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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts
Autoren: Sergej Lukianenko
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Sollte er doch.
    »Hast du Angst bekommen?«, fragte Kostja. »Du .. ja ... du bist ein Angsthase, Anton!« Ich schwieg.
    Und die Hohen schwiegen. Nein, vermutlich schwiegen sie nicht. Sie schrien, schimpften, verfluchten mich - weil ich die von ihnen gesammelte Kraft zum absoluten Schutz von mir selbst verschwendete.
    Wenn in diesem Moment über Baikonur eine Wasserstoffbombe abgeworfen werden würde, würde ich heil und unversehrt bleiben. In einer Wolke aus Plasma schwimmend, eingeschmolzen in einen kochenden Stein, aber absolut unversehrt. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll...« Kostja breitete die Arme aus. »Ich wollte dich doch nicht umbringen! Ich weiß doch noch, dass du einmal mein Freund gewesen bist!« Ich schwieg.
    Verzeih mir, aber ich kann dich jetzt nicht mehr als meinen Freund bezeichnen. Denn du darfst nicht das verstehen, was ich verstanden habe. Du darfst meine Gedanken nicht lesen. »Leb wohl, Anton«, sagte Kostja.
    Die Techniker kamen zu ihm und ließen die Scheibe des Druckhelms herunter. Er sah mich noch einmal durch das Glas an - verständnislos, gekränkt. Dann drehte er sich um.
    Ich dachte, er würde das Portal in den Kosmos jetzt gleich öffnen. Aber Kostja hatte sich in der Tat gründlich auf den Sprung vorbereitet. Gewiss, ich habe nie zuvor auch nur von dem Versuch gehört, sich an Bord eines in der Luft befindlichen Flugzeugs zu katapultieren. Geschweige denn auf eine Raumstation.
    Kostja ließ die Kosmonauten und Techniker einfach in ihrer Erstarrung zurück und ging aus dem Saal. Lass wich ihm aus, schielte zu mir hinüber und deutete mit dem Blick auf die Pistole. Ich schüttelte den Kopf, und er schoss nicht. Wir folgten ihm nur.
    Im Koordinationsraum saßen die Techniker und Programmierer irgendwie schlaftrunken hinter ihren Computern.
    Wann hatte er es geschafft, sie alle seinem Willen zu unterwerfen?
    Doch nicht gleich in dem Moment, als er in Baikonur angekommen war?
    Ein normaler Vampir bringt leicht ein oder zwei Menschen unter seiner Kontrolle. Ein Hoher kann es mit ein paar Dutzend aufnehmen.
    Aber Kostja war in der Tat zu einem absoluten Anderen geworden - der gesamte Betrieb des riesigen Raumfahrtzentrums drehte sich jetzt um ihn. Man brachte ihm irgendwelche Listen. Zeigte ihm etwas auf den Bildschirmen. Er hörte zu, nickte - und blickte noch nicht einmal in unsere Richtung.
    Ein kluger Junge. Mit solider Bildung. Er hatte erst Physik studiert, dann Biologie, aber Physik und Mathematik konnte er anscheinend immer noch etwas abgewinnen. Mir hätten diese Schemata und Graphiken nichts gesagt, aber er bereitete alles vor, um im Orbit ein Portal aufzuhängen. Mit magischen Mitteln in den Kosmos zu gelangen, das ist ein kleiner Schritt für einen Anderen, aber ein großer Sprung für die ganze Menschheit... Wenn er jetzt bloß nicht trödelte. Wenn Geser bloß keine Panik bekam.
    Wenn sie bloß auf einen atomaren Schlag verzichteten, denn der brachte nichts und war überflüssig. Völlig überflüssig!
    Kostja sah mich erst an, als er das Prisma des Portals öffnete. Blickte mich herablassend und beleidigt an. Die Lippen hinter der Scheibe seines Helms bewegten sich. »Lebe wohl«, las ich. »Lebe wohl«, wünschte auch ich ihm.
    Mit dem Behälter der Lebenserhaltungssysteme in der einen Hand und dem Aktenkoffer mit dem Fuaran in der andern betrat Kostja das Portal.
    In dem Moment erlaubte ich mir, den Schild zu senken. Die fremde Kraft brandete in den Raum, ergoss sich überall hin. »Wie willst du das alles erklären?«, fragte Geser.
    »Was meinen Sie?« Ich nahm auf dem nächstbesten Stuhl Platz. Ich zitterte am ganzen Körper. Wie lange reicht der Sauerstoff in einem leichten Skaphander, der nicht für einen Ausstieg im Weltall gedacht ist? Ein paar Stunden? Bestimmt nicht länger. Kostja Sauschkin würde nicht mehr lange leben.
    »Warum bist du sicher...«, setzte Geser an. Um dann zu verstummen. Ich meinte sogar, ein Gespräch zwischen ihm und Sebulon aufzuschnappen. In dem es um Befehle ging, die geändert werden müssten, um die Bomber, die ins Kosmodrom zurückkehren müssten. Um ein Team von Magiern, das die Spuren des Wahnsinns in Baikonur beseitigen sollte. Um eine offizielle Version für den geplatzten Start.
    »Was ist passiert?«, fragte Lass, während er sich zu mir setzte. Der Techniker, den er ohne zu fackeln von seinem Stuhl vertrieben hatte, sah sich begriffsstutzig um. Die Menschen in unserer Nähe kamen wieder zu sich. »Schluss«, sagte ich.
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