständig von Grünspan überzogen und nur noch in Umrissen zu erkennen. Grao riss die Schale herunter und klemmte sie sich unter den Arm.
    Von einer Mauer lösten sie Teile einer morschen und leidlich trockenen Holzvertäfelung ab, aus einem Loch im Boden Fetzen von Dämmstoff. Auch halb heruntergebrannte Kerzen fanden sie.
    Zurück im Boot, füllten sie das Brennmaterial in die Schale, legten ab und nahmen Kurs auf die offene Lagune. Wie schon zuvor, setzte Grao sich ans Heck des Bootes, bildete seine Beine zu Schwimmflossen aus und trieb so den morschen Kahn voran.
    Als sie bei der ungefähren Position angekommen waren – sie konnten sie nur anhand der Entfernung zu den Gebäuden bestimmen – entzündete Matt das brennbare Material mit einem kleinen Handlaserkolben; auch den würde er zurücklassen müssen. Schnell entwickelte sich eine träge fette Rußwolke, die, von leichtem Wind getrieben, über das Wasser schwebte. Ätzender Gestank nach verbranntem Dämmstoff, Wachs und Plastik breitete sich aus, der allein Grao nichts auszumachen schien, während Matt und Xij bald die Augen tränten.
    Die drei Gefährten hielten aufmerksam Ausschau; trotzdem dauerte es eine gute Viertelstunde, bis Grao auf eine Stelle etwa zwanzig Meter entfernt deutete. Dort schien der Rauch dicht über dem Wasser zu flimmern.
    Xij war schweigsam geworden in den letzten Minuten, und als sie sich nun auf das Phänomen zubewegten, sprach sie endlich aus, was sie beschäftigte: »Sollen wir wirklich durch das Zeitportal gehen? Wir wissen doch längst, dass der Weg nicht zum Flächenräumer zurückführt.«
    »Was wäre die Alternative?«, meinte Matt Drax. »In dieser Zeit können wir nichts gegen den Streiter ausrichten – weil der Wandler nie auf der Erde gelandet ist. Wir müssen zurück in unser eigenes Universum. Und auch nicht direkt zum Flächenräumer, denn dort bliebe uns nicht genug Zeit, noch etwas zu unternehmen.«
    »Also halten wir am ursprünglichen Plan fest?«, fragte Xij. »Die Vergangenheit zu ändern, um den Grundstein zur Vernichtung des Streiters zu legen?«
    Matt zuckte mit den Schultern. »Ich sehe keine andere Möglichkeit.«
    »Und wir müssen zusammenbleiben«, brummte Grao’sil’aana missmutig. »Die Zeitblase nimmt uns nur gemeinsam auf.«
    Ah, ich wusste es, fuhr es Matt durch den Kopf. Er hat es in Venedig getestet. Aber das sprach er nicht aus.
    Die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation war plötzlich mit Händen zu greifen. Wie viele dieser Parallelwelten gab es? Würden sie Jahre oder gar Jahrzehnte unterwegs sein, bevor sie sicher sein konnten, in ihrer eigenen Welt gelandet zu sein, und noch dazu in einer Epoche, in der es Sinn machte, den Zeitablauf zu ihren Gunsten zu verändern?
    »Bist du sicher, dass wir nicht wieder in Sodom ankommen?«, stellte Xij eine Frage, mit der sich auch Matt schon beschäftigt und deshalb eine Antwort parat hatte:
    »Die Zeitportale scheinen willkürlich miteinander verknüpft zu sein«, sagte er. »Darum wechselte auch ständig das Bild in der Blase im Flächenräumer. Darüber hinaus glaube ich nicht, dass wir zweimal an derselben Stelle herauskommen werden, sonst müssten wir uns ja selbst begegnen.«
    Xij nickte nachdenklich. »Was ein Paradoxon auslösen würde.« Sie seufzte. »Das Gute an deiner Theorie ist, dass wir nur lange genug die möglichen Welten abklappern müssten, um schließlich in der eigenen zu landen.«
    »Wir sind gleich da«, unterbrach Graos Stimme ihr Gespräch. »Anstatt Theorien zu wälzen, probieren wir es doch einfach aus.«
    Matt nickte; der lakonische Vorschlag des Daa’muren hatte etwas für sich.
    In Fahrtrichtung zeichneten sich im dunklen Rauch aus der Schale nun deutlich die flimmernden Umrisse der Zeitblase ab. Durch den gestiegenen Meeresspiegel lag das Portal statt in vier, nur noch in einem Meter Höhe.
    »Lassen wir uns einfach hineintreiben.« Matt warf den Handlaserkolben ins Meer und spannte sich an. »Wir werden sehen, was passiert.« Er versuchte zu lächeln, aber es wurde nur ein schiefes Grinsen daraus. »Wie würde Jeanne mit einem ihrer Dichter antworten? The answer, my friend, ist blowin’ in the wind. «
    Der Bug schob sich unter die Zeitblase. Sekunden später hatte das Boot die flimmernde Blase passiert und trieb ohne seine
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