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297 - Die Zeit läuft ab

297 - Die Zeit läuft ab

Titel: 297 - Die Zeit läuft ab
Autoren: Sascha Vennemann
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jeder Einzelne zurückgreifen konnte. Diese gemeinsame emotionale Verbundenheit ging so weit, sich sogar ohne Worte verständigen zu können.
    Gonzales stieß einen Pfiff aus und brüllte einem der unter ihnen wartenden Arbeiter etwas entgegen. Der nickte verstehend und ging schnellen Schrittes Richtung Hallenausgang. »Das Problem sind die Bohrköpfe«, erklärte Gonzales an Victoria gewandt. »Wir können sie nicht so schnell herstellen, wie wir sie im Moment verschleißen. Ich lasse gerade den letzten holen, den wir noch auf Lager haben.«
    Victoria überlegte. Wenn ihnen die Ersatzteile ausgingen, bedeutete das nichts Gutes. Mutters Ankunft würde nicht mehr lange auf sich warten lassen, und wenn sie dann noch nicht fertig waren, konnte das Folgen für sie alle haben. Sicher, Mutter war gütig, das wussten sie alle, aber sie konnte auch hart und strafend sein.
    »Gibt es irgendeine Möglichkeit, das Material der Bohrköpfe noch widerstandsfähiger zu machen?«, fragte sie. »Kann das Metall noch besser ausgehärtet werden? Vielleicht eine andere Legierung?«
    Wieder schüttelte der Marsianer den Kopf. »Nein. Die Bohrköpfe bestehen bereits aus dem härtesten Material, das wir finden konnten. Die Speziallegierung für das Grundgerüst der CARTER IV hält schon sehr hohen Belastungen stand, und wir können froh sein, dass es uns gelungen ist, es in unserem eigenen Hochofen einzuschmelzen und zu verarbeiten.«
    »Was ist mit einer zusätzlichen Wasserzufuhr zur Kühlung des Kopfes und der Gestänge?«
    »Wir arbeiten schon jetzt am Limit, Victoria. Es nützt nichts, den Schacht zu fluten, im Gegenteil. Das Abraumgestein muss ja auch wegbefördert werden. Und wir müssen darauf achten, dass der Tunnel nicht einstürzt.« Gonzales atmete tief ein und massierte sich die Schläfen. Victoria verstand ihn gut. Seine Anspannung war auch die ihre. »Es tut mir leid, aber ich sehe keine andere Möglichkeit, als so weiterzumachen wie bisher«, schloss er.
    Victoria presste enttäuscht die Lippen aufeinander, fing sich aber schnell wieder. Sie trat zu dem müde wirkenden großen Mann hin und klopfte ihm auf die Rückenstützplatte seines Exoskeletts. Er lächelte zu ihr herab.
    »Kleine Fortschritte sind immer noch besser als gar keine«, versuchte sie ihn aufzumuntern. »Egal, wie lange wir noch brauchen - bis zu Mutters Heimkehr tun wir unser Bestes. Und wenn sie erst einmal hier ist, wird alles gut.«
    Gonzales legte ihr kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter. »Sie ist schon ganz nahe.« Ein seliger Ausdruck trat in seine Augen. Victoria konnte ihn sehr gut nachvollziehen. Der Gedanke an die Rückkehr Mutters zum Ursprung war schön.
    So schön, dass es sie nicht einmal störte, gar nicht zu wissen, was dann geschah.
    »Gehen wir wieder an die Arbeit!«
    ***
    Auf dem Atlantik
    Der Metallboden knarrte unter Kroows Gewicht, als das Hybridwesen aus General Arthur Crow und dem bionetischen Koordinator durch die engen Gänge der Fregatte stampfte.
    Das Kriegsschiff war groß und robust, zu seiner Zeit das Modernste und Stabilste, was die britische Marine hatte vorweisen können. Allerdings war es nun auch schon mehrere hundert Jahre alt, und Crow fragte sich wiederholt, ob nicht die Verstrebungen, die die einzelnen Decks stabilisierten, unter seinem enormen Gewicht reißen würden - vor allem, wenn er es in die komprimierte Form des menschlichen Körpers presste, den er in Erinnerung an sein früheres Leben als Mensch mit Vorliebe formte.
    Der Koordinator störte sich nicht daran. Sein Geist dümpelte in stoischer Zufriedenheit weit im Hintergrund des gemeinsamen Bewusstseins. Das bionetische Wesen hatte seinen Teil der Rache bekommen, war zurzeit wunschlos glücklich - wenn man es so nennen konnte.
    Es war ein glücklicher Zufall gewesen, dass Kroow auf die Besatzung der Fregatte und damit auf Jenny Jensen, Sir Leonard Gabriel und weitere von Mutters Kindern, wie sie sich nannten, getroffen war. An der Ostküste Meerakas, nahe des Potomac River und der Stadt Waashton(Washington, D.C.), hatte sich für Kroow das Blatt endlich einmal zum Guten gewendet.
    Seine Pläne, die Herrschaft über die Stadt endgültig zu übernehmen, waren zuvor durch einen massiven Angriff der Rebellengruppe »Running Men« gescheitert. Durch einen Funkspruch glaubte Crow erfahren zu haben, dass sein alter Erzfeind, Commander Matthew Drax, auch hinter dieser Niederlage steckte - so wie hinter den meisten, die Arthur Crow hatte einstecken müssen,
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