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296 - Totes Land

296 - Totes Land

Titel: 296 - Totes Land
Autoren: Oliver Fröhlich
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abzumildern.
    Langsam klang der Schmerz ab, doch sein Körper gehorchte ihm auch weiterhin nicht. Er spürte, wie ihm ein Insekt über die Lippen und in den halb geöffneten Mund kroch. Er wollte es ausspucken und scheiterte schon an dieser einfachen Aufgabe.
    Aus dem Augenwinkel sah er, dass neben ihm ein weiterer steifer Körper ins Gras stürzte. Auch Rulfan war ein Opfer der Kreatur geworden. Was war das für ein Ding? Eine bislang unbekannte Kreation der Daa'muren? Oder einfach eine Laune der Natur? Waren auch Aruula und Xij in seine Fänge geraten?
    Das spinnenartige Tier schob sich in Matts Blickfeld und nahm ihm die Sicht auf Rulfan. Es blieb nur wenige Zentimeter vor seinem Kopf stehen. Sein Leib wippte auf den acht Beinen auf und ab. Die Scheren klackerten. Matt kam es vor, als entspräche das der Geste eines Menschen, der sich zufrieden die Hände reibt.
    Das Vieh beugte sich herab. Die vier Fühler tasteten ihm über Stirn, Nase und Kinn. Sie hinterließen einen schleimigen Film, dessen beißender Geruch einen Brechreiz in Matt auslöste. Nur die Lähmung verhinderte, dass er ihm nachkam.
    Mit einer Sanftheit, die er niemals erwartet hatte, packten ihn die Scheren. Das Vieh produzierte einen weiteren Faden. Matt machte sich auf eine neuerliche Schmerzwelle gefasst, aber die blieb aus. Stattdessen begann das Tier, ihn teilweise einzuspinnen. Mit den Scheren drehte es sein Opfer hin und her, während sich organische Fasern um Matts Schultern, Oberkörper und Beine schlangen. Dann wandte sich die Kreatur von ihm ab und ließ Rulfan die gleiche Behandlung zukommen.
    Matt versuchte die Kontrolle über seinen Körper zurückzuerlangen, die Muskeln anzuspannen, den Kopf zu drehen, die Fesseln zu zerreißen - doch er bekam nicht mal ein lächerliches Fingerzucken zustande.
    Plötzlich fuhr ein Ruck durch seinen Leib. Die Umgebung um ihn herum setzte sich in Bewegung und glitt an ihm vorbei, als das Vieh Rulfan und ihn an einem Faden hinter sich her in den Wald zerrte. Ein Tier von der Größe eines Schäferhundes zog zwei erwachsene Männer. Beachtlich!
    Matt war froh, dass er nach dem Einspinnen mit dem Gesicht nach oben zu liegen gekommen war, denn sonst würde er nun mit der Nase nach unten über den Waldboden rutschen. Keine angenehme Vorstellung.
    Das Luftschiff verschwand aus seinem Blickfeld. Als sie die Waldgrenze erreichten, kehrten die Schmerzen zurück. Nun schleifte das Vieh sie nicht mehr über aufgeweichten Grasboden, sondern es ging über Steine, Wurzeln und noch mehr Steine.
    Endlich kam er zum Stillstand - und erkannte, was mit den beiden Frauen geschehen war. Denn er kam genau neben einem weiteren Opfer zu liegen: Aruula, verschnürt und regungslos wie er! In ihren Augen konnte er all das lesen, was auch er empfand: Wut, Verzweiflung, Ratlosigkeit.
    Zwischen den Bäumen kamen noch drei weitere der Spinnenwesen hervorgehuscht. Sie umkreisten ihre Mahlzeit in spe einige Male, dann ging die Reise in die Tiefen des Waldes weiter. Bereits nach wenigen Augenblicken erschütterte jede Bodenwelle und jede Wurzel Matthew so schmerzhaft, dass er aufgeschrien hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Doch noch immer verweigerten seine Muskeln ihm den Dienst.
    Innerhalb von Minuten verlor er die Orientierung und jegliches Zeitgefühl. Sein Geist flüchtete sich in einen abgelegenen Winkel seines Bewusstseins und versuchte die Schmerzen und die Aussichtslosigkeit ihrer Situation zu verdrängen. Der Gedanke, dass er nicht mehr wusste, in welche Richtung und wie weit entfernt das Luftschiff lag, schreckte ihn für Sekunden aus der Lethargie. Doch dann wurde ihm bewusst, dass dies gewiss nicht sein dringlichstes Problem darstellte.
    Verzweiflung ergriff von ihm Besitz. Vor seinem inneren Auge tauchten die Gesichter von Menschen auf, mit denen sein Leben in dieser und seiner früheren Existenz verbunden war: seine Eltern und Freunde, die Staffelkameraden, von denen nur noch Jenny lebte, Aruula, Rulfan… aber auch Professor Dr. Smythe, Daa'tan und General Crow. Und natürlich Ann, seine Tochter. Die Vorstellung, sie nie mehr wiederzusehen, brach ihm das Herz.
    Auf der Flucht vor den Schmerzen war er so in seinen Erinnerungen gefangen, dass er die Schüsse zunächst als Teil seiner Fantasie ansah. Doch dann bemerkte er, dass er nicht mehr durch den Wald geschleift wurde, sondern ruhig dalag. Um ihn herum ertönten Schreie, weitere Schüsse. Aus den Augenwinkeln sah er zerplatzende Spinnenleiber. Männer in
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