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295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser
Autoren: Michelle Stern
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Waffenstillstand mit Neu-Dry'tor.«
    »Ein Experiment…«, sinnierte der Herrscher, ohne ihn anzusehen. Seine Kiemen sogen kräftig das Wasser ein. »Erzähl mir mehr. Haben sich die Verhältnisse in Hykton verändert?«
    Mar'dyk klackte verneinend. »Die Hauptstadt des Neun-Städte-Bundes wird noch immer vom Geistwanderer Kal'rag geleitet, ebenso wie der Bund selbst, unterstützt durch den zurückgekehrten Propheten Gilam'esh. Allerdings fällt Gilam'esh derzeit unter den Stadthydriten Hyktons in Ungnade, da er den Frieden zwischen Ei'don-Hydriten und Mar'os-Jüngern predigt.«
    Die wulstigen Lippen des Herrschers verzogen sich abfällig. Der mächtige Scheitelkamm spreizte sich weiter. »Gilam'esh ist ein Narr. Das ist die Chance, auf die ich seit Ewigkeiten warte. Das Schicksal der Hydriten steht am Wendepunkt, und ich werde es in eine neue Richtung lenken.« Er hob den Kopf und sah Mar'dyk erneut unangenehm intensiv an. »Es wird Zeit zu handeln. Schick mir die Rottenführer.«
    Mar'dyk wich im Wasser zurück. »Ja, mächtiger Dry'tor. Es soll sein, wie Ihr befehlt.«
    ***
    Ostdoyzland, nahe der Absturzstelle der CARTER IV
    Jenny Jensen schloss die Augen und fühlte tief in die Erde hinein. Ein Gefühl von Erfüllung breitete sich in ihr aus und drängte die Zweifel zurück, die sie hin und wieder befielen, wenn sie ihrer stummen Tochter in die fragenden Augen sah. Dieser Ort war der Nabel der Welt und sie war der Verheißung ganz nah. Sie atmete tief ein und aus. Pieroos Hände lagen auf ihren Schultern. Auch der Barbar spürte, was sie beglückte: die Nähe zu dem Ursprung , den sie freilegten.
    Es fiel ihr schwer, die Lider zu öffnen und in die Gegenwart zurückzukehren. Der Lärm der sechs Meter hohen Halle brandete um sie herum und riss sie aus der glückseligen Trance. Helles Licht umflutete sie, aus den geretteten Stromaggregaten der CARTER IV gespeist. Hunderte Kuttenträger arbeiteten inzwischen in dieser gut zwanzig mal vierzig Meter große Halle, die zu großen Teilen aus der Außenhülle eines Raumschiffs erbaut worden. Es herrschte geschäftige Betriebsamkeit. Jeder wusste, was seine Aufgabe war, auch sie. Alle Steinjünger bildeten ein großes Ganzes und stärkten einander mit ihren Empfindungen.
    »Haste Maddrax gefunden?«, fragte Pieroo mit seiner vertrauten dunklen Stimme und seiner immer noch ungeschliffenen Ausdrucksweise.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe überall nach ihm suchen lassen, aber sowohl er, als auch seine Kumpane und der Panzer sind wie vom Erdboden verschluckt. Ich fürchte, sie haben sich zurückgezogen, nachdem sie erkannt haben, wie sinnlos ein Eindringen in die Halle war.«
    Sie dachte daran zurück, wie Matt in einem wuchtigen Radpanzer durch die Wandung gebrochen war - bis eine Schar von Kindern ihn aufhielt. [1]
    Matt Drax war so berechenbar. Natürlich hatte er sich zurückgezogen, anstatt die Waffen des Panzers gegen die Kinder einzusetzen. Trotzdem hatte Jenny ihn für hartnäckiger gehalten. Üblicherweise war er niemand, der leicht aufgab. Irgendetwas musste passiert sein, dass er sie und seine Tochter ihrem Schicksal überließ, ohne sich einzumischen.
    »Er hat sich davongemacht«, murmelte Pieroo und küsste ihren nackten Hals neben dem kratzigen Stoff der Kutte. »Is feige geflohen.«
    Sie konnte es nicht glauben, aber die Tatsachen sprachen für sich. »Mit seinem Verschwinden ist Plan A gescheitert«, sagte Jenny. »Gehen wir über zu Plan B. Ich muss mich auf den Weg machen und die Sache selbst in die Hand nehmen.«
    Pieroo legte seinen Kopf an ihren. Einen Moment schwiegen sie beide und dachten über die verpasste Gelegenheit nach. Vor wenigen Wochen war ein Hydrit in der Gegend aufgetaucht, der einen Ableger bei sich hatte. Der Splitter stammte eindeutig von einem größeren Stück, das - so wie alle hier - einen starken Drang verspürte, zum Ursprung zurückzukehren. Aus Gründen, die Jenny noch nicht ganz verstand, war dieser Stein bei den Hydriten vor der Ostküste Meerakas gelandet. Dorthin musste sie nun gehen.
    Sie hatte gehofft, ihren ehemaligen Staffelkameraden Matthew Drax mit dem Leben ihrer gemeinsamen Tochter erpressen und ihn zwingen zu können, den Job zu erledigen. Wie sie wusste, kannte er die Hydriten gut und unterhielt Beziehungen zu ihnen, beherrschte sogar deren Sprache. Ihm wäre es vermutlich ein Leichtes gewesen, den Stein vom Meeresgrund zu bergen, und sie hätte ihm Ann dafür ausgehändigt.
    Und das sogar mit Freuden: Das Kind
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