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300 - Unter Mutanten

300 - Unter Mutanten

Titel: 300 - Unter Mutanten
Autoren: Oliver Fröhlich
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und ihrer Tochter geradewegs in die Augen.
    Zumindest kam es Xanthippe so vor. Mama sah sie, musste sie sehen. Doch sie ließ sich nichts anmerken. Stattdessen richtete sie sich wieder auf, griff die Laterne und führte Friedjoff aus dem Raum.
    Hatte ihre Mutter sie doch nicht entdeckt? Oder hatte sie sie retten wollen? Dies war eine der Fragen, die Xanthippe auch Jahre später noch beschäftigen würden.
    Auch wenn ihr ganzer Körper inzwischen nach Sauerstoff schrie, zwang sie sich dazu, langsam aufzutauchen. Nur kein Geräusch verursachen. Kein Plätschern, kein gieriges Atemholen. Leise, ganz leise.
    Sie wagte es nicht, aus dem Bottich zu steigen. Nicht, solange sich ihr Oheim mit ihrer treulosen Mutter nebenan vergnügte. Selbst als sie den Baderaum eine halbe Stunde später verließen, blieb Xanthippe noch minutenlang regungslos stehen.
    Als sie dann doch hinausschlich, bewegte sie sich, wie von einer fremden Kraft gesteuert. Diese Kraft hieß Hass .
    Sie ging ins Obergeschoss und in die Arbeitsräume ihres Vaters, in denen sich seit seinem Tod nichts verändert hatte. Aus der Schublade einer Kommode holte sie eine Waffe hervor, die Fiites Freund Robuur ihm gegeben hatte. Einen Nadler. Nur wenige Tage vor Vaters Ermordung war Robuur ins Land der Skothen aufgebrochen, um aus einem unterirdischen Labyrinth weitere dieser Geräte zu holen.
    Außerdem schnappte sie sich das Messer, das direkt daneben lag. Mit ihm stieg sie ins Erdgeschoss und schlich ins Schlafgemach ihres Onkels. Neben seinem Bett blieb sie stehen. Selbst im Schlaf lag ein überhebliches Lächeln auf seinen Lippen.
    Sie trat näher heran und zog vorsichtig die Bettdecke weg. Der Oheim ließ nur ein grunzendes Schnarchen vernehmen, dann schmatzte er einmal und schlummerte friedlich weiter.
    Xanthippe hob das Messer und visierte die Brust des Mannes an. Dort, wo das Herz saß.
    Doch dann zögerte sie. Sie gönnte Friedjoff keinen schnellen Tod. Er sollte leiden. Sich für den Rest seines Lebens seiner Untaten erinnern. Jeden Tag, jede einzelne Minute!
    Ihr Blick glitt an seinem Körper herab. Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte. Er seufzte im Schlaf noch einmal wohlig auf, als sie ihre linke Hand um seine Klöten legte. Es sollte das letzte Mal sein, dass ihn jemand an dieser Stelle berührte.
    Sie wunderte sich selbst darüber, wie glatt und schnell die Klinge ihre Arbeit verrichtete - und wie heftig ein Mann dort unten bluten konnte.
    Das Quieken des Oheims hallte durch das Schlafgemach. Nun klang er wie vorhin noch seine Geliebte. Xanthippe ließ ihre Beutestücke achtlos fallen und rannte hinaus. Das Letzte, was sie hörte, bevor sie in der Nacht verschwand, waren Friedjoffs Schreie.
    »Thodrich! Her zu mir, Sohn! Schnapp sie dir! Bring mir Xanthippes Kopf. Thoooodrich!«
    ***
    Gegenwart, Juli 2527
    Mit einem Schrei fuhr Xij von der Pritsche hoch. Sie fühlte einen feuchten Film zwischen Nase und Lippen. Als sie darüber wischte, verschmierte sie Blut auf dem Gesicht.
    »Thodrich«, flüsterte sie.
    »Sssch!« Maddrax saß neben ihr, lächelte ihr zu und tupfte mit einem Tuch das Blut weg. Die Geste wirkte aufrichtig und tröstend, und sie bescherte Xij ein schlechtes Gewissen. Denn wenn im Augenblick jemand Trost brauchte, dann war es Matt.
    Nach und nach schüttelte sie die klebrigen Fäden der Erinnerung ab. »Nur ein Traum«, flüsterte sie. »Kein Grund zur Beunruhigung.«
    »Thodrich«, sagte er nachdenklich. »War das nicht der Kerl, der dich im Auftrag deines Onkels umbringen sollte?« [3]
    Sie nickte und ihr Schädel pochte.
    Dann erzählte sie ihm die ganze Geschichte. Nun ja, fast die ganze Geschichte. Ihren wirklichen Namen ließ sie weg. Der war ihr zu peinlich.
    Einzelheiten davon hatte sie Matt bereits im Laufe des letzten Jahres berichtet. Es war also nicht alles neu für ihn. Dennoch unterbrach er sie nicht, nickte gelegentlich und beschränkte sich ansonsten aufs Zuhören.
    »Thodrich ist einer der Söhne meines Oheims. Ich hab mich schon als kleines Kind vor ihm gegruselt, weil er so einen stechenden Blick hat. Obwohl er nicht der Hellste ist, hat er ein Talent dafür, dass Menschen tun, was er will. Nur bei seinem Vater hat das nie funktioniert, wahrscheinlich, weil der diese Gabe ebenfalls besaß. Onkel Friedjoff bevorzugte stets seine anderen Bastarde, die allesamt aus verschiedenen Schößen gekrochen sind.« Sie lachte auf. »O ja, mein Oheim war weithin bekannt für seine Potenz. Bis ich ihr ein Ende gesetzt
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