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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts
Autoren: Sergej Lukianenko
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Anruf.
    »Guten Morgen, Anton«, meinte der Chef, ohne sich zu melden. »Willkommen daheim. Wusstest du, dass ich es bin?«
    Seit einiger Zeit konnte ich spüren, wenn Geser anrief. Als ob sich das Klingeln des Telefons änderte, fordernder, machtvoller erscholl. Dem Chef hatte ich davon aber nichts gesagt. »Ja, Boris Ignatjewitsch.« »Bist du allein?«, erkundigte sich Geser.
    Eine überflüssige Frage. Ich war mir sicher, dass Geser genau wusste, wo Swetlana sich gerade aufhielt. 
    »Ja. Meine Mädels sind auf der Datscha.«
    »Eine schöne Sache.« Am andern Ende seufzte der Chef. In seine Stimme schlich sich ein durchaus menschlicher Unterton. »Olga ist heute Morgen auch in den Urlaub geflogen ... Die Hälfte aller Leute brät im Süden ... Könntest du nicht mal kurz ins Büro kommen?«
    Bevor ich etwas antworten konnte, fuhr Geser munter fort: »Prima! Dann also in vierzig Minuten.«
    Zu gern wollte ich Geser als billigen Aufschneider beschimpfen - aber natürlich legte ich erst einmal auf. Doch auch danach schwieg ich. Zum einen könnte der Chef meine Worte auch ohne jedes Telefon hören. Zum andern: Was auch immer der Chef sein mochte, ein billiger Aufschneider war er nicht. Er vergeudete bloß nicht gern Zeit. Wenn mir sowieso auf der Zunge lag zu sagen, dass ich in vierzig Minuten da wäre - wofür hätte er dann noch auf meine Antwort warten sollen?
    Außerdem hatte ich mich wirklich sehr über den Anruf gefreut. Der Tag war sowieso im Eimer. Ich würde erst in einer Woche auf die Datscha fahren. Für einen Wohnungsputz war es noch zu früh. Wie jeder Mann, der auf sich hält, tat ich das in Abwesenheit meiner Familie nur einmal: am letzten Tag meines Strohwitwerdaseins. Danach, jemanden zu besuchen oder einzuladen, stand mir absolut nicht der Sinn. Deshalb war es viel vernünftiger, den Urlaub einen Tag früher zu beenden, um zu gegebener Zeit reinen Gewissens meine Überstunden abbummeln zu können. Selbst wenn das bei uns nicht üblich ist.
    »Danke, Chef«, höhnte ich sarkastisch. Wohl oder übel stemmte ich mich aus dem Sessel hoch und legte das Buch, das ich gerade las, weg. Reckte mich. Dann klingelte das Telefon noch einmal.
    Klar, jetzt würde Geser anrufen und »Keine Ursache« sagen. Selbst wenn das nun wirklich kindisch war! »Anton, ich bin's.«
    »Swetka«, begrüßte ich sie, während ich mich wieder hinsetzte. Und mich anspannte: Swetas Stimme klang alarmierend. Besorgt. »Swetka, ist was mit Nadja?«
    »Es ist alles in Ordnung«, antwortete sie rasch. »Mach dir keine Sorgen. Sag mir lieber, wie es bei dir aussieht.«
    Einen Moment lang dachte ich nach. Ich hatte mich nicht besoffen, keine Frauen ins Haus geschleppt, die Wohnung nicht im Chaos versinken lassen, sogar das Geschirr abgewaschen... Dann kam ich drauf. »Geser hat angerufen. Gerade eben.« »Was wollte er?«, hakte Swetlana sofort nach. »Nichts Besonderes. Ich soll gleich mal ins Büro kommen.«
    »Anton, irgendwas spüre ich. Etwas stimmt nicht. Hast du eingewilligt? Fährst du in die Wache?« »Warum nicht? Mir fällt hier die Decke auf den Kopf.«
    Am andern Ende der Leitung (obwohl: was haben Handys für eine Leitung?) schwieg Swetlana sich aus. Nach einer Weile brachte sie dann unwillig hervor: »Es war wie ein Stich ins Herz. Glaubst du, dass ich Unheil wittern kann.« »Ja, o Große«, meinte ich schmunzelnd.
    »Das ist kein Witz, Anton!« Swetlana explodierte sofort. Wie immer, wenn ich sie Große nannte. »Tu mir den Gefallen ... Wenn Geser dich um etwas bittet, dann lehne ab.«
    »Sweta, wenn Geser mich ruft, dann hat er einen Auftrag für mich. Dann heißt das, er braucht Leute. Er hat gesagt, sonst seien alle im Urlaub...«
    »Er braucht Kanonenfutter«, fiel Swetlana mir ins Wort. »Gut... Anton, du hörst sowieso nicht auf mich. Sei einfach vorsichtig.«
    »Swetka, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Geser vorhat, mich ans Messer zu liefern«, gab ich zu bedenken. »Ich versteh ja, was du von ihm hältst...« »Sei vorsichtig. Unsertwegen. In Ordnung?« »Gut«, versprach ich. »Ich bin immer sehr vorsichtig.«
    »Ich rufe wieder an, wenn ich was spüre«, sagte Swetlana. Anscheinend hatte sie sich etwas beruhigt. »Und du ruf auch an, ja? Sobald etwas Ungewöhnliches passiert, ruf an. Abgemacht?« »Mach ich.«
    Swetlana schwieg einen Moment. Dann, bevor sie die Verbindung unterbrach, sagte sie: »Du solltest die Wache verlassen, Lichter Magier dritten Grades ...«
    Irgendwie gab sie verdächtig leicht
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