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297 - Die Zeit läuft ab

297 - Die Zeit läuft ab

Titel: 297 - Die Zeit läuft ab
Autoren: Sascha Vennemann
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Plan war simpel: Sie würden auf ein Signal hin als nächstes Wuchtgeschoss ein präpariertes Projektil nach oben reichen. Während die normalen Geschosse aus massivem Metall bestanden, das Stein und Holz durchschlug, als wären sie aus Papier, würde dieses eine ganz andere Wirkung haben.
    Jolas Pfiff war das Signal gewesen, die Aktion zu starten. Das spezielle Geschoss hatte sie unter ihrem Mantel versteckt unter die anderen auf dem Hänger geschmuggelt und zu Beginn des Angriffs beiseitegelegt. Nun holte sie es hervor und reichte es nach oben.
    Der Kanonier sah nicht das Grinsen im Gesicht des Mädchens, als das Projektil mit einem Klonk in seine Position rutschte.
    Gleich wird es lustig!
    Auch Oleg und Tomasz grinsten sich über ihren Kopf hinweg an. Noch drei weitere Munitionsverlader gehörten zum Widerstand, und die parallel ausgeführte Aktion würde dem Solnosc keine Zeit lassen, seine geliebten Dampfpanzer zu retten. Wenn sie Erfolg hatten, war mit einem Schlag ein Fünftel der schweren Artillerie erledigt.
    »Feuer!«
    Im Abstand von wenigen Sekunden rissen fünf ohrenbetäubende Detonationen fünf Kanonenrohre in Fetzen. Die Geschosse waren so präpariert, dass sich die an ihrer Außenseite entstehende Reibungshitze in ihr Innerstes übertrug, wo sie mit einem hoch entzündlichen Sprengstoff reagierte. Die Explosionen fegten die Kanoniere von ihren Aufbauten. Von den Kanonenrohren waren nur noch verrußte, aufgeplatzte Fetzen übrig.
    Jola unterdrückte einen Freudenschrei. Mit gespieltem Entsetzen tat sie so, als müsse sie sich am Panzer abstützen. Dabei drückte sie eine magnetische Haftmine gegen die Außenhülle des Gefährts und taumelte zurück.
    Das wird ihnen den Rest geben!
    Jola ließ sich zu Boden fallen und schützte ihren Kopf mit den Armen. Eine heiße Druckwelle fegte über sie hinweg, Dreck und Steine bedeckten sie mit einer dünnen Schicht.
    Jola blieb liegen, das Gesicht gegen das lockere Erdreich gedrückt, und zählte in Gedanken die Sekunden. Es dauerte geschlagene zwei Minuten, bis vom Flagg-Panzer des Solnosc der Befehl kam, das Feuer einzustellen.
    Im Abstand von zweihundert Metern wartete die Infanterie darauf, vorzurücken. Allerdings hatte der Solnosc nur fünfhundert Mann mitgenommen, der Rest war zur Zerschlagung von Widerstandszellen in den eroberten Gebieten stationiert. Kraka sollte ein leichtes Ziel für ihn werden.
    Die Routine gab ihm recht: Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, hätten die rund dreihundert Gegner keine Chance gehabt. So aber, eines Großteils ihrer Panzerflotte beraubt, waren die Soldaten längst nicht mehr so motiviert.
    Panzer gegen eine wehrlose Stadt einzusetzen macht euch heiß, aber beim Kampf Mann gegen Mann schlottern euch die Knie , dachte Jola grimmig. Was für elende Opportunisten!
    Großvater hatte ihr erklärt, was das war - ein Opportunist. Jemand, der ohne Rücksicht auf Verluste und nur auf das eigene Wohl bedacht demjenigen Treue schwor, der ihm von allem das Meiste versprach. Die Waarzaner, hatte Opa Andrzej gesagt, waren sich ihrer selbst zu sicher geworden. Ihre überlegene Dampftechnik hatte sie überheblich gemacht, hatte sie denken lassen, sie seien etwas Besseres und dazu auserkoren, die Herren über ganz Poolen zu sein.
    Diese Ansicht wurde ihnen vom Solnosc immer wieder eingebläut, und solange es gut für ihn lief, konnte er sich seiner Macht auch sehr sicher sein.
    Aber auch von der eigenen Schuld hatte Andrzej Koslowski gesprochen, dass sie blauäugig die Dampftechnik aus den Händen gegeben hatten, in der Hoffnung, man würde sie friedlich nutzen. Von daher war es ihre Pflicht, Widerstand zu leisten und das angerichtete Unheil einzudämmen.
    »Sammeln am alten Treffpunkt!«, lautete der nächste Befehl. Jola stand auf, klopfte sich den Dreck von der Kleidung und hielt nach ihren Freunden Ausschau. Oleg und Tomasz hatten sich in Richtung des Flagg-Panzers bewegt, auf dem der dicke bärtige Mann, der über sie gebot, fluchte und um sich spuckte.
    Jola zwinkerte den beiden Jungs aufmunternd zu, während sie über die unebene Grasfläche liefen. Es war ihnen klar, dass ihr Sieg nur ein kleiner Sieg war. Denn auch wenn die Truppen des Solnosc geschwächt waren: Er würde zurückkehren und zu Ende führen, was er begonnen hatte.
    Aber heute… heute hatten sie gewonnen.
    ***
    Waarza
    »Der Solnosc war außer sich.« Jola leuchtete mit der Taschenlampe voraus und dirigierte die Gruppe in die nächste Kanalabzweigung. »Als
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