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294 - Der Keller

294 - Der Keller

Titel: 294 - Der Keller
Autoren: Manfred Weinland
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Katakomben sterben. Und nur wenn du das akzeptiert hast, werden wir weitergehen. Ich kann dich zu Aiste führen, damit du sie noch einmal sehen kannst, aber vergiss den Gedanken an Flucht.«
    »Du weißt wahrhaftig, wo man sie versteckt hält?«
    Schildkröte nickte. »Sie war nie etwas Besonderes für sie, außer dass sie der Köder war, um dich nach Tah Ran zu locken. Sie ist nur eine von Dutzenden, Hunderten Geraubten, die alle einem schrecklichen Schicksal entgegengehen.«
    Jurgis sah Schildkröte bestürzt an. Doch dann nickte er. »Ja! Zu allem, was du sagtest: meinetwegen! Wenn es denn so sein soll, dass mein Weg hier zu Ende ist… Aber ich will mein Kind noch einmal sehen! Führe mich zu ihm. Bitte .«
    Und Schildkröte tat ihm den Gefallen.
    Er führte ihn zu dem Ort, wo Aiste ihrer Bestimmung zugeführt worden war. Dem Ort, wo auch Jurgis seine Bestimmung finden sollte.
    Und dem Ort, an dem Schildkröte die Maske fallen ließ.
    ***
    Niemand begegnete ihnen unterwegs, und schon das hätte Jurgis misstrauisch machen sollen. So oft war er getäuscht, betrogen und hintergangen worden - er hätte es voraussehen müssen, dass es wieder darauf hinauslaufen würde.
    Ein Raum, in grünliches Licht getaucht, dessen Quelle nicht auf Anhieb ersichtlich war. Ein Tisch, an dem Menschen über etwas gebeugt standen. Sie trugen kuttenartige Gewänder. Geheime Obere , erkannte Jurgis.
    Jurgis stöhnte auf, weil der Kopfschmerz, der schon seit seinem ersten Erwachen in den Katakomben von Tah Ran in ihm rumorte, in diesem Moment explodierte.
    Gleichzeitig versetzte ihm Schildkröte einen Stoß in den Rücken, der ihn auf die Oberen zutaumeln ließ.
    »Was -« Jurgis erhielt keine Gelegenheit, über das Verhalten seines Begleiters und Führers entsetzt zu sein.
    Schildkröte krächzte mit veränderter Stimme: »Du wolltest doch deine Tochter noch einmal sehen. Du wolltest doch Abschied von ihr nehmen, bevor sie sich in die Lüfte schwingt…«
    Der Schmerz in Jurgis' Schädel schwoll so sehr an, dass er seine Umgebung nur noch stark verzerrt wahrnahm. Das grüne Licht fraß sich in seine Augäpfel, als wäre es etwas Lebendiges und völlig Ausgehungertes, das nach allem griff, was ihm irgendwie Sättigung versprach.
    »Meine… Tochter«, ächzte Jurgis. »Aiste! Wo ist sie?«
    »Da!«, kicherte Schildkröte und versetzte ihm einen Tritt, der ihn weiter auf den Tisch zutrieb, von dem die Geheimen Oberen zurücktraten.
    Jurgis erschrak, als er sah, was auf dem Tisch lag. Er hatte schon gedacht, es sei Aiste, aber es war nur ein großer Greifvogel, der mit ausgebreiteten Flügeln rücklings auf dem Tisch lag.
    So dachte er - bis er ins Gesicht des Vogels sah.
    Es war tatsächlich ein Gesicht, das sich um den Schnabel herum modellierte - ein menschliches! Und es trug Aistes Züge!
    »Was…«, keuchte Jurgis fassungslos. Ihm versagte die Stimme. Das kann sie nicht sein! , schrie es in ihm. Das ist unmöglich!
    »Nichts ist unmöglich für die Herren«, widersprach Schildkröte. »Es war eigentlich gar nicht vorgesehen, den Pueraquila ein neues Gesicht zu geben, aber die Herren experimentieren gern - wie du an mir siehst. Während sie auf dich warteten, haben sie beschlossen, diesem Wesen menschliche Züge zu verleihen. Du kannst stolz auf deine Aiste sein. Sie wird in den Pueraquilas weiterleben!«
    Jurgis brüllte vor Entsetzen. Und das nicht nur, weil er wusste, dass er seine Tochter für immer verloren hatte. Sondern weil in diesem Moment die Herren selbst zu ihm sprachen. Als körperlose Stimme in seinem Kopf.
    Wenn es dich beruhigt - es ist nicht das wahre Gesicht deiner Brut , hämmerte sie auf Jurgis ein. Wir haben uns nur ihre Gene genommen und mit denen der fliegenden Spezies vermischt.
    Jurgis verstand nur wenig von dem, was sie sagten. Eines aber glaubte er herauszuhören. »Aiste… sie lebt also noch?«, presste er hervor, während sein Kopf zu explodieren drohte.
    Ein Geräusch wie ein Lachen erklang, das aber zu fremd und abseitig klang, um ein Lachen zu sein. Natürlich nicht , antwortete die Stimme. Sie ging den Weg, den auch du gehen wirst, denn wir sind vor allem an deinen Genen interessiert. Wir brauchen den Code, der ein sich selbst reproduzierendes Wesen erschaffen wird - sowohl maskulin als auch feminin. Erst mit dieser Fähigkeit sind die Pueraquilas es wert, von uns übernommen zu werden.
    Wieder verstand Jurgis nur eines: dass er sterben sollte.
    Unbändiger Hass überwand für einen Moment die geistige
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