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304 - Allein gegen alle

304 - Allein gegen alle

Titel: 304 - Allein gegen alle
Autoren: Sascha Vennemann
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und weitere innere Organe.
    Xij versank fast in dem bequemen Sessel. Unter Ächzen schaffte sie es, sich so weit aufzurichten, dass sie die Monitore mit dem Bild der Bugkameras im Blick hatte. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. »Sieht immer noch aus wie auf einer Postkarte, findest du nicht?«, sagte sie und nickte in Richtung des Bildschirm-Panoramas. »Weißt du, wo genau wir sind?«
    »Kann ich dir zeigen.« Matt hantierte am Bordcomputer und holte die ihnen so vertraut gewordene Karte der Alpen auf einen der Bildschirme. Der Weg, für den sie fast den gesamten letzten Monat gebraucht hatten, war darauf als rot gestrichelte Linie eingezeichnet. Sie führte von Neuschwanstein in Süddeutschland nach Osten. Die Gebirgskette der auch im Sommer schneebedeckten Alpen hatte verhindert, dass sie den direkten Weg ans Mittelmeer nehmen konnten. Hier lag die erste Etappe zu dem fernen Ziel – von dem Matt noch nicht einmal mit Sicherheit sagen konnte, ob es der todkranken Xij das Leben retten würde.
    Die Autobahntrasse bei Salzburg, auf die Matt zunächst seine Hoffnung gesetzt hatte, hatte sich als unpassierbar herausgestellt. Sie waren dort auf eine Horde der Wandernden Völker gestoßen und hatten sich mit ihnen über den besten Weg über die Gletscher beraten. Der »Otowajii«, wie die Nomaden die Überreste der mehrspurigen Schnellstraßen zu nennen pflegten, sei in sich zusammengefallen, von den ehemals angelegten Tunnels ganz zu schweigen.
    Matt war in den darauf folgenden Tagen sehr schweigsam gewesen, und Xijs kränkliche, aber verständnisvolle Blicke hatten gezeigt, dass sie es ihm nicht nachsah. Die Begegnung mit den Barbaren, die Verständigung in der Sprache der Wandernden Völker, das alles hatte ihn an seine langjährige Gefährtin Aruula erinnert.
    Er verdrängte die immer wieder aufkeimenden Gedanken an den Tod seiner Tochter Ann so gut es ging, aber es gelang ihm nur mäßig. In diesen Stunden funktionierte er einfach nur und dachte an nichts, damit er nicht im Schmerz verging.
    Dieser Weg über die Alpen war also versperrt, und so war ihnen nichts anderes übrig geblieben, sich weiter am Fuße des Gebirges Richtung Osten vorzuarbeiten, bis sie schließlich auf der Höhe von Wien eine Passage nach Süden fanden.
    Matts Finger zeichneten den letzten Teil ihrer Reise auf dem Monitor nach. »Wien – Graz – Ljubljana... und dann: Triest.«
    »Eine ganz schöne Abschiedstour, findest du nicht auch?« Xijs Kichern klang genauso gespenstisch, wie sie aussah.
    Matt schaltete den Monitor erneut zum Panorama der Frontsicht um und schnaubte verächtlich. »Nicht, wenn ich es verhindern kann. Wenn es mir gelingt, mit Quart’ol und Gilam’esh Kontakt aufzunehmen...«
    »… bist du dir immer noch nicht sicher, ob sie etwas für mich tun können«, unterbrach ihn Xij und langte über die Lehne des Beifahrersessels an seinen Unterarm. Ihre Augen schimmerten glanzlos. »Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du das alles für mich tust, das weißt du. Aber irgendwann wird vielleicht der Zeitpunkt kommen, an dem es vorbei ist. Einfach vorbei.« Sie lehnte sich zurück. »Zumindest mit diesem Leben.«
    Matthew nickte erst stumm, dann richtete er sich auf und sagte mit fester Stimme: »Noch ist es nicht so weit. Noch gibt es Hoffnung.«
    Hoffnung...
    Wieder schob sich Anns Gesicht vor sein geistiges Auge, und wieder musste ein leichter Tränenschleier dafür herhalten, damit das Bild seiner Tochter wieder verschwand.
    Sein derzeitiger Auftrag, an den er sich klammern konnte, war eindeutig und simpel: Xij musste geheilt werden, und nachdem selbst die Wunderdoktoren von Neuschwanstein nichts für die junge Frau hatten tun können, waren die Hydriten nun Matts letzte Hoffnung. Am Mittelmeer wollte er versuchen, mit ihnen in Kontakt zu treten.
    Zwar lebte das unterseeische Volk im Verborgenen, und es war auch nicht sonderlich gut auf die Menschen zu sprechen, die seit Jahrhunderten Jagd auf sie machten – aber seit Matt den Geist des Wissenschaftlers Quart’ol in sich getragen hatte, wusste er viel über die Hydriten und beherrschte auch deren Sprache.
    So war er sich sicher, dass im Mittelmeer mindestens eine größere Stadt und mehrere Stützpunkte existierten. Eine Möglichkeit, sie aufzuspüren, waren die Legenden über die »grausamen Fishmanta’kan«. Die Hydriten hatten sie selbst in Umlauf gebracht, um die Menschen einzuschüchtern. In Wahrheit waren die allermeisten Hydriten friedlich – bis auf
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