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296 - Totes Land

296 - Totes Land

Titel: 296 - Totes Land
Autoren: Oliver Fröhlich
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er?
    Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Helligkeit und lieferten Bilder von hohen, wogenden Bäumen. Deren Äste glichen den verkrümmten Fingern einer arthritischen Hand, die Blätter wirkten blass und fleischig.
    Der Mann setzte sich auf. Sein Kopf quittierte diese Bewegung mit wütendem Pochen. Da wurde ihm klar, dass das Rauschen, das ihn geweckt hatte, nicht das der Pflanzen im Wind, sondern das seines Blutes in den Ohren gewesen war.
    Er saß inmitten einer kleinen Lichtung. Neben ihm lag ein Schwert, in dessen Griff ein Kristall eingearbeitet war. Bei dem Anblick schoss ihm ein Name in den Sinn, der zugleich die Schleusen für weitere Erinnerungen öffnete.
    Das war Aruulas Waffe! Und er war… Maddrax. Oder vielmehr Matthew Drax. Ein Mann, den ein gnadenloses Schicksal über fünfhundert Jahre in die Zukunft geschleudert hatte, in ein postapokalyptisches Zeitalter. Wie er aber ausgerechnet in diesen Wald gekommen war, wusste er immer noch nicht. Alleine, ohne seine Begleitung.
    Er stemmte sich hoch. Dabei benutzte er das Schwert als Hilfe. Wo zum Teufel steckte Aruula? Wo waren Xij und Rulfan? Wo war er?
    Ein fürchterlicher Geschmack lag ihm im Mund. Er wollte ausspucken, doch seine Speicheldrüsen schienen noch nicht aus der Ohnmacht erwacht zu sein. Mit verzerrter Miene presste er die Finger gegen die Schläfe und beugte sich nach vorne. Da bemerkte er ein weiteres erschreckendes Detail. Seine Kleidung war blutverschmiert!
    »O verdammt! Was ist nur passiert?«
    Undeutliche Bilder trieben durch sein Bewusstsein, die nebelhaften Fetzen von Erinnerungen. Ein Riesenrad, ein bleiches Gesicht mit tief liegenden dunklen Augen, eine brennende Katze, Männer mit Gasmasken. Dann ein Name: Igoor Tiisiv. Nichts davon ergab für Matt irgendeinen Sinn.
    Und dann eine Stimme! Als stünde der Sprecher direkt neben ihm, erklangen Sätze in seinem Kopf. » Die unheilvollen Einflüsterungen des Obersten Liquidators können noch Nachwirkungen zeigen. Verwirrung, Desorientierung. Fürchte dich nicht, wenn das geschieht. Bleib stark und standhaft in deinem Plan! «
    Auch wenn Matt nicht wusste, von welchem Plan die Rede war oder was die Worte überhaupt bedeuteten, riss ihre Eindringlichkeit ein Bild aus dem Nebel des Vergessens, das ihm den Atem raubte.
    Er sah Rulfan auf feuchtem Asphalt liegen, umgeben von einer dunklen Lache aus Blut. Daneben knieten Aruula und Xij und blickten ihn flehentlich an. Am Rand von Matts Wahrnehmung stand eine schemenhafte Gestalt. Instinktiv war ihm klar, dass es sich um den Obersten Liquidator handelte. War er dieser Igoor Tiisiv, dessen Name ihm ins Gedächtnis geschossen war? Oder gehörte Tiisiv die Stimme, die ihn vor dem Liquidator gewarnt hatte?
    Der Mann aus der Vergangenheit wusste es nicht. Aber in seiner Erinnerung sah er sich, wie er ein Schwert hob - und Xij damit den Kopf abschlug.
    Matt taumelte unter der Wucht des Wiedererlebens. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. So etwas hätte er doch niemals getan. Oder? Das Blut auf seiner Kleidung behauptete etwas anderes.
    Er spürte, wie seine Knie nachgaben und er wieder ins feuchte Gras sank. Verzweiflung spülte in ihm hoch. Und mit ihr - endlich! - eine Flut der Erinnerungen.
    ***
    Zwei Nächte zuvor
    Die Ereignisse der letzten Wochen verfolgten Matt bis in den Schlaf.
    Er rannte durch die Hallen und Gänge Agarthas, auf der Flucht vor der Bestie, die hinter ihm her war. Der Fels unter seinen Füßen bestand aus einer klebrigen zähen Masse. Bei jedem Schritt sank er knöcheltief ein. Nur mit Mühe konnte er die Beine aus dem Stein lösen, der sie widerwillig mit einem schmatzenden Geräusch freigab. Doch bereits beim nächsten Schritt wiederholte sich das Spiel.
    Sein Verfolger hatte mit diesen Problemen nicht zu kämpfen. Dessen stachelige, heuschreckenartige Beine klackerten über massiven Fels. Tosendes Rauschen und Prasseln untermalten die Szenerie. Von Panik erfüllt warf Matt einen Blick über die Schulter. Das zweieinhalb Meter große Ungetüm mit dem insektenhaften Unterleib und dem langgezogenen, gebogenen T-Schädel hatte ihn schon fast erreicht. Der ZERSTÖRER! Eine seiner Klauen zuckte nach vorne und packte Matt, umklammerte ihn und schüttelte ihn hin und her. Sein Kopf schlug gegen eine Metallstrebe und…
    ... Matt zuckte aus dem Traum hoch. Das Schütteln blieb, genauso wie das Brausen und Prasseln.
    Er rieb sich die Stirn, wo er mit dem Gestell der Schlafpritsche kollidiert war. Es
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