Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
»Jetzt ist alles aus. Fast.«
    Aber ich wusste, dass das noch nicht das Ende war. Denn irgendwo weit oben am Himmel, über den Wolken, in der kalten Sternenwelt, purzelte der absolute Andere Kostja Sauschkin in einem gestohlenen Skaphander herum. Er wollte ein Portal öffnen - und schaffte es nicht. Wollte die an ihm vorbeiziehende Weltraumstation erreichen - und schaffte es nicht. Wollte zur Erde zurückkehren - und schaffte es nicht. Denn er war eine Absolute Null. Denn wir alle sind Vampire.
    Und dort, jenseits der warmen, lebenden Erde, weit weg von Mensch und Tier, von Pflanzen und Mikroben, von allem, was atmet, sich bewegt, leben will - dort werden wir alle zu absoluten Nullen. Dort sind wir jener Gratiskraft beraubt, die es uns erlaubt, uns gegenseitig mit so schönen und grellen Blitzen zu befeuern, Krankheiten zu heilen und Unheil anzurichten, ein Ahornblatt in eine Banknote zu verwandeln und saure Milch in alten Whisky. Unsere ganze Kraft ist eine fremde. Unsere ganze Kraft liegt in unserer Schwäche.
    Und das war das, was der brave Junge Kostja Sauschkin nicht verstehen konnte und wollte.
    Ich hörte Sebulons Gelächter, weit, weit weg, in der Stadt Saratow, wo er in einem Gartencafe mit einem Glas Bier unter einem Sonnenschirm stand und in den Abendhimmel hinaufschaute - an dem er einen neuen, schnell dahinziehenden Stern suchte, der seine Bahn klar, aber nur kurz beschreiben würde. »Ich glaube, du weinst«, sagte Lass. »Nur ohne Tränen.«
    »Stimmt«, antwortete ich. »Ich habe keine Tränen, und ich habe keine Kraft. Ich kann kein Portal für den Rückweg öffnen. Wir müssen fliegen. Oder auf die Gruppe von Putzmagiern warten, vielleicht kann die uns helfen.«
    »Wer sind denn Sie?«, fragte ein Techniker. »Was geht hier eigentlich vor?«
    »Wir sind Inspektoren vom Gesundheitsministerium«, sagte Lass. »Und Sie sollten uns lieber mal erklären, wer auf die Idee gekommen ist, abgeernteten Hanf im Luftfänger des Entlüftungssystems zu verbrennen!« »W-was für Hanf?«, fing der Techniker an zu stottern.
    »Baumartigen!«, gab ich scharf zurück. »Gehen wir, Lass. Ich schulde dir noch ein paar Erklärungen.«
    Wir verließen den Saal. Ein paar Mitarbeiter und ein paar Soldaten mit Maschinenpistolen kamen uns entgegengerannt. Bei der enormen Aufregung achtete niemand auf uns. Vielleicht schützten uns aber auch die Reste des magischen Schilds. Am Ende des Ganges leuchtete kurz der rosarote Hintern des deutschen Weltraumtouristen auf: Hüpfend rannte er davon, den Finger immer noch im Mund. Ihm folgten zwei Männer in weißen Kitteln.
    »Hör mal«, sagte ich zu Lass. »Außer der normalen Menschenwelt, die du mit dem Auge sehen kannst, gibt es noch die Welt des Zwielichts. Und ins Zwielicht eintreten können nur diejenigen...«
    Ich schluckte und stockte. Ein Bild von Kostja tauchte wieder auf. Kostja, wie er vor langer Zeit einmal gewesen ist, dieser Vampirjunge, der nichts zustande brachte...
    »Guck mal, ich verwandel mich! Ich bin eine schreckliche Fledermaus! Ich fliege! Ich fliege!« Leb wohl. Du hast es in der Tat geschafft. Du fliegst.
    »Ins Zwielicht eintreten können nur diejenigen, die über etwas verfügen, das...«, fuhr ich fort.

Epilog
    Semjon betrat das Arbeitszimmer zusammen mit Lass, den er vor sich herstieß, als sei er ein kleiner Dunkler Zauberer, den er auf frischer Tat ertappt hatte. Lass fuchtelte mit einer fest zusammengerollten Papierröhre in den Händen herum und versuchte, sie hinter seinem Rücken zu verstecken.
    Semjon ließ sich in einen Sessel fallen. »Das ist doch dein Protege, Anton, oder?«, brummte er. »Dann kümmer dich gefälligst auch um ihn.« »Was ist passiert?«, fragte ich alarmiert.
    Lass blickte nicht im Mindesten schuldbewusst drein. Eher leicht verwirrt.
    »Den zweiten Tag im Praktikum«, sagte Semjon. »Die simpelsten und elementarsten Aufgaben. Die noch nicht mal was mit Magie zu tun haben...« »Was denn?«, wollte ich wissen.
    »Ich habe ihn gebeten, Herrn Sisuke Sasaki von der Tokioer Wache am Flughafen abzuholen...« Ich schnaubte.
    Semjon wurde puterrot. »Das ist ein völlig normaler japanischer Name! Auch nicht lustiger als Anton Sergejewitsch!«
    »Schon verstanden«, beschwichtigte ich ihn. »Ist das der Sasaki, der 1994 den Fall mit den Tierfrauen geleitet hat?« »Genau der.« Semjon rutschte nervös im Sessel hin und her.
    Lass stand nach wie vor neben der Tür. »Er ist auf der Durchreise nach Europa, will aber etwas mit Geser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher