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295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser
Autoren: Michelle Stern
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Wie kommt es, dass du in dieser Stadt lebst und nicht in Hykton?«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet, Freund.«
    Das Gesicht des anderen wurde ernst. »Die Antwort ist unwichtig. Ich bin der, der deinen Traum wahr macht. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Begnüge dich damit.«
    Mer'ol stimmte leise klackend zu, aber er tat es nicht aus Überzeugung. In seinem Geist steckte der Zweifel wie der Stachel eines Seeigels. Wer war der Fremde wirklich? Was wollte er erreichen?
    Tor'is wandte sich von ihm ab und verließ das Labor. Mer'ol folgte ihm, aber er hatte nicht mehr das Gefühl, es tun zu müssen. Es war, als wäre er aus einer Trance erwacht.
    Sein Blick wurde misstrauisch, als er sah, wohin sie schwammen. Ihr Ziel war die Grotte Sar'kirs mit dem Muschelthron. Noch überraschter war er, die Grotte leer vorzufinden. Von Kark'tys oder einem der anderen Krieger war nichts zu sehen.
    Tor'is schwamm zum Thron und ließ sich darauf sinken. Es wirkte natürlich. Sein »Freund« gehörte auf diesen Thron, so wie Fische ins Wasser gehörten. Oder etwa nicht? Mer'ol biss sich mit den spitzen Zähnen auf die Zunge. Er durfte sich nicht weiter beeinflussen lassen.
    »Wo ist Kark'tys?«, fragte er lauernd. »Hast du ihm etwas angetan?«
    »Aber nein, mein Freund«, beschwichtige der Hydrit mit sanftem Klacken. »Er hat die Halle freiwillig geräumt. Ich bin nun der oberste Herr über Neu-Martok'shimre. Die Zeiten des Krieges sind vorbei. Wir werden neue Wege gehen. Bessere Wege. Du kannst mein Berater sein. Gemeinsam werden wir die Stadt zu neuer Blüte treiben und die Hydriten aller Lebensarten miteinander versöhnen.«
    »Ja«, sagte Mer'ol sofort. »Ich helfe dir.« Aber der Zweifel blieb bestehen. Tor'is' Worte waren einfach zu gut, um wahr zu sein.
    ***
    Die Zyklen(Zyklus: Tag; Rotation: Jahr; Phase: Stunde) vergingen. Immer wenn Mer'ol das dringende Gefühl hatte, etwas unternehmen zu müssen, ließ der Impuls wie von einer geistigen Hand gebändigt nach. Obwohl sein Freund friedliche Worte sprach, wurden die Spannungen zwischen Hykton und Neu-Martok'shimre immer größer. Er wollte sich schon seit Tagen mit Quart'ol darüber beraten, aber jedes Mal wenn er den Entschluss fasste, nach Hykton zu reisen, hatte sein Freund eine dringliche Aufgabe für ihn, die ihn ablenkte und ihm selbst unglaublich wichtig erschien.
    An diesem Zyklus brachte er gemeinsam mit einigen Kriegern bionetisches Material in die Laborgrotte. Danach schwammen sie ziellos durch die Stadt und Mer'ol hatte das unbestimmte Gefühl, etwas vergessen zu haben.
    »Er ist ein Mar'os-Abkömmling«, klackte Jyr'dos hinter vorgehaltener Hand. Armant'la, die neben ihm, Tra'dik und Mer'ol schwamm, verpasste ihm einen harten Stoß in den Magen, der ihn zusammenklappen ließ.
    »Red nicht so einen Unsinn. Der Herr ist wie alle anderen auch. Ein Wichtigtuer, der den Thron will. Er ist nur ein wenig zu groß geraten, das ist alles.«
    Tra'dik wich im Wasser ein Stück zurück, um der Reichweite von Armant'las langen Armen zu entkommen. »Ich sage, er ist Dry'tor, der Herr der Meere!«
    Quart'ol versteifte sich. Er drehte langsam den Kopf in Tra'diks Richtung. »Was hast du gesagt?«
    Armant'la, die eben zu einem Schlag ausgeholt hatte, hielt in der Bewegung inne und sah ihn an. »Mer'ol, was ist los? Du bist bleicher als eine tote Qualle. Hast du deinen Algenfraß nicht vertragen?«
    Mer'ol krampfte seine Hände ineinander. Dry'tor! Das war der Name, an den er sich seit Wochen nicht erinnerte. Konnte es sein?(Dry'tor gilt als direkter Nachfahre von Mar'os und ist seit Jahren auf der Flucht vor dem Hochrat des Neun-Städte-Bundes; siehe MADDRAX 234)
    »Er ist ein Geistwanderer, und er kann mit den Kampffischen sprechen«, behauptete Tra'dik mit starren Augen. »So wie Sar'kir mit den Ischtaar mental Kontakt aufnehmen konnte. Nur dass er es besser kann, weil er der Stärkste ist. Er kann Sord'finnen und Ischtaar befehlen und sogar uns beeinflussen, wenn er will.«
    »So ein Quatsch. Halt endlich dein vorlautes Fischmaul.« Armant'la schwamm mit zornigen Zügen voraus. Mer'ol und ihre Brüder folgten ihr, bis die Hydritin langsamer wurde.
    Sie hielten an und sahen durch das Wasser auf einen weiten Platz hinunter. Vor dem Eingang zu einer Grotte trieben reglose Hydriten nackt im Wasser. Aus dem Inneren kam ein rhythmisches Trommeln und Pfeifen, das direkt in Mer'ols Eingeweide zu fahren schien.
    Die Stätte der Verehrung. Viele Mar'osianer hatten angefangen, ihren
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