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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts
Autoren: Sergej Lukianenko
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städtischen Smog durchdrangen. Am andern Ufer des Flusses schimmerten die winzigen Fenster der hoflosen Hochhäuser. Von den hübschen Laternen, die sich die Anlegestelle entlangzogen, brannte jede fünfte - auch das nur, weil es dem großen Mann eingefallen war, am Fluss spazieren zu gehen. »Ich wiederhole es noch einmal«, sagte der Mann leise.
    Die Wellen klatschten an den Kai - und mit ihnen die Antwort. »Das ist unmöglich. Absolut unmöglich.«
    Den Mann am Ufer verwunderte die Stimme aus der Leere nicht im Geringsten. Er nickte. »Was ist mit den Vampiren?«, fragte er dann.
    »Stimmt, das wäre eine Möglichkeit«, räumte der unsichtbare Gesprächspartner ein. »Die Vampire könnten Sie initiieren. Wenn Sie sich mit einer Existenz als Untoter abfinden ... Nein, ich werde Sie nicht anlügen. Das Sonnenlicht ist ihnen unangenehm, tötet sie aber nicht, und auch auf Risotto mit Knoblauch müssen sie nicht verzichten...«
    »Was ist es dann?«, erkundigte sich der Mann, der unwillkürlich die Hand auf die Brust legte. »Die Seele? Die Notwendigkeit, Blut zu trinken?«
    Die Leere lachte leise. »Sie würden nur noch Hunger kennen. Ewigen Hunger. Und innere Leere. Das würde Ihnen nicht gefallen, das weiß ich.« »Was käme sonst in Frage?«, bohrte der Mann weiter.
    »Tiermenschen«, erwiderte der Unsichtbare fast amüsiert. »Sie sind ebenfalls in der Lage, einen Menschen zu initiieren. Aber auch bei Tiermenschen handelt es sich um eine niedere Form der Dunklen. Die meiste Zeit ist alles wunderbar ... Doch wenn ein Anfall naht, verlören Sie die Kontrolle über sich. Drei, vier Nächte im Monat. Manchmal seltener, manchmal öfter.«
    »Bei Neumond«, meinte der Mann mit einem verständnisvollen Nicken.
    Die Leere lachte erneut. »Nein. Die Anfälle der Tiermenschen sind nicht mit dem Mondzyklus verbunden. Sie werden das Nahen des Wahnsinns zehn bis zwölf Stunden vor der Verwandlung spüren. Aber einen genauen Zeitplan wird Ihnen niemand vorlegen können.«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte der Mensch kalt. »Ich wiederhole ... meine Bitte. Ich möchte ein Anderer werden. Und zwar kein niederer Anderer, den Anfälle tierischen Wahnsinns packen. Aber auch kein großer Magier, der große Taten vollbringt. Sondern ein ganz gewöhnlicher, einfacher Anderer... Was ist das in Ihrer Klassifikation? Siebter Grad?«
    »Das ist unmöglich«, antwortete die Nacht. »Ihnen fehlt jede Anlage zum Anderen. Wirklich jede. Ein Mensch kann Geige spielen lernen, selbst wenn er kein musikalisches Gehör hat. Er kann ohne die geringste Veranlagung Sportler werden. Aber Sie können kein Anderer werden. Sie gehören einfach einer andern Gattung an. Es tut mir sehr leid.«
    Der Mann am Ufer lachte. »Nichts ist unmöglich. Wenn die niederen Anderen in der Lage sind, einen Menschen zu initiieren, dann muss es auch eine Möglichkeit geben, mich in einen Magier zu verwandeln.« Die Dunkelheit schwieg.
    »Außerdem habe ich nicht gesagt, dass ich ein Dunkler werden möchte. Ich verspüre nicht den geringsten Wunsch, unschuldiges Blut zu trinken, Jungfrauen über Felder nachzujagen oder mit ekelhaftem Gelächter Schadzauber zu wirken«, sagte der Mann verärgert. »Ich würde viel lieber Gutes tun... Kurzum, Ihre internen Streitigkeiten sind mir völlig einerlei.« »Das...«, sagte die Nacht müde.
    »Das ist Ihr Problem«, erwiderte der Mann. »Ich gebe Ihnen eine Woche. Danach möchte ich eine Antwort auf meine Bitte bekommen.« »Bitte?«, hakte die Nacht nach.
    Der Mann auf der Uferstraße lächelte. »Ja. Noch bitte ich bloß.«
    Er drehte sich um und ging zu seinem Auto, einem Wolga, der etwa in einem halben Jahr wieder in Mode kommen würde. 

Eins
    Selbst wenn du deine Arbeit liebst: Am letzten Urlaubstag packt dich die Schwermut. Noch vor einer Woche hatte ich am sauberen Strand in Spanien geschmort, Paella gegessen (der usbekische Pilow schmeckt mir, wenn ich ehrlich sein soll, besser), in einem kleinen chinesischen Restaurant eisgekühlte Sangria getrunken (woran es wohl liegen mag, dass die Chinesen das spanische Nationalgetränk viel besser hinbekommen als die Eingeborenen?) und in Souvenirläden allerlei Quatsch für Touristen gekauft.
    Jetzt hatte mich das sommerliche Moskau wieder, das zwar gar nicht so heiß, dafür jedoch drückend und schwül war. Mein letzter Urlaubstag. Der Kopf kann schon nicht mehr abschalten, will aber auf gar keinen Fall an Arbeit denken. Vielleicht freute ich mich deshalb über Gesers
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